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"Die Heilige Schrift als Maß und Mitte evangelischer Urteilsbildung"/ Nikolaus Schneider hält Ratsbericht vor EKD-Synode in Düsseldorf

Geschrieben am 10-11-2013

Hannover (ots) - Der Vorsitzende des Rates der Evangelischen
Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, hat am heutigen
Sonntag vor der 6. Tagung der 11. Synode der EKD seinen Ratsbericht
gehalten.

Unter dem Titel "Die Heilige Schrift als Maß und Mitte
evangelischer Urteilsbildung" entfaltete Schneider die Bedeutung und
den Gebrauch der Bibel in heutiger Zeit. Schneider begann mit der
Feststellung: "Alles theologische Nachdenken über Gott und die Welt
beginnt und endet mit der Heiligen Schrift, sie ist der Schatz, das
Herz, die große Liebe der reformatorischen Kirchen." Er machte
deutlich, dass es zum "Kern reformatorischer Einsichten" gehöre "kein
Amt und keine Person anzuerkennen, das oder die Gottes Wort in
Menschenworten eindeutig und abschließend" zu definieren beanspruche,
vielmehr gelte, so der Ratsvorsitzende: "Es ist eine bleibende und
immer neue Aufgabe reformatorischer Theologie und kirchlicher
Äußerungen, die Schrift durch die Schrift im Diskurs der Glaubenden
auszulegen." Auf diesem "kommunikativen Weg" werde der
reformatorische Grundsatz "sola scriptura" verwirklicht.

In Bezug auf das seit Sommer 2013 heftig umstrittene
Familienpapier des Rates der EKD ("Zwischen Autonomie und
Angewiesenheit - Familien als verlässliche Gemeinschaft stärken")
stellte Schneider fest: "Es hat keinen Sinn, sich in der
Auseinandersetzung um die Orientierungshilfe auf einzelne
Bibelstellen zu berufen, ohne hermeneutisch zu reflektieren, was
damals konkret gemeint war."

Der Ratsvorsitzende betonte desweiteren die Wertschätzung der
evangelischen Kirche für die Ehe und sagte: "Wir machen Mut und Lust
zur lebenslangen Ehe und verstehen sie als Leitbild." Gleichzeitig
aber spreche man Alleinerziehenden, 'Patchworkfamilien' und
gleichgeschlechtlichen Partnerschaften nicht ab, dass Menschen darin
treu, vertrauensvoll, verantwortlich und liebevoll zusammenleben
können. Schneider: "Auch in ihnen kann der Segen Gottes erwartet und
erfahren werden." Und auch diese Formen familiären Zusammenlebens
verdienten kirchliche Wertschätzung und Förderung. Es sei ein
Verdienst der EKD-Orientierungshilfe, dass sie dies ausgesprochen und
dazu konkrete Vorschläge formuliert habe.

In diesem Zusammenhang dankte Nikolaus Schneider ausdrücklich der
Ad-hoc-Kommission, die die Orientierungshilfe für den Rat der EKD
erarbeitet hatte. Die Kommission habe mit ihrer Arbeit "für unsere
Kirche, für die Diakonie und die Familienverbände" wichtige Impulse
gegeben, und viele Menschen haben durch die Orientierungshilfe eine
Wertschätzung ihrer Kirche erfahren, die sie bisher vermisst hatten.
Die theologische Debatte müsse aber weitergehen, so Schneider.
Deshalb habe der Rat der EKD die Kammer für Theologie gebeten, die
theologisch-hermeneutischen Grundfragen aufzunehmen und einen Text
zum evangelischen Verständnis der Ehe zu erarbeiten.

Der Ratsvorsitzende äußerte sich auch zu den drängenden Problemen
der Flüchtlinge international und in Deutschland. Bezugnehmend auf
seine ökumenische Besuchsreise zu syrischen Flüchtlingen in Jordanien
vor einer Woche appellierte Schneider: "Unsere Botschaft ist klar und
einfach. Sie lautet: Schaut auf die Not der Flüchtlinge, gerade
angesichts des Winters, und verschließt eure Herzen nicht. Helft im
Nahen Osten und in Deutschland denen, die es jetzt wirklich
brauchen!"

Daran anknüpfend forderte Nikolaus Schneider "ein Umdenken in der
Europäischen Flüchtlingspolitik, denn: "Das großartige
Friedensprojekt Europa muss seinen Geist auch darin erweisen, dass
Humanität den Umgang mit Flüchtlingen bestimmt. Schiffbrüchige zu
retten muss zu den Aufgaben von 'Frontex' und 'Eurosur' gehören.
Fischer, die Ertrinkende retten, dürfen dafür nicht bestraft werden.
Flüchtlingsunterkünfte müssen menschenwürdige Aufnahme garantieren."
Außerdem dürfe die Forderung nach Verbesserungen der Lage in den
Herkunftsländern nicht zur Ausrede für Abschottungsmaßnahmen werden.
Der Ratsvorsitzende bekräftigte weiter: "Schutzsuchende haben einen
Anspruch auf Zugang zu einem fairen und effektiven Asylsystem, auf
welchem Weg auch immer sie Europa erreichen" und forderte eine
grundlegende Reform des "Dublin-Systems", denn, so Schneider: "Die
Verantwortung für Schutzsuchende muss unter den Mitgliedstaaten
gerecht verteilt werden." Und bezüglich der Situation an den
Europäischen Außengrenzen betonte Schneider schließlich: "Eine
ad-hoc-Rückschiebung von auf hoher See aufgegriffenen Migranten ohne
das Einräumen eines individualisierten Prüfverfahrens und ohne
Rechtsbehelf darf es nicht mehr geben", denn jeder einzelne
Flüchtling habe das Recht gehört zu werden, so wie es der Europäische
Gerichtshof für Menschenrechte in einem wegweisenden Urteil
postuliert habe.

Düsseldorf, 10. November 2013

Pressestelle der EKD

Reinhard Mawick

Der mündliche Ratsbericht ist abrufbar unter:
http://www.ekd.de/synode2013/berichte/ratsbericht.html



Pressekontakt:
Evangelische Kirche in Deutschland
Reinhard Mawick
Herrenhäuser Strasse 12
D-30419 Hannover
Telefon: 0511 - 2796 - 269
E-Mail: reinhard.mawick@ekd.de


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