Wirtschaftsrat: "Europa ist die beste Idee des letzten Jahrhunderts"
Geschrieben am 04-12-2013 |
Brüssel (ots) - Wirtschaftsrat der CDU e.V. ruft europäische
Partner auf dem Europasymposium in Brüssel zur konsequenten Umsetzung
einer gemeinsamen Wachstumspolitik auf und verabschiedet zwei
Positionspapiere zur Währungs- und Industriepolitik.
Stabiles Geld, ein zukunftsfähiger Industriestandort und ein
starker Ordnungsrahmen, der Wachstum und Disziplin verbindet, sind
die entscheidenden Schlüsselfaktoren für ein wirtschaftliches starkes
Europa. Gemeinsam mit dem Vizepräsidenten der Europäischen Kommission
Olli Rehn, Energiekommissar Günther Oettinger, ESM-Chef Klaus
Regling, Bundesbankvorstand Dr. Andreas Dombret und weiteren
hochrangigen Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft hat
der Wirtschaftsrat Brüssel auf seinem alljährlichen Europasymposium
über die Leitplanken für einen wirtschaftlichen Wachstumsschub in
Europa diskutiert. Vorgelegt hat der Wirtschaftsrat eine europäische
Agenda mit einem handfesten Maßnahmenkatalog für die Überwindung der
europäischen Krise.
Der Bundesgeschäftsführer des Wirtschaftsrats, Dr. Rainer Gerding,
sieht die europäische Staatengemeinschaft in der Pflicht, sich ohne
Wenn und Aber zu einer Wachstumsagenda zu bekennen. "Alle wollen ein
starkes, selbstbewusstes und wirtschaftlich konkurrenzfähiges Europa.
Einen Innovationsstandort, der es mit den boomenden Volkswirtschaften
jenseits des Atlantiks aufnehmen kann und den Konkurrenten USA nicht
zu fürchten braucht. Die europäischen Regierungen haben aber
scheinbar vergessen, dass die Sicherung von Wohlstand und politischer
Stabilität auch in Europa eine Herkulesaufgabe geworden ist. 28
EU-Mitgliedstaaten mit 28 gleichberechtigten Kommissaren ringen um
die Ausgestaltung der Marke Europa und das Klein-Klein ist leider
viel zu oft zum bestimmenden Faktor im europäischen
Institutionengefüge geworden. Was wir brauchen, ist eine neue
Kommission, die sich eine klare Agenda für Wachstum und Innovation
auf die Fahnen schreibt. Schon mit einer konsequenten Öffnung des
europäischen Dienstleistungsmarktes wäre eine Steigerung des realen
BIP der EU um bis zu 2,3 Prozent über mehrere Jahre erreichbar.
Derzeit liegt die Prognose für die Wachstumsrate des realen BIP pro
Kopf für 2014 bei 1,1 Prozent und damit noch 0,8 Prozent hinter den
Vereinigten Staaten von Amerika."
Geld- und Fiskalpolitik
Der Wirtschaftsrat ruft die Regierungen Europas auf, zur strikten
Trennung von Geld- und Fiskalpolitik zurückzukehren und die
Zentralbanken nicht mit ihrer neuen Aufgabe als oberster
Krisenmanager zu überfordern. Dieses führt letztendlich nur zu den
bekannten Ziel- und Interessenkonflikten. Elementar für das Vertrauen
in europäische Institutionen ist auch die Erhöhung der Transparenz
bei EZB-Entscheidungen, die durch die verbindliche Offenlegung von
Sitzungsprotokollen des EZB-Rats gewährleistet wird. So lässt sich
erkennen, mit welchen Argumenten um die Entscheidungen gerungen wird
und die Politik findet für den Bürger nicht hinter verschlossenen
Türen statt. "Ein großer Bestandteil der Krise ist auch der
Akzeptanzverlust, der der europäischen Politik in den Nationalstaaten
widerfährt und am Beispiel Griechenland gut zu verfolgen ist", so
Gerding. Weiterhin lehnt der Wirtschaftsrat Eurobonds wie eine
unbeschränkte Gemeinschaftshaftung ab und spricht sich für die
Konditionalität von Finanzhilfen aus. Eine Transaktionssteuer muss
als wachstumsfeindlich abgelehnt werden und kann maximal bei einer
europaweiten Umsetzung zugelassen werden. Bei der Bankenunion gilt
das Prinzip "Sorgfalt vor Schnelligkeit". Insbesondere der heimlichen
Vergemeinschaftung von Risiken durch die Hintertür muss ein Riegel
vorgeschoben werden.
