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Börsen-Zeitung: Vorgeschobene Gründe, Kommentar zum drohenden Scheitern eines erneuten Versuchs der Fusion von Provinzial Nordwest und Provinzial Rheinland, von Antje Kullrich.

Geschrieben am 03-10-2013

Frankfurt (ots) - Es wäre beinahe schon eine Sensation, wenn die
beiden öffentlichen Versicherer in Nordrhein-Westfalen eines Tages
tatsächlich zueinander fänden. Doch auch der vierte Anlauf einer
Fusion der Provinzial Nordwest in Münster und der Provinzial
Rheinland in Düsseldorf droht zu scheitern. Festgefahren haben sich
die Verhandlungen Berichten zufolge nicht etwa an gewichtigen Fragen
der Bewertungsverhältnisse, sondern - man höre und staune - am Streit
um die Rechtsform. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), mit
40% einer der beiden großen Anteilseigner der Provinzial Nordwest,
pocht auf den Status einer Aktiengesellschaft. Das Argument lautet:
Würde der fusionierte Konzern eine Anstalt öffentlichen Rechts, so
wie es die Rheinländer fordern und es die Düsseldorfer Provinzial
auch schon ist, ziehe das in Westfalen Steuernachforderungen in
zweistelliger Millionenhöhe nach sich. Die rheinischen Eigentümer
dagegen argwöhnen, dass LWL-Chef Wolfgang Kirsch sich mit der Form
der Aktiengesellschaft lediglich eine Verkaufsoption offenhalten
will.

Dass die Chancen für einen erfolgreichen Zusammenschluss der
beiden Versicherer nicht gerade gut waren und sind, war klar. Zwar
hatten die Vorstände der Unternehmen Anfang des Jahres ein Konzept
erarbeitet, das von allen Seiten ausnahmslos gelobt worden war, doch
die Knackpunkte - Bewertung, Sitz, Rechtsform, Führungspersonal -
hatten sie offengelassen und den Eigentümern zur Entscheidung
vorgelegt.

Rund sechs Monate später zeigt sich, dass die wenig konstruktive
Melange aus politischen Interessen, Provinzfürstentum und
persönlichen Animositäten offenbar nach wie vor existiert. Es sind
vorgeschobene Gründe, welche die Verhandlungen ins Stocken bringen.
Kompromisse, sei es in Form einer intelligenten Konstruktion des
fusionierten Konzerns oder weitreichender Zugeständnisse an die
Gegenpartei an anderer Stelle, sind immer möglich - wenn die Akteure
denn wirklich wollen.

Die Not ist offenbar noch nicht groß genug. Doch die guten
Abschlüsse der beiden Fusionskandidaten für das Jahr 2012 verstellen
den Blick auf die Realität. Dank ausgebliebener Unwetter verbuchten
die Sachversicherer zwar tolle Ergebnisse, doch in der
Lebensversicherung ist der Druck durch die niedrigen Zinsen und die
hohen Garantieversprechen stark. Die veranschlagten Ergebniseffekte
einer Fusion von bis zu 100 Mill. Euro durch Kostensenkungen dürften
die Unternehmen vielleicht schon bald dringend brauchen.

(Börsen-Zeitung, 4.10.2013)



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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