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"Auf das Wirken des Heiligen Geistes vertrauen" Schlussgottesdienst der EKD-Synode - Neue Ratsmitglieder in ihr Amt eingeführt

Geschrieben am 12-11-2013

Hannover (ots) -

Sperrfrist: 12.11.2013 20:00
Bitte beachten Sie, dass diese Meldung erst nach Ablauf der
Sperrfrist zur Veröffentlichung freigegeben ist.

Es gilt das gesprochene Wort

Der ehemalige bayerische Landesbischof Johannes Friedrich hat die
evangelische Kirche dazu aufgerufen, stets um den Heiligen Geist zu
bitten und auf sein Wirken zu vertrauen. Dies sei "Grundlage all
unseres kirchlichen Handelns und Tuns", sagte Friedrich heute Abend
(12. November) im Schlussgottesdienst der 6. Tagung der 11. Synode
der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Düsseldorf. In dem
Gottesdienst wurden die beiden am Vormittag neu gewählten
EKD-Ratsmitglieder Elisabeth Gräb-Schmidt und Heinrich Bedford-Strohm
durch den Vorsitzenden des Rates der EKD, Nikolaus Schneider,
offiziell in ihr Amt eingeführt.

Im Blick auf das Schwerpunktthema der Synode "Es ist genug für
alle da - Welternährung und nachhaltige Landwirtschaft" sagte
Johannes Friedrich, Hunger, ungerechte Wirtschaftsstrukturen und
Ressourcenverbrauch seien "Themen, die jeden und jede von uns
angehen". Es sei nur dann genug für alle da, "wenn wir daran
arbeiten, dass auch wirklich alle das bekommen, was sie zum Leben
brauchen".

Johannes Friedrich, der bei dieser Synodaltagung aus dem Rat der
EKD ausgeschieden war, erinnerte an die Verheißung Jesu: "Ihr werdet
die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommend wird,
und werdet meine Zeugen sein." Mit diesem Heiligen Geist könnten sich
die Synodalen getrost daran machen, "das Zeugnis von Gottes großer
Liebe zu uns Menschen weiterzugeben".

Die seit Sonntag andauernde Tagung der EKD-Synode geht am
Mittwochmittag (13. November) zu Ende. Am Schlusstag der Synode wird
unter anderem die Verabschiedung einer Kundgebung (Erklärung) zum
Schwerpunktthema erwartet.

Düsseldorf, den 12. November 2013

Pressestelle der EKD

Reinhard Mawick
________________________________________________________________

Es gilt das gesprochene Wort

Sperrfrist: 12. November 2013 - 20 Uhr

Landesbischof i.R. Dr. Johannes Friedrich

Predigt anlässlich des

Abschlussgottesdienstes der EKD-Synode am 12. November 2013

in der Stadtkirche Düsseldorf-Kaiserswerth

Predigttext: Gen 28,15 und Apg 1,8

Ich will dich nicht verlassen, bis ich alles tue, was ich dir
zugesagt habe. Gen 28,15

Christus spricht: Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes
empfangen, der auf euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein.
Apostelgeschichte 1,8

Liebe Schwestern und Brüder!

Was kann es für eine Synode für einen schöneren Lehrtext in den
Herrnhuter-Losungen geben als den heutigen aus Apg 1,8:

Christus spricht: Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes
empfangen, der auf euch kommen wird, und (Ihr) werdet meine Zeugen
sein.

Das ist doch wunderbar, dass wir solch eine Zusage erhalten: wir
werden die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, denn ich denke, wir
dürfen diese Zusage, die damals Jesus nach dem Bericht des Lukas
seinen Aposteln gegeben hatte, auch auf uns beziehen.

Ohne die Kraft des Heiligen Geistes ist ja all unser Reden,
Debattieren, Streiten und Versöhnen nichts anderes als wir das aus
vielen säkularen Parlamenten und Diskussionsrunden kennen. Aber der
Heilige Geist ist uns verheißen!

