Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Hoeneß
Geschrieben am 04-11-2013 |
Bielefeld (ots) - In Steuerfragen wird gerne bagatellisiert oder
dramatisiert. Je nach Betroffenheit. Verschwendet der Staat
Milliarden aus Sicht des Steuerzahlerbundes, ist die Aufregung bei
den Steuerzahlern groß. Wird die Summe der Steuerhinterziehungen in
Deutschland publik, beide Summen haben sich jeweils bei rund 30
Milliarden eingependelt, ist es erstaunlich ruhig. Es sei denn, ein
Reicher hat versucht, noch reicher zu werden oder reich zu bleiben.
Bei Uli Hoeneß war und ist der Aufschrei besonders heftig. Chef eines
Fußballklubs, der polarisiert, Ex-Profi-Fußballer, gut bezahlter
Manager und Fleischfabrikant: Ja kriegt der denn nie genug? Alles
richtig, aber nicht redlich. Denn wie die oben genannten Zahlen
vermuten lassen, betrügen nicht nur Millionäre. Dennoch beweist der
Fall Hoeneß abermals, dass es noch so manches Steuerschlupfloch zu
stopfen gilt. Das Abkommen mit der Schweiz ist am Widerstand des
Bundesrates gescheitert, was die Beziehungen mit dem Nachbarland
erschwert. Der deutsche Fiskus darf vorerst weiter Steuer-CDs
ankaufen - eine einträgliche, aber moralische zweifelhafte Methode,
um Steuersündern auf die Spur zu kommen. Immerhin kann Deutschland im
Streit mit der Schweiz auf Rückendeckung der führenden
Industrienationen setzen. So wurde beim G20-Gipfel Anfang September
eine wichtige Grundsatzentscheidung getroffen: Alle Staaten sollen
sich künftig gegenseitig über steuerrelavante Daten informieren -
automatisch und unabhängig von der Frage, ob ein Verdacht auf
Steuerbetrügereien besteht. Das bedeutet nichts weniger als das
Austrocknen aller Steueroasen - auch wenn dieses hehre Ziel erst noch
in die Tat umgesetzt werden muss. Uli Hoeneß wird ab dem 10. März vor
Gericht die Lederhosen runterlassen müssen, um eine langjährige
Gefängnisstrafe zu verhindern. Das ist rechtens und das ist richtig.
Aber genauso wenig wie es eine Promi-Schonung durch das Gericht geben
darf, sollte es einen Promi-Malus geben - weder durch Justiz, Medien
oder die Öffentlichkeit. Hoeneß hat einen gewaltigen Fehler gemacht.
Nicht weniger, aber auch nicht mehr. So sollte es bei der
Urteilsbemessung auch keine Rolle spielen, wie karitativ, wie
fürsorglich der Mensch Hoeneß gewesen ist. Selbst wenn er da geholfen
hat, wo es andere nicht taten. Auch wenn man Millionen karitativ
einsetzt, darf man nicht quasi als Ausgleich Gelder in der Schweiz
verstecken, wie es Hoeneß getan hat. Dass es einen Unterschied
zwischen Recht und Gerechtigkeit gibt, bekommen Jurastudenten
vorsorglich schon in der Einführungsvorlesung zu hören. Aber es wäre
doch schön, wenn das im Fall Hoeneß nicht so wäre - und das Urteil
keinen Anlass gäbe zu Bagatellisierung oder Dramatisierung.
Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261
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