Börsen-Zeitung: Saftschnitte Alibaba, Kommentar zu IPO-Fantasien von Norbert Hellmann
Geschrieben am 16-10-2013 |
Frankfurt (ots) - Der nahende Börsengang von Twitter belebt die
Fantasien zum Potenzial von Initial Public Offerings (IPOs) im
Internetsektor. Die Märkte können es nun erst recht nicht erwarten,
dass sich Chinas E-Commerce-Riese Alibaba im Sog von Twitter
möglichst rasch zum Börsengang bequemen möge, und zwar am besten in
den USA. Hastige Schritte sind aber so gar nicht das Markenzeichen
von Alibaba und der strategischen Denke des Gründers Jack Ma, der in
China eine geradezu mythologische Stellung als Erfolgsunternehmer
genießt.
Ma selber hält gut 7% an Alibaba, zusammen mit der in ein
Partnerschaftsmodell eingebundenen Führungsriege kommt man auf 13%.
Die größten Teilhaber, nämlich Yahoo mit 24% und die japanische
Softbank mit 37%, lassen der Riege um Jack Ma freie Hand beim
geduldigen Ausbau eines Imperiums von Internetplattformen im
weltgrößten Konsummarkt China.
Ma sieht zwar die Zeit gekommen, mit der Kapitalaufnahme aus einem
IPO ambitiöse Pläne zum Aufbau eines China umspannenden
Logistiknetzes für E-Commerce zu alimentieren, das gewaltige
Investitionen erfordert. Aber er fürchtet, dass die Keimzelle des
Erfolgs und der lange strategische Atem verloren gehen könnten. Die
Börse Hongkong ist präferierte Anlaufstelle, doch sehen die
Regularien dort keine Aktienklassen vor, mit denen das Alibaba-Team
trotz Minderheitsanteil sein Governance-Modell ungeschmälert
fortsetzen kann. Umso lauter ist der Lockruf der US-Börsen, wo
zahlreiche Unternehmen und nicht zuletzt Facebook Strukturen
vorfinden, die auch nach dem IPO die Dominanz des Gründerteams
erhalten.
Bei Alibaba aber zögert man, sich dem US-Markt auszusetzen, der
sich für viele chinesische Adressen als Minenfeld erwiesen hat. Für
Investmentbanker eine quälende Wartezeit, zumal eine
Alibaba-Bewertung nicht auf vagen Klick-Fantasien und nebulösem
Werbepotenzial, sondern soliden Gewinnen fußen würde. Im zweiten
Quartal kletterten sie von 273 Mill. auf 707 Mill. Dollar, zeigen nun
via Yahoo verbreitete Zahlen. Der Umsatz stieg von 1,08 Mrd. auf 1,73
Mrd. Dollar. Damit liegen die Erlöse fast auf dem Niveau von
Facebook, aber der Gewinn ist mehr als doppelt so hoch.
Alibaba hätte damit wohl das Zeug, auf eine höhere Marktbewertung
als die sagenhaften 104 Mrd. Dollar bei Facebooks Börsenstart zu
kommen. Das aber ist erst recht kein Grund zur Eile in Sachen IPO.
Auch wenn die Social-Media-Euphorie an den Märkten verfliegen sollte,
bleibt Alibaba eine echte Saftschnitte.
Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de
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