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"Die Menschen vertrauen der Marke Zeitung" / Viele Zeitungen erreichen mehr Leser als je zuvor / Digitale Bezahlmodelle noch am Anfang / Transformationsprozess prägt anstehende Tarifrunde

Geschrieben am 02-07-2013

Berlin (ots) - Die Rolle der Zeitung als reichweitenstarkes und
verlässliches Medium für tiefe Information und Reflexion werde durch
die anhaltende Ausbreitung digitaler Anbieter noch bedeutender,
erklärte der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) bei
seiner Jahrespressekonferenz heute in Berlin. In der Flut der Blogs,
Aggregatoren und sozialen Medien stünden die Zeitungsmarken für
professionellen Journalismus, dem die Menschen Glauben schenkten,
sagte der Hauptgeschäftsführer des BDZV, Dietmar Wolff. "Die Menschen
vertrauen der Marke Zeitung", so Wolff wörtlich. Die Echtzeit-Welt
des Internets führe - bei aller Faszination - in weiten Teilen des
Publikums zu einer wachsenden Unsicherheit.

Im harten Wettbewerb um die Zeit und Aufmerksamkeit der Leser und
Nutzer seien die Zeitungen ein Gigant. Die meisten Titel würden dank
ihrer digitalen Angebote von so vielen Menschen wie nie zuvor
genutzt: Über alle Kanäle hinweg - gedruckt, online, mobil - erreiche
ein Großteil der Zeitungstitel "80 Prozent der über 14-Jährigen", so
Wolff. Dies sei eine großartige Leistung. Auch die Generation der
"Digital Natives" schätze Zeitungsmarken. 65 Prozent der unter
30-Jährigen nutzten regelmäßig die digitalen Angebote, über 50
Prozent läsen die gedruckten Ausgaben. Das Bedürfnis nach fundierten
Inhalten aus glaubwürdigen Quellen wachse auch bei jungen Menschen.
"Journalistische Profession und das Vertrauen in unsere Produkte sind
unser wichtigstes Kapital", erläuterte Wolff. Auch bei
Führungskräften in der Wirtschaft und Verwaltung stünden die
Zeitungsmarken so hoch im Kurs wie nie zuvor. "Leaders are Readers",
sagte Wolff und verwies auf die jüngsten Ergebnisse der Leseranalyse
Entscheidungsträger (LAE).

Entwicklung des Digitalgeschäfts

Der Leiter Kommunikation + Multimedia des BDZV, Hans-Joachim
Fuhrmann, stellte fest, dass die Zeitungen im Netz die
Nachrichtenquelle Nr. 1 seien. Sie stellten zudem das
reichweitenstärkste Angebot - vor T-Online und eBay. Die rund 660
Portale der Zeitungen erreichten 41 Prozent der Deutschen. Dies
entspreche 29 Millionen regelmäßigen Nutzern. Was bisher fehle, aber
dringend benötigt werde, sei eine von den Werbekunden akzeptierte
Ermittlung der Crossmedia-Reichweite. Damit könnte die
Leistungsstärke von Print plus Digital optimal vermarktet werden.

Zum Thema Paid Content führte Fuhrmann aus, dass mittlerweile mehr
als 40 Zeitungstitel die Bezahlung im Netz eingeführt hätten.
Innerhalb eines Jahres habe sich die Zahl der Verlage verdoppelt, bis
Ende 2013 rechne der BDZV mit rund 60 Zeitungstiteln, die auf Paid
Content im Netz setzten. Eine große Herausforderung für die
Redaktionen sei es, die regelmäßigen Nutzer zu loyalen Stammlesern zu
machen, die für die Angebote gerne zahlten.

Erfreulich sei die Akzeptanz der Apps für Smartphones und Tablets.
Derzeit gebe es rund 450 Apps von Zeitungsverlagen (Juli 2012: 325).
Knapp 290 davon seien kostenpflichtig. Neben dem Abo- und
Einzelverkauf vertrieben 115 Zeitungstitel ihre Apps in Form von
Digitalpaketen in Kombination mit der gedruckten Zeitung und zum Teil
auch zusammen mit einem Tablet-Endgerät. Fuhrmann machte deutlich,
dass die Entwicklung der digitalen Erlösmodelle noch am Anfang stehe.
"Wir sind publizistisch erfolgreich, nach rein kaufmännischen
Gesichtspunkten müssen wir dringend aufholen." Eine wichtige
Voraussetzung dafür sei die weitere Verbreitung von Tablet-Computern
sowie die Entwicklung einzigartiger Produkte und Inhalte, die die
Nutzer faszinierten.

