Mittelbayerische Zeitung: Mittelbayerische Zeitung (Regensburg) zur "Ukraine"
Geschrieben am 19-11-2013 |
Regensburg (ots) - von Ulrich Krökel, MZ
Der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch führt die EU derzeit
am Nasenring durch die Manege. Über Monate hinweg hat er die
Gemeinschaft glauben gemacht, er werde den Fall Timoschenko lösen.
Die Ausreise der Oppositionsführerin nach Deutschland werde den Weg
für ein weitreichendes Abkommen mit der EU freimachen. Es soll Ende
kommender Woche auf einem Gipfel im litauischen Vilnius unterzeichnet
werden. Doch Pustekuchen! Kurz vor Toresschluss zögert Janukowitsch
die Lieferung immer weiter hinaus. Gut möglich, dass er nie vor
hatte, seine Intimfeindin Timoschenko ziehen zu lassen. Er wollte die
EU schlicht über eine Linie führen, hinter der es kein Zurück gibt.
Tatsächlich wäre eine kurzfristige Absage des Vertragsschlusses in
Vilnius eine mittlere Katastrophe für die Osteuropa-Politik der EU.
Der Sieger hieße Wladimir Putin. Er will auf dem Gebiet der früheren
UdSSR eine Eurasische Union errichten. Die Ukraine ist dabei ein
Schlüsselstaat, wie sie auch den Kern der EU-Strategie der östlichen
Partnerschaft bildet, die nun zu scheitern droht. Putin reibt sich
feixend die Hände. Den EU-Außenministern, der Kommission und auch der
deutschen Bundeskanzlerin fällt zu all dem wenig ein. Sie richten
immer wieder Appelle an Kiew, stellen immer neue Ultimaten und zucken
ansonsten hilflos mit den Schultern. Europas Chefdiplomaten machen
eine erbärmliche Figur. Doch auch Kanzlerin Angela Merkel beließ es
am Montag in einer Regierungserklärung bei Floskeln. Notwendig seien
"mehr als Lippenbekenntnisse", sagte sie, kam aber selbst nicht über
Lippenbekenntnisse hinaus. Man kann sich zu Recht über die
Dreistigkeit des ukrainischen Präsidenten empören. Man kann sich aber
auch fragen, was die EU falsch gemacht hat. Die Liste der Fehler ist
lang. Sie beginnt mit der unfassbaren Ignoranz, die Brüssel und
Berlin gegenüber dem zweitgrößten Flächenstaat Europas seit Jahren an
den Tag legen. Putin hat kein Problem damit, Janukowitsch regelmäßig
zu treffen. Merkel dagegen scheint es nicht für nötig zu erachten,
den Ukrainer einmal ins Gebet zu nehmen. Der Westen betrachtet die
Ukraine als Anhängsel Russlands, das man Putin aus geostrategischen
Gründen entreißen möchte. Auch dies ist ein Kardinalfehler. Es sollte
niemanden wundern, dass die Ukrainer, die auf den Handel mit Russland
und die Energielieferungen des großen Nachbarn angewiesen sind, sich
nicht mit Hurra der EU in die Arme werfen. Die Menschen zwischen
Karpaten und Schwarzem Meer sind zu Recht stolz auf ihre
Unabhängigkeit, die sie nach langer Fremdherrschaft erst 1991
erlangten. Falsch ist es auch, stets nur auf Janukowitsch und
Timoschenko zu starren. Die Ukraine ist ein Land mit einer ungeheuer
lebendigen, politisch aktiven Gesellschaft. Bestes Beispiel dafür ist
der Erfolg, den die proeuropäische Partei des Boxweltmeisters Vitali
Klitschko hat. Mit einem starken Engagement im Land hätte die EU
längst viel mehr erreichen können als mit Ultimaten und 1000-seitigen
Verträgen. Mehr noch: Ein kurzer Absatz in dem Mammutdokument hätte
dem Projekt von vornherein einen entscheidenden Impuls geben können.
Die EU hätte lediglich auf die Selbstverständlichkeit verweisen
müssen, dass der Ukraine am Horizont der Beitritt zur Union leuchtet.
Das tut er nach den Regeln der EU ohnehin, die jeden europäischen
Staat als potenzielles Mitglied klassifizieren. Dazu aber waren die
EU-Europäer in ihrer Überheblichkeit nicht bereit. Insbesondere
Kanzlerin Merkel leistete vehement Widerstand gegen eine
ausdrückliche Beitrittsperspektive für die Ukraine. Das ist
kurzsichtig. Es geschieht der EU deshalb recht, dass sie nun der
Lächerlichkeit preisgegeben wird.
Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
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