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BERLINER MORGENPOST: Löscher geht? Das reicht nicht Sven Clausen über den Rauswurf des Vorstandschefs bei Siemens

Geschrieben am 28-07-2013

Berlin (ots) - Dass Peter Löscher als Vorstandschef bei Siemens
abgelöst wird, ist lobenswert. Seine Bilanz ist katastrophal. Der
Konzern hat den Nimbus der handwerklichen Unfehlbarkeit verloren. Das
gilt technologisch: Hochgeschwindigkeitszüge werden nicht fertig, bei
Windrädern gibt es Qualitätsprobleme. Das gilt aber auch im
Management: Löschers Konzernziele, etwa die 100 Milliarden Euro
Umsatz, wirkten alarmierend entrückt. Die Begleitumstände seiner
Demission legen allerdings nahe, dass nicht der Österreicher allein
das Problem ist: Nicht nur Löscher fehlt die Qualifikation, um ein
solch komplexes Gebilde wie den Siemens-Konzern mit seinen 370.000
Beschäftigten zu führen, sondern auch der Rest der Führungsspitze
benimmt sich wie eine Lehrlingstruppe. Löscher fehlte zudem überall
das Vertrauen. Bei den Investoren war das über den Aktienkurs
offensichtlich, bei den Mitvorständen über halb öffentliche
rhetorische Spitzen wahrzunehmen. Jüngst ging in einem Hilfeschrei
auch noch der Betriebsrat an die Öffentlichkeit. Konkret heißt das:
Aufsichtsratschef Gerhard Cromme hätte mit seinem Vize, dem
IG-Metall-Chef Berthold Huber, eine Nachfolge für Löscher festlegen
müssen. Dann hätte Cromme die Vertreter der Kapitalseite und Huber
die Vertreter der Arbeitnehmerseite auf diese Lösung einschwören
müssen - um dann den Plan öffentlich zu machen und die Ordnung
wiederherzustellen, die Siemens dringend braucht. Das Gegenteil ist
zu beobachten: Bei Siemens ist Anarchie ausgebrochen. Die
Nachfolgefrage ist offen. Peter Löscher durfte am Wochenende sogar
noch einmal kundtun, dass er doch eigentlich der beste Mann für die
Aufgabe sei. Sollte der Aufsichtsrat Finanzvorstand Joe Kaeser am
Mittwoch zu Löschers Nachfolger küren, würde dies die Lage nicht
befrieden. Kaeser kritisierte Löscher immer wieder halb öffentlich.
Auch wenn er damit inhaltlich völlig recht hatte: Illoyalität, so
darf man bei Siemens inzwischen rechnen, kann sich auszahlen.
Gleichzeitig würde Kaesers Sieg eine klare Niederlage für
Industrievorstand Siegfried Russwurm bedeuten, der auch sehr gerne
Vorstandschef wäre. Dass der sich einfach in sein Schicksal fügt, ist
unwahrscheinlich. Der einzige Vorteil für Berlin: Sowohl Kaeser als
auch Russwurm sind Eigengewächse und wissen daher um die besondere
Bedeutung der Stadt als Keimzelle des Weltkonzerns. Die Rolle der
Hauptstadt dürfte also erst einmal nicht gefährdet sein.

Der Konzern insgesamt aber steht weiter vor unruhigen Zeiten. In
einer solchen Situation braucht es einen starken Aufsichtsratschef.
Gerhard Cromme beweist gerade, dass er das Gegenteil ist. Zuletzt gab
es ein ähnliches Schauspiel bei der Deutschen Bank. Dort wurde nicht
nur die Vorstandsspitze neu sortiert, sondern auch der Aufsichtsrat
samt dessen Chef. Seitdem geht es dort wieder langsam bergauf.
Immerhin ein Hoffnungsschimmer.



Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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