Thüringische Landeszeitung: Kommentar: Die Abnicker-CDU
Geschrieben am 09-12-2013 |
Weimar (ots) - Verkehrte Welt: Die SPD wird die Große Koalition
inhaltlich dominieren und muss sich durch einen Mitgliederentscheid
zittern. Die CDU hingegen räumt viele ihrer Positionen, und auf einem
kleinen Parteitag gibt es nicht einmal eine einzige Stimme gegen die
Große Koalition. Mehr an Selbstaufgabe ist kaum möglich. Wer in der
CDU eigene Meinungen pflegt, wird gnadenlos abgestraft und
ausgegrenzt.
In den letzten Jahren der Regierung Kohl wurde die CDU wegen ihrer
machtorientierten Fügsamkeit als Kanzler-Wahlverein verspottet. Doch
verglichen mit den Christdemokraten von heute war Kohls CDU überaus
lebendig und diskussionsfreudig. Es gab Flügel, die schlugen, und
Vor- und Querdenker wie den umtriebigen Heiner Geißler oder den
besserwisserischen Kurt Biedenkopf. Es wurde um Inhalte gerungen.
Heute werden schlecht aushandelte Koalitionsverträge verordnet.
Es ist schon abenteuerlich, wenn mancher berufsjugendliche
Christdemokrat plötzlich schüchtern Kritik am Koalitionsvertrag übt,
obwohl er ihn vorher mit ausgehandelt oder verteidigt hat und ihm
schließlich sowieso zustimmt. Muttis Enkel achten auch beim Spielen
auf die Bügelfalten ihrer Hosen. Philipp Mißfelder, Anführer der
einst selbstbewussten und frechen Jungen Union, ist ein typischer
Vertreter dieses wohldosierten Mutes vor dem braven Abnicken.
Der Kitt, der die CDU noch zusammenhält, ist die enorme
Bindungswirkung, die Kanzlerin Merkel mit ihrer relativen
außenpolitischen Gradlinigkeit und ihrem innenpolitischen Kurs der
steuerfinanzierten Beliebigkeit entfaltet. Aber wenn Merkel nicht
mehr als Kanzlerin oder Kandidatin zur Verfügung steht, wird sich die
Union ihrer tiefen Sinnkrise bewusst werden. Frei von klarem Profil
und charakterstarkem Führungspersonal.
Von Bernd Hilder
Pressekontakt:
Thüringische Landeszeitung
Chef vom Dienst
Norbert Block
Telefon: 03643 206 420
Fax: 03643 206 422
cvd@tlz.de
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