Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel von Reinhard Zweigler zu de Maiziere/Koalition
Geschrieben am 20-05-2013 |
Regensburg (ots) - Verteidigungsminister Thomas de Maizière ist im
Kabinett von Angela Merkel nicht irgendein Ressortminister. Der
Wahl-Dresdener ist viel mehr: Langfristiger Stratege und gewiefter
Taktiker des Regierens, lautloser Problemlöser und vor allem ein
wirklicher Vertrauter der Kanzlerin. Zumindest einer, der ohne eigene
Ambitionen auf den Kanzlersessel Merkel nahezu preußisch-selbstlos
dient. Dass de Maizières fast blütenweiße Politikerweste mit der
Pleite des Drohnenprojekts Euro Hawk nun einen Fleck bekommt,
beschädigt nicht nur ihn, sondern auch Angela Merkel. Ihr neben
Bundeskassenwart Wolfgang Schäuble bester Mann im Kabinett hat
womöglich dazu beigetragen, dass Millionen Euro für ein fragwürdiges
Rüstungsprojekt in den Sand gesetzt wurden. De Maizière hat die
Drohne lautstark gepriesen, nun steckt er in Erklärungsnöten. Und
Angela Merkel wird schmerzlich bewusst, wie dünn die Personaldecke
ihrer Union ist. Hinter der allseits beliebten "Über-Mutti" gibt es
keine wirklich profilierten Frauen und Männer, die etwa als
Wahlkampflokomotiven taugen, die frei von Affären und zugleich
kompetent und beliebt sind. Es wird einsam im Kanzleramt. Abgänge gab
es reichlich. Der geniale Blender Karl-Theodor zu Guttenberg hat nach
seiner Plagiats-Affäre das Weite gesucht. Dem überehrgeizigen Norbert
Röttgen musste Merkel selbst den Stuhl vor die Tür setzen. Die emsige
Annette Schavan stolperte über unsauberes Zitieren in ihrer
Doktorarbeit vor über 30 Jahren. Auch beim übrigen Personal finden
sich kaum Schwergewichte. Der jetzige Kanzleramtsminister Ronald
Pofalla hat den Schritt vom CDU-Parteisoldaten zum Regierungsmanager
nie ganz vollzogen. Und die sprunghafte Ursula von der Leyen stößt zu
oft die eigenen Leute vor den Kopf. So unterschiedlich gelagert die
einzelnen Fälle auch sind, sie zeigen die personelle Auszehrung der
CDU. Und von der bayerischen Schwesterpartei, die gerade von der
Spezl-Verwandten-Affäre gebeutelt wird, ist personeller Zugewinn
schon gleich gar nicht zu erwarten. Zurzeit wird die Personal-Malaise
der Union noch von Merkels Glanz überdeckt, der bis in ihre dritte
Kanzlerschaft hinüber strahlen könnte. Dass ein paar flotte
Buchautoren Merkel DDR-Staatstreue und Reform-Kommunistentum
andichten wollen, ist eher lächerlich und für die Kanzlerin
unschädlich. Doch wehe, wenn auch die oberste Euro- und EU-Retterin
Angela Merkel einmal richtig straucheln und wirkliche Fehler begehen
sollte. Dann wäre es um die Herrlichkeit der Union rasch geschehen.
Die SPD mit ihrem selbst hilfebedürftigen Kanzlerkandidaten Peer
Steinbrück freilich vermag aus der schwachbrüstigen
Personalausstattung der Union keinen Gewinn zu ziehen. Sigmar Gabriel
und Co. tun selbst genug, um Steinbrück vom Kanzleramt fernzuhalten.
Merkel wirklich schaden kann im Moment wohl nur die Union selbst.
Thomas de Maizières Drohnen-Pleite ist ein kleiner Beitrag dazu. Eine
Wahlniederlage der CSU bei der bayerischen Landtagswahl, das heißt
der Verlust der Macht im Freistaat, eine Woche vor der Bundestagswahl
könnte ein weiterer sein. Wie auch immer. Die Union wird kämpfen
müssen. Mit einem Schlafwagen-Wahlkampf, wie eigentlich gedacht, wird
es wohl nichts werden. Gut so.
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Mittelbayerische Zeitung
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