Westfalenpost: Schuldprinzip als Grundlage des Rechtsstaats
Von Harald Ries
Geschrieben am 11-08-2013 |
Hagen (ots) - Der Ärger der Polizei ist verständlich: Viele
Temposünder kommen davon, weil ihnen der Verstoß nicht nachgewiesen
werden kann. Der Versuch bindet Personal, das besser eingesetzt
werden könnte, moniert Gewerkschaftschef Wendt. Diese Klage hat er
bereits mehrfach vorgetragen. Ohne Erfolg. Zum Glück.
Es ist ja auch sonst leider so, dass allerlei große und kleine
Kriminelle ungestraft davonkommen, weil ihnen ihr böses Tun nicht
nachgewiesen werden kann. Aber dieser Nachweis sollte im Rechtsstaat
nun einmal die Voraussetzung für eine Strafe sein. Man nennt das
Schuldprinzip. In Deutschland hat es Verfassungsrang. Das ist der
Hintergrund der Fahrerhaftung - im Gegensatz zur Halterhaftung, die
in vielen anderen europäischen Ländern, wenn auch längst nicht in
allen, gilt.
Sind das keine Rechtsstaaten? Schon. Der Unterschied bei
Verkehrsdelikten liegt in der Pflicht des Halters, bei der Ermittlung
des Fahrers mitzuwirken. Wenn er sich dort sperrt, muss er zahlen.
Bei uns dagegen genießt er ein Zeugnisverweigerungsrecht, sofern er
Ehepartner, Verlobte, Lebenspartner, Eltern, Kinder, Großeltern,
Enkel, Geschwister oder Geschwister des Ehepartners belasten müsste.
Praktisch geht er also straffrei aus, wenn er auf dem Foto nicht zu
erkennen ist.
Bei kleineren Parkverstößen gibt es eine reale Halterhaftung über
die Verfahrensgebühren. 18,50 Euro. Das würde Raser nicht schrecken.
Auch eine Geldbuße nur bedingt. Wichtiger sind die Punkte in
Flensburg oder ein Fahrverbot. Und damit kann immer nur der Fahrer
belegt werden. Was für die Polizei heißt, dass sie ab 20 km/h über
dem Limit sowieso ermitteln müsste. Das mag mühsam sein, aber so ist
nun einmal ihr Geschäft.
Pressekontakt:
Westfalenpost
Redaktion
Telefon: 02331/9174160
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