(Registrieren)

DER STANDARD - Kommentar "Provinzielle Erpressung" von Alexandra Föderl-Schmid

Geschrieben am 28-06-2013

Bedrohter Bachmann-Preis: Wrabetz blamiert sich, den ORF und
Österreich

Wien (ots) - Eines muss man ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz
lassen: Dass der ORF sparen muss, ist jetzt europaweit bekannt. Seit
der Ankündigung, dass die Tage der deutschsprachigen Literatur in
Klagenfurt und damit der Ingeborg-Bachmann-Preis durch die
ORF-Sparmaßnahmen gefährdet sind, vergeht kaum ein Tag ohne
öffentlichen Protest. Bisherige Teilnehmer des Wettbewerbs und
Preisträger sowie Verleger melden sich zu Wort. Zuletzt Uwe Tellkamp,
der in der Süddeutschen Zeitung auf die Diskrepanz zwischen dem
Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und der Realität
hinwies: "Das öffentlich-rechtliche Fernsehen fördert Busen-Shows und
sonstige Spaßvögel. Nichts dagegen. Aber Bildungsauftrag meint auch,
sich Fragen zu stellen." Wer die vom TV-Sender 3sat übertragenen
Auftritte der Nachwuchsliteraten in den vergangenen Jahren verfolgt
hat, wird zustimmen, dass nicht jede Schriftstellerin, jeder Autor
zum Showstar taugt. Gleiches gilt aber auch für Darsteller in
diversen Modelshows und den Dancing Stars-Wettbewerben im ORF. Als
Castingshow für die Literatur hat Klagenfurt wichtige Bedeutung. Denn
Literatur braucht Aufmerksamkeit und Öffentlichkeit, was das
Wettlesen in Klagenfurt seit 1977 bietet. So wie bei Kochshows im
Fernsehen der Entstehungsprozess verfolgt werden kann und durch die
Gespräche über Kulinarisches Geschmacksbildung erfolgt, so ermöglicht
dieses Lesefestival literarische Urteilsbildung. Es gibt dabei
magische Momente, die zeigen, wie sehr Literatur in den Bann ziehen
kann. Die Klagenfurter Bühne ermöglichte die Entdeckung von Talenten,
die sich häufig zu Stars der Literaturszene mausern. Uwe Tellkamp,
bekannt durch seinen inzwischen vom TV verfilmten Roman Der Turm, ist
ein Beispiel. Inge Schulze, Jenny Erpenbeck und Thomas Hettche sind
erstmals in Klagenfurt einer breiteren Öffentlichkeit aufgefallen.
Arno Geiger wurde in Kärnten von seinem Verlag entdeckt. Den
Stellenwert von Literatur und Lesen hat der Schriftsteller
Karl-Markus Gauß vergangene Woche in einem im Standard
veröffentlichten Beitrag in einen Satz gefasst: "Wo die Dummheit zum
Bildungsideal geworden ist, da hat es die Literatur schwer."
Projektpartner wie die Stadt Klagenfurt und das ORF-Landesstudio
Kärnten waren von der Ankündigung des ORF-Generals überrascht.
Vielleicht wollte Wrabetz gar nicht die deutschsprachige
Literaturszene auf-, sondern die Politszene erschrecken. In den
vergangenen Monaten hat Wrabetz gedroht, das Radio
Symphonieorchester, das Radiokulturhaus, FM4 etc. zuzusperren oder
Mittel für österreichische Filmproduktionen zu kürzen. Das Ziel:
Druck zu machen, damit der ORF weiteres Geld vom Steuerzahler
bekommt. Zwischen 2010 bis 2013 erhielt der ORF als Ersatz für den
Entgang durch Rundfunkgebührenbefreiungen insgesamt 160 Millionen
Euro. Obwohl diese Mittel an Auflagen wie Programminnovationen
gebunden waren, wird etwa der auf Kultur und Information
spezialisierte Kanal ORF_III weiter kurz gehalten. Da sich
Bedrohungen abnutzen, wenn man sie häufig wiederholt, hat Wrabetz das
Klagenfurter Lesefestival der Erpressungsliste hinzugefügt. Jetzt hat
er den provozierten Aufschrei. Wie beim Golan-Rückzug zeigt sich die
Provinzialität österreichischer Potentaten. Wrabetz blamiert sich,
den ORF und Österreich.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

*** OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER
INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT ***


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

472422

weitere Artikel:
  • Neue OZ: Kommentar zu Münchner Institut für Zeitgeschichte / Christian Hartmann Osnabrück (ots) - Bestseller der Hetzliteratur Werbung für Hitlers "Mein Kampf" - was für eine gruselige Vorstellung. Sie könnte aber ab 2015 Wirklichkeit werden. Umso besser, dass Historiker an einer kommentierten Ausgabe dieses Bestsellers der Hetzliteratur arbeiten. Das Ziel ist klar: Es muss darum gehen, "Mein Kampf" zu entzaubern. Das geschieht am besten, indem Kontexte und Quellen des Textes aufgezeigt werden. Adolf Hitler wird dann als das erscheinen, was er nicht nur als größenwahnsinniger Schicksalslenker, sondern mehr...

  • Fritz-Gerlich-Preis für NDR-Koproduktion "Das Mädchen Wadjda" Hamburg (ots) - Für die NDR/BR-Koproduktion "Das Mädchen Wadjda" hat Regisseurin Haifaa Al Mansour den Fritz-Gerlich-Preis bekommen. Die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung wird im Rahmen des Filmfests München vergeben. Sie geht an Filmschaffende, die sich wie der im KZ ermordete Publizist Gerlich entschlossen und unbeirrbar für die Menschenwürde einsetzen. Stifter ist die TELLUX-Beteiligungsgesellschaft mbH. Am kommenden Donnerstag, 4. Juli, wird Haifaa Al Mansour für "Das Mädchen Wadjda" auf dem Filmfest München zudem den "Spezialpreis mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Musik / Oper Osnabrück (ots) - Die bayerischen Italiener München bestätigt seinen Ruf als nördlichste Stadt Italiens: Die Hauptstadt-Bayern geben dem Opern-Übervater aus Parma den Vorzug vor dem sächsischen Gesamtkunstwerkler. Die späte Rache des Volkes für die übertriebene Wagner-Verehrung Ludwig II.? Der "Kini" hat schließlich mit seinem Geld den ganzen Wagner-Wahn möglich gemacht. Auf der nach oben durch Bayreuth begrenzten Wagner-Skala rangiert München, knapp unter der Festival-Wallstadt. Möglicherweise erklärt auch das den Münchner mehr...

  • "Das ganz besondere Festival-Gefühl" ARD Radiofestival von 13.7. bis 7.9.2013 / Deutschlandweit in neun ARD-Kulturprogrammen / Zum Nachhören auf ardradiofestival.de Baden-Baden (ots) - Eine Reise durch die vielfältige Festivallandschaft Deutschlands und Ausflüge zu international bekannten Festspielen unternehmen - in diesem Sommer braucht man dafür nur ein Radio und das ARD Radiofestival. Vom 13. Juli bis 7. September 2013 schließen sich zum fünften Mal neun Kulturradios der ARD zusammen und bieten ihren Hörerinnen und Hörern bundesweit das Beste aus Klassik und Jazz, Lesungen, Gespräche mit Prominenten und eine internationale Feature-Reihe. Bei 14 Konzert- und Opernhöhepunkten der Saison ist mehr...

  • ZDFkultur, kurzfristige Programmänderung Mainz, 1. Juli 2013 Mainz (ots) - VPS-Zeiten entsprechen den Beginnzeiten. PW 27/13 (Bitte Ergänzung der Mitwirkenden beachten) Di., 2.7. 0.05 Off Limits Focused 0.30 Hurricane 2013: Marteria Live-Musik aus Scheeßel Moderation: Jo Schück, Hadnet Tesfai Erstausstrahlung 1.30 Ein neuer Tag im Paradies Mi., 3.7. 23.15 Mensch Gottfried 0.00 Hurricane 2013: Arctic Monkeys Live-Musik aus Scheeßel Moderation: Jo Schück, Hadnet Tesfai Erstausstrahlung 1.00 Kopf der Woche: Freak Ein Leben mehr...

Mehr zu dem Thema Alles rund um die Kultur

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

Pinocchio erreicht Gold in Deutschland mit Top-3-Hit "Klick Klack" - "Mein Album!" erscheint am heutigen Tag - Neue Single "Pinocchio in Moskau (Kalinka)" folgt am 17. März

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht