Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel von Reinhard Zweigler zur SPD
Geschrieben am 20-10-2013 |
Regensburg (ots) - Das Wir sind Wir, trommelten und plakatierten
SPD-Anhänger, die partout keine schwarz-rote Koalition wollen,
gestern vor dem Willy-Brandt-Haus. Drinnen in der Parteizentrale
jedoch wurde der Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der
ungeliebten Union mit satter Mehrheit zugestimmt. Mit kräftig
Bauchgrimmen zwar, aber dennoch sehr deutlich. Nur wenige SPD-Linke
machten ihrer Skepsis Luft und lehnten eine große Koalition
grundsätzlich ab. Das Mitgliedervotum über die Annahme des
Koalitionsvertrages, das die SPD-Spitze der Basis offerierte, dürfte
vermutlich knapper ausfallen. Doch vor die Wahl gestellt, entweder
gegen Angela Merkel, mit einer womöglich schwarz-grünen Mannschaft,
zu opponieren oder mit der obersten Unions-Sozialdemokratin zu
regieren, entschied sich die SPD staatstragend für das kleinste
zumutbare Wagnis. Mitregieren ist immer noch besser als im
Schmollwinkel zu sitzen, noch dazu neben der Linken im Bundestag. Die
Crux ist nur, dass sich der sozialdemokratische Konvent mit vagen
Versprechungen und Verheißungen hat abspeisen lassen. Mindestlohn -
ja doch, irgendwie und flächendeckend gleich in Ost und West.
Betreuungsgeld - na, vielleicht doch. Steuererhöhungen für
Besserverdienende und Großvermögende, im Wahlkampf noch das Mantra
der Genossen - vielleicht doch lieber nicht. Wie um sich selbst nach
dem Wahldesaster trotzig größer zu machen, sei das Wahlprogramm
Grundlage der Koalitionsverhandlungen. Man verzichte auf gar nichts,
hieß es bei Parteichef Sigmar Gabriel. Solch forschen Worte grenzen
einerseits an Größenwahn, andererseits machen sie vor allem eines
deutlich: Schwarz-Rot ist noch lange nicht klar. Das Pokern um
Regierungsinhalte, um Geld und Posten geht mit dem gestrigen Votum
der SPD erst so richtig los. Vergnüglich werden die nächsten Tage,
Nächte, Wochen der Verhandlungen für keine der beiden Seiten.
Freilich wäre die dritte Auflage einer Groß-Koalition in der
Geschichte der Bundesrepublik, nach 1966 mit Kurt Georg Kiesinger und
Willy Brandt sowie 2005 mit Angela Merkel und Franz Müntefering,
beileibe auch nicht der Weltuntergang. Große Koalitionen können große
Herausforderungen stemmen. Sie dürfen jedoch nicht die Demokratie
unterpflügen. Kommt ein neues schwarz-rotes Bündnis zustande, hat es
zweifellos große Aufgaben vor der Brust - von der Stabilisierung der
EU und der Gemeinschaftswährung Euro über die Reform des
föderal-kleinstaatlichen Bildungssystems bis zur Modernisierung der
sozialen Sicherungssysteme und eines fairen Arbeitsmarkts für alle.
Sollte es zu Schwarz-Rot kommen, entspräche das nicht zuletzt dem
Mehrheitswunsch der Deutschen. Die wünschen sich Merkel als Kanzlerin
- und die SPD als Ausgleichspartner. Ob die zweite Merkel-Regierung
mit den Sozialdemokraten für das Land und Europa ein Erfolg wird oder
nur langweiliges Durchwursteln durchs Tagesgeschäft und gegenseitiges
Belauern der Partner, wird vor allem davon bestimmt werden, ob SPD
und Union über ihren Schatten springen können: erst das Land, dann
die Partei.
Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
492153
weitere Artikel:
- Schwäbische Zeitung: Gabriels sanfter Druck - Leitartikel Ravensburg (ots) - Bis jetzt hat er seit der Wahl alles richtig
gemacht. SPD-Chef Sigmar Gabriel führt eine widerspenstige
Parteibasis langsam an den Gedanken der Regierungsverantwortung
heran. Das ist nicht leicht. Denn die Erinnerungen an das für die SPD
schlechte Ende der letzten Großen Koalition sind noch lebendig. Es
gibt viele an der Parteibasis, die empfehlen, doch besser die Union
einfach allein zu lassen. Sollen die doch sehen, wie sie klarkommen!
Doch warum sollte sich Angela Merkel auf eine solch unbequeme
Herausforderung mehr...
- Schwäbische Zeitung: Ein stumpfes Schwert - Kommentar Ravensburg (ots) - Das Parlament soll die Regierung kontrollieren.
In der Realität kommt diese Aufgabe in erster Linie den
Oppositionsparteien zu. Ihr schärfstes Schwert ist die Einrichtung
eines Untersuchungsausschusses. Sollte es keine Änderung bei den
Minderheitenrechten geben, bliebe dieses Schwert in den kommenden
vier Jahren stumpf. Denn Linke und Grüne sind nach den geltenden
Regeln zu schwach, um ein solches Gremium einzusetzen. Noch nicht
einmal eine Sondersitzung könnten sie gegen den Willen der
Regierungsfraktionen beantragen. mehr...
- Badische Neueste Nachrichten: Heimlich bestraft Karlsruhe (ots) - Der Fiskalstaat langt nicht nur offen, sondern
auch verdeckt zu. Zu diesen heimlichen Steuerlasten gehört die "kalte
Progression", die dazu führt, dass Steuerzahler trotz Lohnerhöhung
und höherem Brutto weniger Netto auf dem Konto haben, weil der stets
steigende Steuertarif und die Inflation den Einkommenszuwachs
auffressen. Dadurch nimmt der Staat jährlich mindestens drei
Milliarden Euro ein. Doch die Chancen, dass dieses Ärgernis endlich
abgeschafft wird, stehen offenbar nicht gut. Noch kurz vor den Wahlen
hatte mehr...
- Saarbrücker Zeitung: Grünen-Chefin Peter setzt bei Energiewende auf mehr Druck im Bundesrat - Skepsis über Schwarz-Grün bekräftigt Saarbrücken (ots) - Die neue Vorsitzende der Grünen, Simone Peter,
hat mehr Druck ihrer Partei auch gegen die SPD angekündigt, um
wichtige Themen wie die Energiewende voranzutreiben. "Da ist von den
Kohlefreunden in Union und SPD nichts Gutes zu erwarten", sagte Peter
der "Saarbrücker Zeitung" (Montag-Ausgabe).
Die Grünen würden ihren Einfluss im Bundesrat geltend machen, "um
den stotternden Motor der Energiewende wieder in Schwung zu bringen",
erklärte Peter. Ihre Partei sei in sechs Landesregierungen vertreten,
mit Hessen demnächst mehr...
- Mitteldeutsche Zeitung: Hochschulen
Rechtsmedizin nur in Halle? Halle (ots) - Die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg will
offenbar zugunsten der Martin-Luther-Universität Halle auf ihr
Institut für Rechtsmedizin verzichten. Wissenschaftsminister Hartmut
Möllring (CDU) bestätigte der in Halle erscheinenden Mitteldeutschen
Zeitung (Montagausgabe) Informationen aus der Landespolitik, wonach
es künftig nur noch ein Institut in Halle geben soll. Die Uni
Magdeburg erklärte auf Anfrage, es sei "noch nichts entschieden".
Beide Institute sind seit Jahren defizitär, die Gebührensätze etwa
für Untersuchungen mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|