Experten kritisieren mangelhafte Aufarbeitung von Mobbing bei der Polizei
"Report Mainz", heute, 8.10.2013, um 21.45 Uhr im Ersten
Geschrieben am 08-10-2013 |
Mainz (ots) - Nach Ansicht des Kriminologen Prof. Christian
Pfeiffer, Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen e. V.,
und des Vorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei Baden-Württemberg,
Rüdiger Seidenspinner, gibt es bei der Polizei mehr Mobbing-Fälle,
als offiziell zugegeben wird. Das berichtet das ARD-Politikmagazin
"Report Mainz" des Südwestrundfunks (heute, 21.45 Uhr im Ersten).
"Hier wird unter den Teppich gekehrt, was sich wirklich abspielt",
sagte Prof. Christian Pfeiffer.
"Report Mainz" hatte zuvor bei den Innenministerien der Länder
nachgefragt, wie viele solcher Mobbing-Fälle in den vergangenen fünf
Jahren gemeldet wurden. Mehrere Länder gaben in der Umfrage an,
Mobbing bei der Polizei gar nicht statistisch zu erfassen. Die
anderen berichteten von Einzelfällen, bei der Polizei habe es maximal
drei bis gar keine Mobbing-Fälle gegeben. Nur zwei Länder hielten
dabei explizit eine Dunkelziffer für möglich.
Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei Baden-Württemberg,
Rüdiger Seidenspinner, sagte daraufhin gegenüber "Report Mainz": "Das
ist schöngeredet, das ist schöngerechnet. Man versucht da über
Probleme, die es innerhalb der Polizei gibt, hinwegzutäuschen. Wir
haben sehr viele Kolleginnen und Kollegen, die Opfer von Mobbing
sind." Mit diesen Zahlen wolle man den Anschein erwecken, dass bei
der Polizei in puncto Mobbing alles in Ordnung wäre. Dies sei aber
nicht der Fall.
Auch Prof. Christian Pfeiffer betonte im Interview mit "Report
Mainz", dass Mobbing bei der Polizei kein Einzelfall sei. Im
Gegenteil sieht der Kriminologe dort sogar ein erhöhtes Risiko für
Mobbing: "Polizeibeamte müssen enorm viel an Stress aushalten, an
Aggressivität durch andere. Und dann sucht sich das ein Ventil, dann
nimmt man irgendwo einen Schwächeren und lässt an ihm seinen Ärger
aus. Daraus erwächst Mobbing", so Prof. Pfeiffer.
Gegenüber "Report Mainz" kritisierten außerdem mehrere
Polizei-Mitarbeiter und Anwälte eine mangelnde Aufarbeitung der
Mobbing-Fälle. Die Mobbing-Opfer fühlten sich von ihrem Arbeitgeber
alleine gelassen. Auf Nachfrage gaben die Innenministerien dazu an,
dass das Interesse an Aufarbeitung groß sei. Allerdings findet die
Aufklärung, laut den Ergebnissen der Umfrage unter den Ministerien,
fast immer polizeiintern durch Mitarbeiter der Polizei statt.
Dies kritisierte der Kriminologe Prof. Christian Pfeiffer scharf.
Für die betroffenen Opfer sei das ein Trauerspiel, erklärte er.
Aufgrund der besonderen Bündnistreue innerhalb der Polizei könne eine
neutrale Aufarbeitung so nicht erfolgen. "Keiner verrät den anderen,
wenn da mal Fehler passiert sind. Es intern zu handhaben, schwächt
die Position der Opfer, es gibt ihnen keine richtige Möglichkeit, zu
ihrem Recht zu kommen. Auf Dauer ist das nicht akzeptabel", so Prof.
Pfeiffer. Im Interview mit "Report Mainz" forderte der Kriminologe
deshalb externe neutrale Vermittler, die die Mobbing-Fälle bei der
Polizei aufklären und aufarbeiten.
Weitere Informationen unter www.swr.de/report. Zitate gegen
Quellenangabe "Report Mainz" frei. Fragen bitte an "Report Mainz",
Tel. 06131/929-33351.
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