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Mittelbayerische Zeitung: Ein schönes Theater - Der neue Vertrag von Bundestrainer Joachim Löw bis 2016 ist ein wertloses Blatt Papier. Von Jürgen Scharf

Geschrieben am 18-10-2013

Regensburg (ots) - Ach, war das ein schönes Theaterstück. Wolfgang
Niersbach, der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes, und sein
Trainer Joachim Löw nahmen am Freitag gemeinsam auf einem Podium
Platz. Dort ließen sie die Katze aus dem Sack: Wir arbeiten weiter
zusammen, über die Fußball-Weltmeisterschaft 2014 hinaus, bis zur
Europameisterschaft 2016. Applaus, Vorhang fällt! Nun ja, hinter den
Kulissen sieht die Sache wohl ganz anders aus. Es gebe für beide
Seiten Ausstiegsklauseln, wird gemunkelt. Und die Chancen für einen
Abschied von Löw nach der WM 2014 stehen derzeit in der Tat weitaus
höher als für seinen Verbleib - egal, wie Deutschland im kommenden
Jahr in Brasilien abschneidet. Seit 2006 ist Löw Bundestrainer. Zuvor
war er bereits zwei Jahre Assistent von Jürgen Klinsmann. Löw geht in
sein zehntes Jahr beim DFB - für Fußball-Verhältnisse eine Ewigkeit.
Und die bisherigen neun waren beileibe nicht schlecht. Gemeinsam mit
Klinsmann hat Löw ab 2004 die Nationalmannschaft runderneuert. Wo
viele Jahre schlichter Ergebnisfußball praktiziert wurde, hieß es
nun: Attacke, nach vorne, und schön aussehen soll es bitte auch. Der
gepflegte Kombinationsfußball mit Zug zum Tor, das ist Löws Ding. Zur
Umsetzung seiner Vision hat er spätestens seit der WM 2010 auch die
notwendigen Spieler. Das Glück hilft bekanntlich dem Tüchtigen, und
so schickte der Fußball-Gott Löw Ausnahmekönner wie Mesut Özil, Marco
Reus, Thomas Müller oder Mario Götze vorbei. Mit diesen
Edeltechnikern und Spurtwundern konnte er sich seine Wunschmannschaft
basteln. Ein Team, das vorne immer für ein Tor gut ist - hinten aber
leider auch. Abwehr gewinnt Titel, so heißt es im Fußball. Dies wird
Löw vorgeworfen. Wenn es bei Turnieren ans Eingemachte geht, seien
seine Verteidiger zu schlecht vorbereitet und auch der Bundestrainer
selbst zu zaghaft, meinen Kritiker. Deswegen habe es noch zu keinem
Pokal gereicht. Da mag etwas dran sein. Noch viel mehr dran ist aber
an der weltweiten Anerkennung, die Löw mit seiner Mannschaft seit
Jahren einheimst. Ehrfürchtig wird da von der zauberhaften
Multi-Kulti-Truppe der Deutschen gesprochen, die den Ball laufen
lässt wie Südamerikaner. Und Löws größte Niederlagen haben sein Team
im Ausland sogar noch sympathischer werden lassen. Früher spielten
die Deutschen teilweise schlimm und kamen dennoch ins Finale. Heute
spielen sie wunderbar und scheiden dennoch im Halbfinale aus, das
kommt in anderen Ländern gut an. Kurzum: Wer nicht an das angebliche
Urrecht der deutschen Nationalmannschaft, mindestens alle vier bis
acht Jahre eine Trophäe nach Hause schleppen zu dürfen, glaubt, der
kann vor Löws Arbeit nichts anderes als den Hut ziehen. Seine Fans
werden sich aber damit abfinden müssen, wenn dieser seinen eigenen
Hut im kommenden Sommer nimmt und geht. Allerhöchstens eine
herzzerreißende Niederlage im Elfmeterschießen des WM-Finales dürfte
Löw von den Titel-Forderern verziehen werden. Würde er etwa wieder im
Halbfinale scheitern, hätte er seinen Stempel als Verlierer endgültig
weg. Und was wäre eigentlich im nicht ganz so unwahrscheinlichen Fall
des Titelgewinns? Löw wäre dann ebenfalls gut beraten, abzutreten:
auf dem Gipfel! So oder so - einzig um monatelange
Trainerdiskussionen zu vermeiden, hat der DFB am Freitag ein schönes
Schriftstück präsentiert. Dieses ist aber nicht mal den Papierpreis
wert. Alles wird von Toren, Tränen oder einem Titel im kommenden Jahr
abhängen. Und übrigens: Ganz so trist wie in den vergangenen Jahren
schaut es beim Nachfolger-Casting gar nicht mehr aus. Jupp Heynckes
dürfte seine Batterien kommendes Jahr auf jeden Fall wieder
aufgeladen haben.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


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