Börsen-Zeitung: Wo ist da der Schaden? Kommentar zum Kirch-Prozess von Björn Godenrath
Geschrieben am 12-11-2013 |
Frankfurt (ots) - So verlockend es auch sein mag, mit Auftauchen
eines brisanten Dokumentes die Wende im Prozess der Kirch-Erben gegen
die Deutsche Bank auszurufen - dem ist nicht so. Denn die
Beweisaufnahme im sogenannten KGL-Pool-Verfahren vor dem
Oberlandesgericht (OLG) München ist längst abgeschlossen. Die Kammer
unter dem Vorsitz von Richter Guido Kotschy sieht es als erwiesen an,
dass der damalige Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer in einem Interview
spontan die Gelegenheit ergriff, dem Medienunternehmer Leo Kirch
vorsätzlich zu schaden. Das begründet einen deliktischen Anspruch,
wobei das OLG eine grundsätzliche Sanierungsfähigkeit des
Kirch-Konzerns unterstellte, um überhaupt einen wirtschaftlichen
Schaden zur Berechnung stellen zu können.
Denn hier liegt der Hase im Pfeffer: Nach allem, was man über die
Umstände der Kirch-Pleite so hören und lesen konnte, war der Konzern
schon vor dem Breuer-Interview aus dem Februar 2002 zahlungsunfähig.
Eine Kausalität Interview/Insolvenz liegt nicht vor, was das OLG in
einer aktuellen Stellungnahme explizit bestätigt - laut dem
BGH-Urteil von 2006 kann aber nur das Schadenersatz begründen. Kirchs
Schaden, so Kotschy in einer Verhandlung vom Oktober 2012, habe im
"Entzug der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit" bestanden. Die Bank
habe mit Kirch ins Geschäft kommen und ihn unter den ominösen
Schutzschild zwingen wollen. Das unterstellt jedenfalls das OLG
München.
Doch wo ist da der Schaden? Diese Frage ist nun mit Nachdruck zu
stellen, da das Protokoll einer Aufsichtsratssitzung der Axel
Springer AG von Januar 2002 vor Augen führt, dass Kirch schon lange
erledigt war. Es sei davon auszugehen, dass die Kreditgeber Kirch
kein weiteres Geld mehr zur Verfügung stellen würden, stellte
Springer-Chef Matthias Döpfner fest. Das ist natürlich Wasser auf die
Mühlen der Deutschen Bank.
Die kann mit Blick auf die anhängige Nichtzulassungsbeschwerde des
OLG-Urteils beim Bundesgerichtshof (BGH) punkten. Auch in Karlsruhe
werden Zeitungsberichte zur Kenntnis genommen. Und bei Studium der
Verfahrensakten werden die BGH-Richter nicht umhinkommen zu
hinterfragen, an welcher Stelle des Verfahrens eigentlich der Beweis
geführt wird, Breuer habe den Wert von Kirchs Restanten drücken
wollen, um sich diese billigst unter den Nagel zu reißen. Es lässt
sich nicht von der Hand weisen, dass das OLG abenteuerlich
Kausalitätsketten konstruiert. Ab Mitte Januar kann der BGH damit
beginnen, einen Justizirrtum zu beseitigen.
Pressekontakt:
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Redaktion
Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de
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