Stromkosten spalten deutsche Industrie
Geschrieben am 23-10-2013 |
Berlin (ots) - Preise für Großverbraucher unter EU-Schnitt
gesunken / Kostendifferenz zwischen großen und kleinen Unternehmen
nirgendwo in Europa extremer als in Deutschland / Spannungen im BDI
Die Belastungen durch die Energiewende treiben einen immer
tieferen Keil in die deutsche Industrie. Wie das Wirtschaftsmagazin
'Capital' in seiner aktuellen Ausgabe (11/2013, EVT 24. Oktober)
berichtet, ist die Differenz beim Strompreis zwischen der
Großindustrie und kleineren energieintensiven Unternehmen
mittlerweile nirgendwo in Europa so extrem wie in Deutschland. Das
geht aus Zahlen des EU-Statistikamtes Eurostat für das erste Halbjahr
2013 hervor, die das Magazin ausgewertet hat.
Demnach bezahlen die größten industriellen Verbraucher in
Deutschland ohne Abgaben knapp 6,4 Cent pro Kilowattstunde. Der
Durchschnitt in der Europäischen Union liegt für den Verbrauch ab 70
Gigawattstunden pro Jahr bei rund 7 Cent. Selbst die französische
Industrie, die vom billigen Atomstrom profitiert, bezahlt inzwischen
nur noch 0,4 Cent pro Kilowattstunde weniger als deutsche
Konkurrenten. Im Jahr 2006 waren es noch 4 Cent weniger. Von Abgaben
und Steuern sind Großverbraucher in Deutschland weitgehend befreit.
Bei mittelgroßen Industrieunternehmen, die häufig Abgaben wie die
EEG-Umlage bezahlen müssen, zählen die Stromkosten in Deutschland
dagegen zu den höchsten in der EU. Bei einem Jahresverbrauch zwischen
2 und 20 Gigawattstunden liegt der deutsche Schnitt den Daten zufolge
bei 12,8 Cent pro Kilowattstunde. Der EU-Durchschnitt beträgt rund 11
Cent.
Hintergrund der Preisschere sind einerseits Ausnahmeregeln für die
Industrie bei der Ökostromförderung. Während Großverbraucher von
weitgehenden Rabatten bei der EEG-Umlage profitieren, sofern die
Stromkosten mehr als 14 Prozent der Wertschöpfung ausmachen, müssen
Betriebe, die die Grenzwerte nicht erreichen, die steigenden
Belastungen voll tragen. Zum anderen profitieren Konzerne, die ihren
Strom über die Börse beschaffen, von den drastisch gesunkenen
Großhandelspreisen. Die Preise an der Leipziger Strombörse EEX sind
auf den niedrigsten Stand seit Mitte des vergangenen Jahrzehnts
gefallen - nicht zuletzt wegen der wachsenden Einspeisung
erneuerbarer Energien.
Wie 'Capital' weiter berichtet, sorgt die Kluft bei den
Strompreisen auch zu Spannungen innerhalb des Bundesverbands der
Deutschen Industrie (BDI). "Wir sehen das Auseinanderdriften der
Industrie bei den Strompreisen mit Sorge. Die Verteilung der Lasten
ist derzeit nicht fair, das ist doch klar", sagte ein BDI-Insider dem
Magazin.
Dagegen warnte der Stahlkonzern ThyssenKrupp vor Kürzungen bei den
Rabatten. Eine Abschaffung der kompletten Umlagebefreiung für selbst
produzierten Strom, die Teil einer EEG-Reform werden könnte, würde
den Konzern nach internen Berechnungen 2014 mit mehr als 200
Millionen Euro belasten. ThyssenKrupp deckt zwei Drittel seines
Strombedarfs von mehr als fünf Terawattstunden im Jahr mit eigenen
Kraftwerken. Wie das Unternehmen auf Anfrage von 'Capital' angab,
zahlt es 2013 einen Selbstbehalt von 40 bis 50 Millionen Euro
EEG-Umlage. Darüber hinaus drohen Kosten von weiteren 40 Millionen
Euro aus strittigen Härtefallanträgen. "Solche Belastungen müssen
internationale Wettbewerber nicht schultern", sagte Gunnar Still,
Leiter der Abteilung Umweltschutz bei ThyssenKrupp.
Pressekontakt:
Thomas Steinmann, Redaktion 'Capital'
Tel. 030/220 74-5119
E-Mail: steinmann.thomas@capital.de
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