Er will zu uns kommen in Wort und Sakrament. Und unser Handeln in
der Kirche will immer am Wort Gottes ausgerichtet sein, das hat uns
der Ratsvorsitzende ja wunderbar dargelegt.

Es soll deshalb die Grundlage all unseres kirchlichen Handelns und
Tuns, ja unserer ganzen Kirche sein: Dass wir um den Heiligen Geist
bitten und ihm vertrauen dürfen.

Wenn wir das tun, dann wird unser Leben als Kirche und in der
Kirche anders als wenn wir nicht auf ihn bauen.

Und dieses Wort Jesu geht ja noch weiter: er sagt seinen Jüngern -
und wieder sind auch wir gemeint -: "Ihr werdet meine Zeugen sein."
Das ist die Verheißung für all unser Leben, aber gerade auch für
unser Reden und Beschließen in der Synode: dass wir Zeugen des Wortes
Gottes sein wollen und dürfen, dass wir damit Menschen erreichen
können, denen wir die Liebe Gottes nahebringen wollen.

Aber: Ist das nun wirklich immer der Fall? Tun wir das wirklich?

Liebe Gemeinde,

fast 20 Jahre gehörte ich einer Synode oder anderen
kirchenleitenden Gremien an. Wir haben da ganz viel beschlossen:
Impulspapiere, Argumentationshilfen, Kundgebungen, Denkschriften,
Orientierungshilfen... Aber sind wir dadurch immer zu Zeugen des
Wortes Gottes geworden? Und andersherum gefragt: war da wohl immer
der Geist Gottes bei uns?

Liebe Synodale, diese Frage ist sinnlos. Nicht wir können sie
beantworten.

Und wir können es auch nicht erzwingen, dass der Geist Gottes bei
uns ist. Aber wir können, ja wir müssen um ihn bitten. Und wir
wissen: der Geist weht, wo er will.

Ich habe das selbst als Prediger erfahren. Ich habe einmal eine
Predigt gehalten, von der ich danach überhaupt nicht überzeugt war:
Ich hatte das Gefühl, dass ich meine Zuhörer nicht wirklich erreicht
hatte.

Beim Verabschieden an der Kirchentüre meinte ein jüngeres Paar,
sie müssten mir noch etwas zu meiner Predigt sagen. Ich bat sie in
die Sakristei und fing gleich an, mich zu verteidigen: "Ich weiß, das
war heute eine schlechte Predigt, tut mir leid..."

Aber sie unterbrachen mich: "Nein, das fanden wir gar nicht, im
Gegenteil. Wir hatten eigentlich vor, uns umzubringen, vorher aber
noch gemeinsam einen Gottesdienst zu besuchen, aber nach dem heutigen
Gottesdienst und Ihrer Predigt haben wir beschlossen, das doch nicht
zu tun."

Liebe Gemeinde, ich weiß nicht aufgrund welcher Aussagen in meiner
Predigt das Paar zu seiner Sinnesänderung kam. Objektiv gesehen war
es, glaube ich weiterhin, eine schlechte Predigt. Aber der Heilige
Geist hat gewirkt, in einer Weise, die ich nicht kenne.

Das ist keinerlei Aufforderung, schlechte Predigten zu halten. Im
Gegenteil. Denn der Heilige Geist mag bestimmt keine Schlamperei und
auch keine Faulheit. Aber es ist ein ungeheurer Trost: der Heilige
Geist weht, wo er will, und wir sollten alles tun, um ihn nicht daran
zu hindern. Zwingen können wir ihn nicht. Wir dürfen fest mit ihm
rechnen. Aber: wir können eben nicht den heiligen Geist
herbeizwingen. Deshalb ist es problematisch, wenn wir den Heiligen
Geist zu unserer Verfügungsmasse machen wollen. Wir können ihn uns
nur schenken lassen.

Und wir können ihn er-bitten und er-beten. Wir können Grundlagen
dafür schaffen, dass der Heilige Geist zu uns kommen kann und wir
können uns für ihn öffnen. Das gelingt mir, das gelingt uns aber
nicht immer.

