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Westfalen-Blatt: zum Thema Zuwanderung in der EU

Geschrieben am 29-12-2013

Bielefeld (ots) - Die Parole ist so platt wie plakativ, und sie
soll es auch sein. »Wer betrügt, der fliegt«, posaunt es aus Bayern.
Die CSU läuft sich warm - für ihre Klausurtagung in Wildbad Kreuth
und für die anstehenden Wahlen. Die Methode: Stimmungsmache gegen
Rumänen und Bulgaren, Generalverdacht nicht ausgeschlossen. 2014
wird in Bayerns Kommunen und in Europa gewählt. »Armutsmigration«
lautet da das - allein schon grob verkürzende - Stichwort, das Horst
Seehofer auf die Tagesordnung gesetzt sehen will. Ein Thema wie
gemacht für den CSU-Chef - knüpft es doch ein Band zwischen den
Alltagssorgen der Menschen und dem abstrakten Gebilde Europäische
Union. Und Seehofers politisch unkorrekter Plan scheint (wieder
einmal) aufzugehen. Die SPD empört sich erwartungsgemäß,
Migrationsforscher warnen vor (immer gefährlichen)
Pauschalisierungen. Aus den Städten und Gemeinden aber sind andere
Stimmen zu hören. Tenor: Ja, wir haben da durchaus ernsthafte
Probleme. Niemand übernimmt den CSU-Duktus, aber in der Sache gibt es
Zustimmung. Populist Seehofer ist wieder in seinem Element. Die zum
1. Januar 2014 nach langen Übergangszeiten greifende Freizügigkeit
für Rumänen und Bulgaren genügt der CSU, um sich als Bewahrer
bayerischer Interessen zu stilisieren. Als Stimme der
Mehrheitsbevölkerung daheim wie gegenüber den Mächten aus dem fernen
Europa. Der CSU-Kurs mag durchsichtig sein, man kann ihn sogar für
perfide halten. Doch mit Sozialromantik allein wird man der Debatte
nicht Herr. Man muss immer wieder erklären, dass Europa uns in großer
Zahl gut ausgebildete Fachkräfte beschert, die ihren Beitrag leisten,
dass die deutsche Wirtschaft floriert. Deutschland profitiert nicht
nur von diesen Zuwanderern, Deutschland benötigt sie sogar
händeringend angesichts seiner Demographie. Man muss aber ebenso klar
sagen, dass natürlich auch Armutsflüchtlinge einwandern. Das ist in
jedem Einzelfall verständlich und aus Sicht der Zuwanderer sogar
höchst rational. Die Integration jedoch muss so auf Dauer misslingen.
Das Sozialsystem darf nicht der einzige Anreiz sein, nach Deutschland
zu kommen. Sonst verlieren auch die Migranten ihre Würde. Für dieses
offenkundige Problem eine Lösung zu finden, ist gewiss nicht einfach,
aber Aufgabe der Politik. Schließlich sind die Beschlüsse über die
Aufnahme weiterer Länder in die EU und die damit verbundene
Arbeitnehmerfreizügigkeit ja auch von der Politik gefällt worden. Im
Übrigen unter Zutun der CSU, woran man Herrn Seehofer erinnern darf.
Und man darf von einer Regierungspartei wie der CSU neben Populismus
auch Programmatik erwarten. Konkret: wie es gelingt, wenn nicht
gleiche Lebensverhältnisse, so aber doch möglichst gleiche
Entwicklungschancen in den EU-Mitgliedsländern herzustellen.
Andernfalls verfestigen sich nämlich nicht nur die wirtschaftlichen
Unterschiede, sondern auch die sozialen Spannungen in Europa. Und das
allem Wahlkampfgetöse zum Trotz.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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