Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zum ESC: Gehasst und gefeiert von Kai Gohlke
Geschrieben am 17-05-2013 |
Regensburg (ots) - Seit Jahrzehnten wird der Eurovision Song
Contest regelmäßig totgesagt - und erfindet sich jedes Jahr neu. Mal
galt die Show als zu altbacken, um neue Anhänger zu finden - dann als
zu abgedreht für die eingefleischten Fans. Mal waren die Lieder
angeblich zu eintönig, dann war die Auswahl ein gar zu wildes
Durcheinander. Immer aber regte sich irgendjemand über irgendetwas
auf: über die Kostüme, über die Texte, über die Lieder, über die
Moderatoren, über die Abstimmungsmodalitäten. Nur allen gleichgültig
war der "Grand Prix" nie. Am hartnäckigsten hält sich die Kritik,
angesichts rockender Gruselmonster, innenbeleuchteter Astronauten,
(wiederholter) lesbischer Küsse und nabeltiefer Ausschnitte gehe es
ja heute gar nicht mehr um die Musik. Doch darum ging es nie - auch
wenn der "Grand Prix Eurovision de la Chanson" in den Anfangsjahren
immer als Wettstreit der Komponisten und Produzenten deklariert
wurde. Das Schönste am Eurovision Song Contest ist, dass der Erfolg
völlig unplanbar bleibt. Egal wie viel Produzenten-Erfahrung hinter
einem Song steht, wie aufwendig oder schräg der Auftritt, wie
freizügig das Outfit oder wie prominent der Künstler ist: Bevor die
Zuschauer und die Jurys gesprochen haben, kann sich niemand eines
Erfolgs sicher sein, wie auch Urgestein Ralph Siegel mit seinem 18.
Beitrag wieder einmal schmerzlich erfahren musste. Der Grund dafür
ist simpel: Am Ende entscheiden immer Emotionen, und die lassen sich
gottseidank weder planen noch für viel Geld einkaufen. Allerdings
lassen sie sich umso besser verkaufen, und deshalb wird es den
Eurovision Song Contest, in welcher Form und unter welchem Namen auch
immer, wohl auch in 50 Jahren noch geben - geliebt, gehasst, vor
allem aber gefeiert.
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