Ob der Heilige Geist in den letzten Tagen immer bei uns war? Ich
wage es nicht, das zu beurteilen. Dies war ja keine ganz normale
Synode. Es war eine besondere mit verschiedenen Wahlakten und dabei
sicher auch mit Verletzungen bei einzelnen Personen. Das ist bei
einer demokratischen Wahl nichts Außergewöhnliches. Was die Wahlen
bei einer Synode und in der Kirche von anderen Wahlen unterscheiden
sollte, ist die Hoffnung, dass der Heilige Geist uns deutlich macht,
dass jedes Wahlergebnis zwar ein demokratisch zu akzeptierendes
Ergebnis ist, bei dem es eben auch Verlierer gibt. Aber jedes
Wahlergebnis, auch Niederlagen, sind kein Urteil über unsere Person,
über die zu urteilen allein Gott zusteht.

Wir haben gestern früh eine Bibelarbeit zur Josefsgeschichte
gehört. Ein Wort aus dieser Geschichte ist mir ganz besonders
wichtig. Man darf es nicht als billigen Trost verwenden, aber ich
kann es aus meiner Lebenserfahrung als richtig bestätigen: Was immer
uns passieren mag, "Gott gedachte es gut zu machen:" (Gen 50,20), so
heißt es da. Das hat Josef von sich und seinem Schicksal sagen
können. Und das hoffe ich, kann auch jeder und jede von uns einmal
sagen, wenn etwas in unserem Leben nicht so gelaufen ist, wie wir es
uns gewünscht und vorgestellt haben.

Und so können wir alle nur hoffen, dass wir immer dann, wenn etwas
nicht so lief, wie wir es uns gewünscht haben, Gottes Geist dann doch
Gutes dar aus hervorgehen lässt. Ich habe in meinem Leben jedenfalls
mehrfach diese Erfahrung machen dürfen.

So bleibt es für uns eine ständige Aufgabe: dem Heiligen Geist
nicht im Weg zu stehen. Wenn wir Räume schaffen, in denen der Heilige
Geist wirken kann, dann - so bin ich gewiss - können wir ihn auch
erfahren.

Dazu bedarf es aber auch einer inneren Öffnung und einer
Bereitschaft, die hellhörig macht für das, was der Geist uns zu sagen
hat.

"Glaube ist eine lebendige, verwegene Zuversicht auf Gottes
Gnade.... Und solche Zuversicht und Erkenntnis göttlicher Gnade macht
fröhlich, trotzig und lustig gegen Gott und alle Kreaturen; das wirkt
der Heilige Geist im Glauben" - so hat es Martin Luther ausgedrückt.

Und in seinem Kleinen Katechismus ergänzt Luther zum Thema
Glauben:

"Ich glaube, dass ich nicht aus eigener Vernunft noch Kraft an
Jesus Christus, meinen Herrn, glauben oder zu ihm kommen kann,
sondern der Heilige Geist hat mich durchs Evangelium berufen, mit
seinen Gaben erleuchtet, im rechten Glauben geheiligt und erhalten."

Liebe Gemeinde, darauf können auch wir vertrauen. Der Heilige
Geist beruft auch uns durch das Evangelium und will uns mit seinen
Gaben erleuchten und im rechten Glauben erhalten. Immer wieder
verlieren wir das aus dem Blick. Wir richten unsere Augen eher auf
uns und unser engstes Umfeld statt nach oben aus. Und so stehen wir
immer wieder in der Gefahr den Blick für das Wesentliche zu
verlieren, im Eigenen zu verhaften, in Lethargie zu fallen und
schließlich abzustumpfen. Doch wir dürfen darum bitten, dass wir
Gottes Geist bekommen, und dass uns dieser Geist aufweckt, erneuert,
tröstet und erhält.

Ja, manchmal hatte ich - auch bei meinem Wirken als Bischof, aber
durchaus auch auf Synoden - schon den Eindruck: Der Heilige Geist ist
irgendwie abhanden gekommen. Aber dann muss ich an meine
Predigterfahrung denken, die ich vorhin erzählt habe und tröste mich
damit, dass Gott auch auf krummen Linien gerade schreiben kann.

