Westfalen-Blatt: das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zur Bayern-Wahl
Geschrieben am 15-09-2013 |
Bielefeld (ots) - Die CSU hat die Verhältnisse im Freistaat
eindrucksvoll zurechtgerückt. Dank satter Mehrheit wieder alleinige
Regierungspartei in Bayern mit entsprechend starker Stimme im Bund:
Dieses Ergebnis mag nach den letzten Umfragen kaum überraschen - doch
es ist alles andere als selbstverständlich. Dieser Erfolg ist vor
allem ein Erfolg Horst Seehofers: Es ist sein persönlicher Triumph.
Leicht hätte es für die CSU nach dem Debakel von 2008 weiter bergab
gehen können. Als Seehofer das erfolglose Duo Günther Beckstein und
Erwin Huber ablöste, sprach viel dafür, dass Bayern auf dem Weg zu
»normalen« politischen Verhältnissen ist und die absolute Mehrheit
für die CSU für alle Zeiten verloren sein wird. Doch mit maximaler
programmatischer Wendigkeit und einem ordentlichen Maß an Populismus
hat Seehofer das Blatt gewendet. Natürlich müssen all jenen die Haare
zu Berge stehen, denen an Verlässlichkeit und klaren Positionen
gelegen ist. Den alten und neuen bayerischen Ministerpräsidenten aber
rühren solche Vorhaltungen nicht an. Er stilisiert sich als moderner
Volkstribun und sagt: »Ich werde mich nicht dafür entschuldigen,
Politik für die Bevölkerung zu machen.« Worin diese Politik dann
besteht, ist eine andere Frage - wie seine zahlreichen Kehrtwenden
beweisen. Bei Seehofer weiß man nie, woran man ist. Doch die Bayern
folgen ihm - quer durch alle soziale Schichten, quer durch alle
Altersgruppen. Auch interessant: Der Sieg der CSU gründet wesentlich
darauf, dass sie viele Nichtwähler mobilisieren konnte. Nun muss
Seehofer nicht mal mehr formal auf einen Koalitionspartner Rücksicht
nehmen. Zudem kann die CSU den Generationswechsel an ihrer Spitze aus
einer Position der Stärke gestalten. Mit Ilse Aigners Rückkehr in die
Landespolitik gibt es dafür eine interessante Option mehr. Auf
Karl-Theodor zu Guttenberg dagegen wartet kaum jemand - auch das hat
Seehofer geschafft. Was aber bedeutet diese Bayern-Wahl für die
Bundestagswahl am nächsten Sonntag? Alles und nichts. Die CDU kann
sich über den erhofften Rückenwind freuen, muss aber zugleich die
trügerische Sicherheit fürchten, die Seehofers Erfolg und Angela
Merkels Beliebtheit zusammen liefern. Und die Aussicht auf einen noch
lauteren CSU-Chef schafft auch kein Wohlgefühl. Die FDP hingegen
schleppt den Ballast der Schlappe in die letzte Wahlkampfwoche,
erhöht damit aber - wenn auch ungewollt - den Mitleidseffekt seitens
der Unionswähler. Die Zweitstimmenkampagne wird an Fahrt aufnehmen.
SPD und Grüne schließlich sind einmal mehr ernüchtert und reden sich
erwartungsgemäß mit den »speziellen bayerischen Verhältnissen« raus.
Immerhin weiß die Opposition nun, dass ein populärer und beliebter
Spitzenkandidat, wie es Christian Ude in Bayern zweifellos war, nicht
reicht. Aber in dieser Hinsicht besteht ja bei Peer Steinbrück
ohnehin keinerlei Gefahr.
Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261
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