Badische Neueste Nachrichten: Zeichen der Zeit
Geschrieben am 09-06-2013 |
Karlsruhe (ots) - Die Türkei steht an einem Wendepunkt. Zehn Jahre
nach dem Regierungsantritt von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan
brechen die tiefen gesellschaftlichen Konflikte im Land mit einer
noch nie dagewesenen Intensität auf. Der Streit um ein Bauprojekt in
einem kleinen Park in der Innenstadt von Istanbul ist zum
Kristallisationspunkt eines Konfliktes geworden, in dem es um die
Frage geht, welches Land die Türkei eigentlich sein will. Diesen
Konflikt hat die Türkei bisher immer vermieden und bemäntelt, weil
sie die Einheit des Landes als höchstes Gut betrachtet. Doch jetzt
zeigt sich, dass der Mantel der staatlichen Einheit sehr dünn ist.
Teile der Gesellschaft stehen sich unversöhnlich gegenüber. Das ist
nicht allein Erdogans Schuld, auch wenn viele Demonstranten im
Istanbuler Gezi-Park das so sehen. Die Risse in der türkischen
Gesellschaft reichen weit in die Zeit vor seinem Regierungsantritt im
Jahr 2003 zurück, bis in die Zeit von Staatsgründer Mustafa Kemal
Atatürk vor fast hundert Jahren. Atatürk wollte aus der islamisch und
ländlich geprägten Gesellschaft fast über Nacht einen
westlich-urbanen Staat machen. Doch die staatlich verordnete
Modernität erschöpfte sich häufig in Äußerlichkeiten. So ging die
kemalistische Elite zwar brav in die Oper. Doch in den ersten
Jahrzehnten der Republik blieb die Türkei ein Ein-Parteien-Staat,
ohne Opposition und ohne Demokratie. Später sorgte das Militär dafür,
dass die Regierungen auf Linie blieben. Der kemalistische
Führungsanspruch erklärte die vorwiegend fromm-muslimische
Bevölkerung Anatoliens zu Hinterwäldlern und Untertanen, obwohl die
konservativen Türken zahlenmäßig in der Mehrheit sind. Erst als
Erdogan und seine kleinbürgerlich-konservative Gefolgschaft an die
Regierung kamen, war Schluss mit der Dauerherrschaft der Kemalisten.
Das haben die alten Eliten dem Premier bis heute nicht verziehen.
Erdogans wirtschafts- und reformpolitische Leistungen in den letzten
zehn Jahren sind unbestritten. In gewisser Weise ist sogar der
Aufstand im Gezi-Park eine Folge der Erdogan'schen Reformen, denn
unter seiner Regierung hat sich die türkische Zivilgesellschaft
entfalten können wie nie zuvor. Doch bei aller Reform- und
Öffnungspolitik hat Erdogan nie über seinen Schatten springen können.
Nach wie vor handelt er aus der Überzeugung heraus, dass er für seine
islamisch-konservativen Anhänger gegen "die Anderen" in der Türkei zu
kämpfen hat. Selbst als mächtigster Politiker des Landes seit einem
halben Jahrhundert sieht er sich und seine Leute als Opfer, als
Menschen, die sich gegen den Widerstand der alten Eliten behaupten
müssen. Und deshalb wirkt er manchmal wie ein Herrscher im Arabischen
Frühling, der die Zeichen der Zeit nicht erkennt.
Pressekontakt:
Badische Neueste Nachrichten
Klaus Gaßner
Telefon: +49 (0721) 789-0
redaktion.leitung@bnn.de
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