Westdeutsche Zeitung: Euro/Griechenlandhilfe =
von Martin Vogler
Geschrieben am 25-08-2013 |
Düsseldorf (ots) - Helmut Kohl hat es bei Steuern getan, Helmut
Schmidt bei Renten. Leider sind wir daran gewöhnt, dass Politiker vor
der Wahl gegebene Versprechen nicht einhalten, manchmal sogar das
Gegenteil eintritt. Vergleichbares zeichnet sich bei den Hilfen für
Griechenland ab. Es wird ein drittes Hilfspaket geben, obwohl das die
Kanzlerin bislang verneinte. EU-Kommissar Günther Oettinger nannte am
Wochenende sogar schon Zahlen. Doch die Frage, wie teuer uns die
Hilfen für Griechenland am Ende wirklich kommen und wie sinnvoll sie
sind, ist damit nicht beantwortet. Klar ist nur, dass Deutschland wie
stets bei solchen europäischen Aktionen mit mehr als einem Viertel
der Gesamtkosten beteiligt ist. Der Plan Angela Merkels, Debatten um
Griechenland und den Euro auf die Zeit nach der Wahl zu verschieben,
funktioniert also nicht. Kurios ist, dass nicht die Opposition ihr
das eingebrockt hat, sondern ihr eigener Finanzminister. Wobei es
Wolfgang Schäubles Geheimnis bleibt, ob ihm die Ankündigung eines
dritten Hilfspakets unabsichtlich bei einer Wahlkampfveranstaltung
herausrutschte, oder ob er wirklich bewusst als Verkünder der
unbequemen Wahrheit wirken wollte. SPD und Grüne wären dumm, wenn sie
diese Vorlage nicht vier Wochen vor der Wahl zu Attacken vor allem
gegen die Kanzlerin nutzen würden. Doch sie tun es dennoch relativ
verhalten, um ein Eigentor zu vermeiden. Zum einen würden sie nach
einem Wahlsieg vor denselben Problemen wie die heutige Regierung
stehen. Dann wären statt Solidaritäts-Appellen konkrete Lösungen
gefragt. Zudem ist auch Rot-Grün nicht daran interessiert, mit
Euro-Debatten der neuen Partei Alternative für Deutschland Wähler
zuzutreiben, die auch aus ihren eigenen Lagern kommen könnten. Nach
der Wahl sollte die neue Regierung - wie sie sich auch zusammensetzen
mag - die Grundsatzposition zu Europa überdenken. Wahrscheinlich ist
die Idee, auf dem Kontinent überall gleiche Lebensbedingungen zu
schaffen, falsch. Europa kann nicht wie Amerika funktionieren, weil
kulturelle, wirtschaftliche oder auch sprachliche Unterschiede zu
groß sind. Ein vielfältiges und spannendes Europa könnte eine
lohnenswerte Alternative sein.
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Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
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