Entwicklung des Stammgeschäfts

In seinem Bericht zur wirtschaftlichen Lage der Zeitungen sagte
der Geschäftsführer Verlagswirtschaft, Jörg Laskowski, das Jahr 2012
sei im Stammgeschäft - gedruckte Zeitung - kein erfreuliches Jahr
gewesen. Zwar seien die Vertriebsumsätze um 1,4 Prozent gewachsen,
doch die Nettowerbeumsätze seien um neun Prozent auf 3,43 Mrd. Euro
zurückgegangen. Damit sei der Gesamtumsatz (Tages-, Wochen-,
Sonntagszeitungen und Supplements) im Vergleich zum Vorjahr um 3,3
Prozent auf 8,23 Mrd. Euro gefallen (2011: 8,5 Mrd.). Der
Gesamtumsatz setze sich zusammen aus 4,72 Mrd. Euro Vertrieb, 3,43
Mrd. Euro Anzeigen und Beilagen sowie 82 Mio. Euro Supplements.

Die Tageszeitungen kamen auf einen Umsatz von 7,73 Mrd. Euro. Dem
um 9,1 Prozent rückläufigen Anzeigengeschäft stand eine Steigerung
der Vertriebsumsätze von 1,3 Prozent gegenüber. Bei den Wochen- und
Sonntagszeitungen seien die Vertriebserlöse um 2,3 Prozent gewachsen,
während die Anzeigen- und Beilagenumsätze um 6,8 Prozent
zurückgingen. Wochen- und Sonntagszeitungen hätten mit 414 Mio. Euro
Umsatz ein Ergebnis erreicht, das um 2,3 Prozent unter dem Vorjahr
liege. Die Umsätze der Supplements seien um 3,8 Prozent auf 82 Mio.
Euro zurückgegangen.

Laskowski führte aus, dass die Geschäftsentwicklung im
Durchschnitt bei den lokalen und regionalen Abonnementzeitungen nicht
zufriedenstellend sei. Im Vertrieb hätten die Umsätze zwar um 1,4
Prozent (Westdeutschland) beziehungsweise 2,1 Prozent
(Ostdeutschland) gesteigert werden können. Die Anzeigen seien
allerdings um 8,9 Prozent (West) beziehungsweise 13,4 Prozent (Ost)
zurückgegangen. Die Lage auf dem Werbemarkt bleibe angesichts der
Vielzahl neuer digitaler Anbieter recht instabil. Die Zeitungen seien
gefordert, ihre publizistischen Qualitäten - professioneller
Journalismus, hohe Aufmerksamkeit und Vertrauen der Leser - noch
stärker im Werbemarkt und vor allem in den Köpfen der Mediaplaner zu
verankern.

Die Gesamtauflage der Zeitungen ging im ersten Quartal 2013 von
23,08 auf 22,23 Mio. Exemplare zurück (-3,92 Prozent). Die
Tageszeitungen setzten in diesem Zeitraum 17,59 Mio. Exemplare ab
(-4,08 Prozent). Die Auflage der Wochenzeitungen blieb mit -0,57
Prozent relativ stabil. Die regionalen Abozeitungen verloren im
Vorjahresvergleich 2,52 Prozent, überregionale Blätter 7,44 Prozent,
Straßenverkaufszeitungen 8,49 Prozent sowie Sonntagszeitungen 4,89
Prozent. Die Zahl der verkauften E-Paper stieg um 91,6 Prozent von
180.000 auf 340.000 Exemplare. In Deutschland erscheinen 332
Tageszeitungen mit 1.531 lokalen Ausgaben.