Er hat uns verheißen, dass wir seinen Geist empfangen werden und
darauf sollten wir uns verlassen. Denn er will uns nicht verlassen,
wie es in der Losung heißt: Ich will dich nicht verlassen, bis ich
alles tue, was ich dir zugesagt habe.

Ich denke, liebe Gemeinde, diese Zusage Gottes an Jakob in Bethel,
die uns Frau Böhme heute morgen nahegebracht hat, gilt auch für uns
und gilt auch für unsere Synode. Sie gilt auch für alles, was wir
hier mit der Bitte um den Heiligen Geist beschließen, auch zu unserem
Tagungsthema.

"Es ist genug für alle da!" - das stimmte ganz sicher in Bezug auf
die Verpflegung auf unserer Synode, für die ich sehr dankbar war.
Dennoch stand sie in einem beunruhigenden Missverhältnis zu dem
Thema, mit dem wir uns befasst haben.

Und es ist gut, dass wir uns damit befasst haben, es ist notwendig
und es wird uns hoffentlich gelingen, dieses Thema in all unsere
kirchlichen Orte und Gremien zu bringen, aber vor allem zu unseren
Mitchristinnen und Mitchristen. Damit wir alle wissen: Hunger,
ungerechte Wirtschaftsstrukturen, Ressourcenverbrauch - all das sind
Themen, die jeden und jede von uns angehen.

Und wir können nur den Heiligen Geist bitten, dass er bei all
unserem Reden dabei ist, damit wir nicht besserwisserisch reden,
sondern so, dass die Menschen dies spüren: Gottes Liebe geht so weit,
dass für alle genug da ist. Es ist genug für alle da, aber nur dann,
wenn wir daran arbeiten, dass auch wirklich alle das bekommen, was
sie zum Leben brauchen.

Frau Skupch und Bischof Dröge sagten gestern Morgen in der
Bibelarbeit sinngemäß:

Weil Versöhnung durch Jesus Christus mitten in unsere Welt
gekommen ist, ermöglicht das uns, das Reich Gottes jetzt schon, wenn
auch nicht vollkommen, zu erleben. Und so dürfen wir feste Schritte
tun, uns nicht mit den jetzigen Gegebenheiten abfinden, sondern
unsere Stimmen erheben für die, die keine Stimme haben.

Diese festen Schritte zu tun, dazu ist die Kundgebung, die Sie
morgen beschließen werden, der erste Schritt.

Wir werden morgen Mittag wieder zurückfahren an den Ort wo wir
leben, wo wir arbeiten. Wir dürfen dies tun in dem beruhigenden
Wissen der Zusage Gottes:

Ich will dich nicht verlassen, bis ich alles tue, was ich dir
zugesagt habe.

Wir dürfen dies aber auch tun, weil wir wissen, was Jesus uns
verheißen hat, der gesagt hat:

Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch
kommen wird, und werdet meine Zeugen sein.

Mit diesem Heiligen Geist im Rücken oder auf dem Kopf oder im
Herzen können wir uns getrost daran machen, das Zeugnis von Gottes
großer Liebe zu uns Menschen weiterzugeben, in Wort und in Tat, durch
unser Verhalten und durch unser Engagement, als Synodaler oder
Synodale, als Ratsmitglied oder als Präses: damit die Menschen
merken: es ist genug für alle da, genug an Gottes Liebe und darum
auch genüg um zu überleben, vor und nach dem Tod.

Und deshalb dürfen wir jetzt mit unserem Losungsbuch für heute
singen:

O treuer Hüter, Brunnen aller Güter, ach lass doch ferner über
unser Leben / bei Tag und Nacht dein Huld und Güte schweben. Lobet
den Herren!

Amen.



Pressekontakt:
Evangelische Kirche in Deutschland
Reinhard Mawick
Herrenhäuser Strasse 12
D-30419 Hannover
Telefon: 0511 - 2796 - 269
E-Mail: reinhard.mawick@ekd.de


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