Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Merkel besucht Hochwassergebiete
Die Chefkümmerin
ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN
Geschrieben am 04-06-2013 |
Bielefeld (ots) - Es ist für die Regierenden wieder Zeit, das
wasserfeste Schuhwerk aus dem Schrank zu holen. Wie SPD-Kanzler
Gerhard Schröder im Jahr 2002 hat auch Angela Merkel nicht lange
gezögert und ist in die Hochwassergebiete gefahren, um Mitgefühl zu
zeigen und Geld zu versprechen. Die Lektion von 2002 war eindeutig:
Weil Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber zauderte und seinen
Sommerurlaub auf Juist nicht abbrechen wollte, geriet er ins
Hintertreffen. Auch deshalb landete die SPD bei der Bundestagswahl
2002 knapp vor der Union. Dass allerdings das öffentlich
demonstrierte Mitgefühl nur mit Wahlkampf zu tun hätte, wäre eine
allzu zynische Sichtweise. Kein ernsthafter Politiker, schon gar
nicht in Regierungsverantwortung, wird gleichgültig danebenstehen
wollen, wenn Naturkatastrophen Existenzen vernichten. Es ist also
eher ein Nebeneffekt, dass der Abstecher in die Hochwasserregionen
Merkels Image als Kümmerin unterstreicht. Die Flut braucht sie dafür
aber nicht. Denn dass sie dieses Mal keine Sorge der Bürger
unbeachtet lassen will, hat sie gerade erst demonstriert: Selbst die
Idee, eine Mietpreisbremse für den Neubezug einer Wohnung
einzuführen, hat sich Merkel zu eigen gemacht. Dass der Vorschlag von
der SPD stammt, hat Chefkümmerin Merkel offen zugegeben. Da mag die
SPD toben und schäumen - Merkel ist gerade dabei, das Konzept des
lupenreinen rot-grünen Lagerwahlkampfs fröhlich zu durchkreuzen.
Alles, was die Konkurrenz will, will Merkel auch: von der
armutsfesten Rente bis zu mehr Kindergeld. Und sie hat das alles im
Angebot ohne Steuererhöhungen. Sollte es sich dann nach erfolgter
Wiederwahl zeigen, dass die versprochenen Wohltaten seriös zum
Nulltarif nicht zu haben sind, dann liegt es entweder an der
Schuldenbremse oder an der FDP. Hauptsache, die Mission Machterhalt
ist geglückt.
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Neue Westfälische
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