Tarifwerk Zukunft

Vor diesem Hintergrund ging BDZV-Hauptgeschäftsführer Dietmar
Wolff auf die bevorstehenden Verhandlungen über den Gehalts- und den
Manteltarifvertrag für Redakteure an Tageszeitungen ein. Die
veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen innerhalb der Branche
sowie der anhaltende Übergang der Verlage von der analogen in die
digitale Welt machten es dringend erforderlich, die Tarifwerke zu
modernisieren und an veränderte Strukturen anzupassen. "Dabei geht es
nicht um den Ab- sondern um den Umbau des Tarifwerks", so Wolff.
Beispielsweise müsse darüber gesprochen werden, ob der in der
Berufsjahresstaffel festgeschriebene Anachronismus einer
automatischen Gehaltssteigerung durch erfolgs- und leistungsbezogene
Komponenten ersetzt werden sollte. Auf den Prüfstand gehöre auch die
Bestimmung, die den jährlichen Urlaubsanspruch der Redakteure auf 34
Tage ansteigen lasse. Über die von den Journalistengewerkschaften
geforderte Einbindung der Online-Redakteure in das Tarifwerk sollte
verhandelt werden. Auch über den Ausbau der Aus- und Weiterbildung
müsse gesprochen werden. "Wir wollen mit den Gewerkschaften ein
Tarifwerk schaffen, das in die Zukunft weist und sich an den
ökonomischen Rahmenbedingungen sowie an einer zeitgemäßen
Unternehmenskultur orientiert." Dazu gehöre auch die Überlegung, dass
Verlage in strukturschwachen Regionen andere Tarifbedingungen haben
sollten als Unternehmen in wirtschaftlich stärkeren
Verbreitungsgebieten. Die Gehaltsforderung des Deutschen
Journalisten-Verbandes DJV in Höhe von sechs Prozent sowie der dju in
ver.di in Höhe von 5,5 Prozent bezeichnete Wolff als überzogen und
wenig zielführend für den Einstieg in die Tarifverhandlungen am 19.
Juli.

Positive medienpolitische Bilanz

Im Bereich Medienpolitik zog der BDZV eine positive Bilanz. Mit
der Verabschiedung des Leistungsschutzrechts für Presseverlage sowie
der Novellierung der Pressefusionskontrolle seien zwei Meilensteine
auf dem Weg in die digitale Zukunft der Verlage gesetzt worden,
erklärte der BDZV-Hauptgeschäftsführer. Bei beiden Themen habe nach
langwierigen politischen Debatten die Vernunft obsiegt. Das
Leistungsschutzrecht ermögliche den Verlagen, selbst zu entscheiden,
unter welchen Bedingungen ihre Inhalte von Suchmaschinen und
Aggregatoren zu gewerblichen Zwecken verwertet werden könnten. Jetzt
gehe es darum, das Leistungsschutzrecht mit Leben auszufüllen. In der
Verlagsbranche werde derzeit darüber nachgedacht, ob hierfür eine
Verwertungsgesellschaft gegründet werden sollte.

Die Lockerung der Pressefusionskontrolle nannte Wolff eine
"moderate Anpassung an die Veränderungen im Medienmarkt". Die
Wirksamkeit der neuen Regelungen müsse sich jetzt in der
Verlagswirklichkeit erweisen. Die gesetzliche Verankerung des
Presse-Grosso-Systems bezeichnete Wolff als "wichtigen Schritt".
Damit sei die langfristige Grundlage für ein funktionierendes
neutrales Vertriebssystem geschaffen.

Auf EU-Ebene sei die Europäische Kommission den
wettbewerbsrechtlichen Bedenken der deutschen Verlegerverbände
gegenüber Google gefolgt. Auch nach Auffassung der EU-Kommission habe
Google seine marktbeherrschende Stellung insbesondere durch
Begünstigung eigener Dienste und die unautorisierte Nutzung fremder
Inhalte missbraucht. "Die von Google bisher vorgeschlagenen
Abhilfemaßnahmen sind völlig unzureichend", kritisierte Wolff.



Pressekontakt:
Hans-Joachim Fuhrmann
Telefon: 030/ 726298-210
E-Mail: fuhrmann@bdzv.de

Anja Pasquay
Telefon: 030/ 726298-214
E-Mail: pasquay@bdzv.de


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