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Börsen-Zeitung: Der Druck wächst, Kommentar zur Lage der Automobilindustrie, von Ulli Gericke.

Geschrieben am 03-12-2013

Frankfurt (ots) - Freie Fahrt für freie Bürger. In keinem anderen
Land der Welt können Autofahrer so hemmungslos das Gaspedal bis zum
Anschlag durchdrücken wie in Deutschland. Dennoch fährt die
Autoindustrie mit ihren allüberall bewunderten Premiumfahrzeugen
hierzulande auf dem Standstreifen bei Absatzzahlen um die 3 Millionen
Neuzulassungen. Im zu Ende gehenden Jahr dürften die Erstzulassungen
um fast 5% zurückgehen, 2014 erwartet der Branchenverband VDA ein
Miniplus von 2% - ein Aufschwung mit dem Fuß auf dem Bremspedal.

Nur, wo soll der Aufschwung auch herkommen? In einer alternden
Gesellschaft, in der heute schon jeder Zweite ein Auto besitzt, gibt
es kaum Bedarf über den Austausch des in die Jahre gekommenen
Gefährts hinaus. Zudem wandeln sich die Bedürfnisse junger Leute.

Vor allem in Großstädten ist der Besitz eines eigenen, immer
teurer werdenden Autos nachrangig geworden. Bahnen und Busse reichen
für die alltägliche Mobilität. Bei besonderen Anlässen schließt sich
die neue Generation per Smartphone einen der inzwischen
flächendeckend präsenten Mietwagen auf. Um künftige Kunden überhaupt
noch zu erreichen, bringen Daimler, BMW oder Citroën ganze Flotten
als Mietwagen auf die Straße. Doch ob dieses Testfahrten irgendwann
in der Zukunft auch zu einem Autokauf führen, ist hochgradig
ungewiss.

Neuzulassungen deutlich über 3 Millionen Pkw dürfte es hierzulande
also in Zukunft nicht mehr geben - eher merklich weniger, wenn die
Konjunktur lahmt. Und ob der Absatz in Westeuropa, der in den
vergangenen Krisenjahren von 15,5 auf jetzt 11,5 Millionen
Neuzulassungen geschrumpft ist, jemals wieder alte Höchststände
erreicht, ist mehr als fraglich. Kein Wunder, wenn neue Autowerke
überall auf der Welt gebaut werden, nur nicht auf dem alten
Kontinent.

Derweilen wuchten deutsche Hersteller eine neue Fabrik nach der
anderen aus dem Boden, bevorzugt in China, dem inzwischen größten
Automarkt überhaupt, mit wachsendem Abstand zu den USA. Aber auch in
anderen dynamischen Märkten entstehen neue Kapazitäten, die hiesigen
Standorten mehr und mehr Konkurrenz machen. Der Druck hierzulande
wird größer, vor allem, wenn die Energiekosten immer weiter steigen
und gesetzliche Vorgaben kommen, die die Flexibilität der
Beschäftigten einschränken. Wenn sich irgendwann die globale
Kundschaft, die drei von vier in Deutschland gefertigte Pkw abnimmt,
beim Kauf zurückhält, drohen tiefe Einschnitte. Denn ausländische
Werke produzieren weit günstiger.

(Börsen-Zeitung, 4.12.2013)



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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