Industrie- und Energiepolitik
Momentan liegt der Industrieanteil am BIP in Europa nur bei 16
Prozent und es ist ein Trend der schleichenden Deindustrialisierung
zu erkennen. Gleichzeitig besitzt die USA als größte Energiemacht
gegenüber Europa einen ganz entscheidenden Wettbewerbsvorteil durch
sinkende Energiepreise. Der Wirtschaftsrat warnt davor, die eigenen
Chancen auf dem globalen Markt zu beschneiden, wenn die Belastungen
der Industrie durch den Ausbau der erneuerbaren Energien und
Klimaschutzmaßnahmen nur einseitig innerhalb Deutschlands und Europas
ansteigen.
Als langfristiges Ziel muss der EU-Emissionshandel ins Zentrum der
europäischen Klima- und Energiepolitik rücken und auch Investitionen
in erneuerbare Energien sollten in Zukunft vom European Union
Emission Trading System (EU ETS) ausgelöst werden. Weitere
Zielsetzungen der EU-Klimapolitik dürfen nur umgesetzt werden, wenn
neue Technologien wie Carbon Capture and Storage (CCS) genutzt werden
können und mindestens zwei Drittel der Industriestaaten einem
verbindlichen globalen Klimaregime zustimmen. Eine strukturelle
europarechtskonforme Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG)
muss für die neue Bundesregierung oberste Priorität haben, wobei die
Einführung einer verpflichtenden Direktvermarktung mit fixer
Marktprämie für alle Neuanlagen gelten muss.
"Eine längst überfällige Vollendung des EU-Energiebinnenmarkts
wird ganz deutlich komparative Kostenvorteile für Europa mit sich
bringen. Die Generaldirektion Energie der Europäischen Kommission
geht von einem möglichen Einsparvolumen von jährlich bis zu 100
Milliarden Euro aus, wenn der Ausbau der erneuerbaren Energien
europaweit koordiniert und der Energiebinnenmarkt vollendet werden
würde. Die derzeitige Flickschusterei muss schnellstmöglich beendet
werden. Einer staatsgetriebenen Subventionsspirale durch einseitige
Fördermechanismen können wir effektiv und ganz gezielt durch
europaweit technologieoffene Rahmenbedingungen auf dem europäischen
Energiemarkt entgegenwirken. Durch das jetzige System mit nationalen
Lösungen werden die Systemkosten für alle Verbraucher unnötig
erhöht." Gerding betont, dass alle Maßnahmen ohne Änderungen des
EU-Vertrags umsetzbar sind. Sie erfordern lediglich ein nachhaltiges
Bekenntnis der europäischen Staats- und Regierungschefs zum
Innovationsstandort Europa.
Europawahl 2014
Das Europasymposium kommt zum rechten Zeitpunkt. In vielen Ländern
der Europäischen Union haben rechtspopulistische Parteien großen
Zulauf und konnten sich als politische Kräfte etablieren. Neben
einwanderungs- und fremdenfeindlichen Parolen bedienen sie sich
zunehmend euroskeptischer und antieuropäischer Positionen. "Mit Blick
auf die anstehenden Europawahlen dürfen wir nicht länger tatenlos
zusehen, wie die wirtschaftspolitisch beste Idee des letzten
Jahrhunderts von Demagogen schlecht gemacht wird. Die Europäische
Integration ist und bleibt der Grundpfeiler einer europäischen
Wirtschaftspolitik", so der Bundesgeschäftsführer zum Abschluss der
Veranstaltung.
Pressekontakt:
Michael Schweizer
Bereichsleiter
Kommunikation und IT
Wirtschaftsrat der CDU e.V.
Telefon: 030 / 240 87-301
Telefax: 030 / 240 87-305
pressestelle@wirtschaftsrat.de
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