Börsen-Zeitung: Anti-Klimax, Kommentar zum EZB-Bilanztest von Bernd Neubacher
Geschrieben am 23-10-2013 |
Frankfurt (ots) - Als veritable Anti-Klimax wird mancher Banker
empfinden, was EZB-Generaldirektor Ignazio Angeloni am Mittwoch zum
anstehenden Bilanztest preisgegeben hat. Denn die Folgen der sich bis
Herbst kommenden Jahres hinziehenden Prüfung für die Institute lassen
sich nach dem Briefing im Eurotower nicht viel klarer abschätzen als
zuvor. Ein Grund: Die EZB muss das Design des sich an die
Bilanzbestandsaufnahme anschließenden Stresstests erst mit der noch
amtierenden EU- Bankenaufsichtsbehörde EBA klären. Ein weiterer
Grund: Solange die EZB die Branche im Dunkeln tappen lässt in der
Frage, wie sie die Ergebnisse der sogenannten Asset Quality Review
und des Stresstests bei Festlegung etwaigen Kapitalbedarfs gewichten
wird, geht das Rätselraten weiter. Die EZB öffnet damit Spekulationen
über einzelne Banken Tür und Tor.
So bitter dies für die Banken sein mag - aus Sicht der Notenbank
ist es wohl die beste Lösung, dem Markt ein paar Brocken hinzuwerfen,
sich letztlich aber alle Optionen offenzuhalten. So dürfte die
Nachricht, dass die EZB zwar 8% harte Kernkapitalquote nach Basel III
verlangt, dabei aber - was die Definition des Kapitals angeht - die
sich bis 2019 erstreckenden Übergangsregeln zugrunde legt, viele
Banker aufatmen lassen. Europas Schwergewichten fordern die Anleger
längst 10% ab, und dabei unterstellen sie eine volle Umsetzung von
Basel III. Der Unterschied kann gewaltig sein. Bei der Deutschen Bank
etwa hüpft die harte Kernkapitalquote per Ende Juni flugs von 10% auf
14,8%, wird das Kapital nach den Übergangsregeln definiert und nicht
die schon volle Umsetzung vorausgesetzt. Bei solchen Aussichten
dürfte es den Euro-Staaten leichter fallen, Staatshilfen zuzusagen,
um im Notfall sich auftuende Kapitallöcher zu stopfen. Der EZB käme
dies nicht zufällig zupass.
Die EZB platziert die Latte zunächst einmal auf Knöchelhöhe. Je
nachdem, was Aufseher und Prüfer in den Bilanzen zutage fördern
werden, kann sie diese in den kommenden Monaten immer noch
höherlegen. Schuldenhebel, Refinanzierung, Stress-Szenarien,
Bewertungsfragen - Instrumente gibt es zuhauf. Denn eines ist gewiss:
Fällt das Testergebnis zu negativ aus, verschreckt die EZB die
Anleger; fällt es nicht negativ genug aus, verliert sie an Vertrauen.
Entsprechend muss die Notenbank in den kommenden Monaten nicht nur
die Erwartungen steuern und vor allem den Informationsfluss
kontrollieren. Die Kunst wird sein, dies in Einklang zu bringen mit
einem Resultat, das auch unter dem Aspekt der Finanzstabilität taugt.
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