Medienpolitische Stunde des 39. Kongresses Deutscher Lokalzeitungen in Berlin
Geschrieben am 11-06-2013 |
Berlin (ots) -
Steinmeier: "Lokaler Journalismus ist die wichtigste Voraussetzung
für die Meinungsbildung"
Leutheusser-Schnarrenberger: "Lokalzeitungen sind die tragende Säule
eines informierten Gemeinwesens."
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat sich
gegen staatliche Unterstützung von kriselnden Zeitungsverlagen
ausgesprochen. Beim 39. Kongress Deutscher Lokalzeitungen in der
Akademie der Künste in Berlin warnte sie, dass durch solche
Subventionen die Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit der Verlage
gefährdet werde.
Die FDP-Politikerin sprach sich aber dafür aus, die
wirtschaftlichen Spielräume für Verleger zu vergrößern. In diesem
Zusammenhang verteidigte sie die gelockerte Pressefusionskontrolle
und die Einführung des Leistungsschutzrechts für Inhalte im Internet.
Kritik übte sie an der ARD-App, mit der die privaten Verleger
durch öffentlich-rechtlich finanzierte Angebote bedrängt würden.
Grundsätzlich würdigte sie die Rolle von Lokalzeitungen als "tragende
Säule eines informierten Gemeinwesens". Soziale Netzwerke und
Internet-Blogger könnten diese Arbeit von Journalisten nicht
ersetzen.
Auch SPD-Bundestagsfraktionschef Frank-Walter Steinmeier hob
gerade angesichts der schwierigen Situation der Branche die Bedeutung
von Zeitungen für die Demokratie hervor. Zwar litten besonders lokale
Zeitungen unter Anzeigenschwund. Er glaube allerdings nicht, dass
"die Rolle der lokalen Verlage von digitalen Angeboten übernommen
werden kann".
Durch die veränderte Mediennutzung durch das Internet verändere
sich auch vieles in der politischen Öffentlichkeit. Geschwindigkeit
gehe häufig zu Lasten der Konzentration aufs Wesentliche. Gerade hier
sei die Rolle der Lokalzeitungen bedeutend: "Komplexe Gesellschaften
brauchen glaubwürdige Plattformen", sagte er und betonte, dass
Lokalzeitungen gerade in den Regionen eine bedeutende Erklärfunktion
einnähmen: "Lokaler Journalismus ist die wichtigste Voraussetzung für
die Meinungsbildung."
Auch Steinmeier sprach sich gegen die staatliche Finanzierung von
Zeitungsangeboten aus, befürwortete das Leistungsschutzrecht und die
neue Pressefusionskontrolle.
Die Vorstandsvorsitzende des VDL, Inken Boyens, hatte zuvor die
neuen Regelungen zur Pressefusionskontrolle und zur Absicherung des
Pressegrosso-Systems ausdrücklich begrüßt.
In ihrer Begrüßungsansprache forderte Boyens in der Diskussion um
einen flächendeckenden Mindestlohn die Besonderheiten der
Zeitungszustellung zu beachten. Es bestehe die Gefahr, dass bestimmte
Zustellgebiete unter diesen Umständen aus wirtschaftlichen Gründen
nicht mehr beliefert werden könnten. Damit würde die
verfassungsrechtlich geschützte, unerlässliche Informationsversorgung
der Bevölkerung in diesen Regionen unangemessen eingeschränkt.
Kritik übte die Vorsitzende erneut an der Vergabepraxis von
Regierungsanzeigen durch das Bundespresseamt. Immer wieder blieben
die lokalen Tageszeitungen, wie gerade bei der Vorstellung des
sogenannten Chancenheftes geschehen, außen vor. Stattdessen würden
überregionale Titel, Zeitschriften und Boulevardblätter bei der
Belegung berücksichtigt. Boyens mahnte, die Bedeutung der
mittelständischen Tageszeitungen für die demokratische Willensbildung
nicht zu unterschätzen. Sie forderte die Regierung auf, ihre
Mediaplanungen künftig zu überdenken.
Ferner sprach sich die Verbandsvorsitzende für einen einheitlichen
Mehrwertsteuersatz in Höhe von maximal sieben Prozent aus. In zwölf
europäischen Ländern liege dieser für Printprodukte unter dieser
Marke. "Angesichts unserer einmaligen Presselandschaft in Europa
sollte uns das zu denken geben", so Boyens.
In einer anschließenden Diskussionsrunde sprachen sich die
Bundestagsabgeordneten Dagmar Wöhrl (CSU), Brigitte Zypries (SPD) und
Jimmy Schulz (FDP) unisono gegen die Nutzung von Rundfunkgebühren zur
Unterstützung von Zeitungsverlagen aus. Der Rechtsanwalt und
Medienrechtsprofessor Johannes Weberling forderte beim Thema
Mindestlohn eine differenzierte Betrachtung für Zeitungsverlage.
"Wenn man hier nicht differenziert, dann werden wir beispielsweise in
Ostdeutschland bald keine flächendeckende Zustellung mehr haben."
Auch Zypries sprach sich für eine besondere Betrachtung der Situation
von Verlagen aus. Es könne aber nicht angehen, dass es ihrer
Auffassung nach viel zu geringe Stundenlöhne für Zeitungsboten gebe.
Joachim Braun, Chefredakteur des Nordbayerischen Kuriers in
Bayreuth, forderte in einem Vortrag von seinen Journalisten-Kollegen,
den Leser wieder ernster zu nehmen. Er kritisierte eine häufig "zu
große Nähe" von Lokaljournalisten zu den örtlichen Eliten. Braun
empfahl den Zeitungsredaktionen außerdem, die sozialen Netzwerke viel
stärker zu nutzen und mit dem Leser intensiver zu diskutieren.
Pressekontakt:
Verband Deutscher Lokalzeitungen e.V.
Tel.: 030/398051-67
info@lokalpresse.de
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