DER STANDARD-Kommentar: "Adieu, Vollbeschäftigung" von Eric Frey
Geschrieben am 02-01-2014 |
Älteren Arbeitslosen kann geholfen werden, den
Unqualifizierten hingegen kaum (Ausgabe ET 3.1.2014)
Wien (ots) - Bei der Arbeitslosigkeit befindet sich Österreich in
einer seltsamen Lage: Das Land weist die niedrigste Quote in der EU
auf, aber die zweithöchste in seiner modernen Geschichte. Noch nie
haben so viele Menschen einen Job gesucht, aber auch noch nie waren
so viele beschäftigt. Und einiges, was Experten seit Jahren vehement
fordern - bessere Kinderbetreuung, damit Mütter früher wieder
arbeiten können, ein Anstieg des Pensionsantrittsalters -, wird das
Arbeitslosenproblem in den kommenden Jahren noch weiter verschärfen.
All das zeigt, dass es für dessen Lösung keine Patentrezepte gibt.
Österreich hat in den vergangenen Jahrzehnten vieles richtig gemacht,
vor allem im Bereich der Lehrlingsausbildung und Jugendbeschäftigung,
aber auch die Zahlen durch Frühpensionen geschönt. Eine rigide
Arbeitszeitverkürzung, wie sie in Frankreich probiert wurde, hat sich
als Bumerang erwiesen. Aber auch der deutsche Weg, durch eine Kürzung
der Notstandshilfen und die Schaffung eines Niedriglohnsektors die
Menschen zurück in den Arbeitsmarkt zu drängen, eröffnet neue soziale
Probleme, nämlich die der Millionen "working poor" , die sich
Österreich lieber ersparen will.
Zustände wie in Griechenland, Spanien oder auch Italien wird es
hierzulande sicherlich nicht geben. Aber unsere international
bewunderte Insel der Seligen ist immer mehr den Stürmen der
Globalisierung und des technologischen Wandels ausgesetzt, die den
Erhalt der Vollbeschäftigung erschweren.
Was tun? Vor Ausbruch der Weltfinanzkrise haben
Wirtschaftsforscher wie Wifo-Chef Karl Aiginger noch bei jeder
Gelegenheit Maßnahmen zur Ankurbelung der Konjunktur gefordert, um so
die Arbeitslosigkeit einzudämmen. Doch nun räumt er selbst ein, dass
die Wachstumsraten von früher nicht wiederkehren werden. Die für 2014
prognostizierten 1,8 Prozent entsprechen ungefähr dem
durchschnittlichen Wachstumspfad der kommenden Jahre. Das sichert all
jenen, die feste Jobs haben, den Lebensstandard, nicht aber den
Menschen am Rande unserer Arbeitswelt.
Diese teilen sich derzeit in zwei Gruppen: die älteren
Arbeitnehmer, die ab 50 aus den Betrieben herausgedrängt werden, und
die schlecht bis nicht Qualifizierten.
Für die erste Gruppe gibt es Hoffnung. Schließlich haben die
meisten jahrzehntelang ihre Fähigkeiten unter Beweis gestellt, und
nur die wenigsten sind zu krank zum Weiterarbeiten. Eine Änderung
der Unternehmenskulturen, neue finanzielle Anreize und flachere
Lohnkurven sollten eigentlich ausreichen, damit trotz späterer
Pensionierungen die Altersarbeitslosigkeit nicht weiter steigt.
Schlechter schaut es für all jene aus, die weder in der Schule
noch im Job etwas gelernt haben. Sie werden in der Industrie von
Maschinen verdrängt und im Dienstleistungssektor von Zuwanderern.
Hier kann der Sozialminister zwar an zahlreichen kleinen Schrauben
drehen, die Rudolf Hundstorfer gerne auflistet. Aber solange an
Österreichs Schulen Migrantenkinder weniger Chancen haben als
anderswo, wird der Pool der von Jugend an Unvermittelbaren kaum
schrumpfen.
Und selbst wenn es wider Erwarten doch noch zur großen
Bildungsreform kommt, wird die Vollbeschäftigung von einst nicht
wiederkehren. Selbst wenn die Politik sich noch so bemüht, können
nicht alle mit den immer härteren Anforderungen der neuen Arbeitswelt
mithalten.
Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom
*** OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER
INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT ***
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
504543
weitere Artikel:
- Westfalen-Blatt: zum Thema Beschäftigungsrekord Bielefeld (ots) - Im siebten Jahr in Folge ist Beschäftigung in
Deutschland gewachsen. Nahezu 42 Millionen Menschen haben Arbeit -
ein schöner Erfolg, oder? Ja, unbestritten. Die starke Konjunktur
befeuert den Arbeitsmarkt. Der Anstieg ist um so erstaunlicher, als
die Produktivität der Wirtschaft ja ebenfalls wächst und rechnerisch
immer weniger Arbeitskraft benötigt wird. Dennoch sollte das
Jobwunder nicht allzu laut bejubelt werden. Denn wahr ist auch, dass
die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden weit weniger stark gestiegen
ist mehr...
- Westfalen-Blatt: zum Thema Fiat/Chrysler Bielefeld (ots) - Als Techniker ist Ferdinand Piëch über jeden
Zweifel erhaben. Und als Stratege hat er im Lauf der Jahrzehnte die
Konkurrenz - auch die im eigenen Haus - mehr als nur einmal düpiert.
Der Patriarch des VW-Konzerns war es auch, er einstmals anmerkte,
dass, wenn sich zwei Schwerkranke gemeinsam ins Bett legen, das
Siechtum nur noch schneller vonstatten gehe. Gedankenspiele dieser
Art gab es auch, als der Chef des hochverschuldeten Fiat-Konzerns,
Sergio Marchionne, 2009 den Einstieg beim von der Insolvenz bedrohten
US-Autobauer mehr...
- WAZ: Politisiertes RWE im Krisenmodus. Kommentar von Thomas Wels Essen (ots) - Dem RWE-Konzern steht im April eine äußerst muntere
Hauptversammlung bevor. RWE-Chef Terium wird den Anteilseignern
erklären müssen, wie er das Unternehmen aus seiner schwersten Krise
führen und aus einem gestrigen Geschäftsmodell eines mit Zukunft
machen will. Als wäre das in Zeiten der Umbrüche auf dem Energiemarkt
nicht schon schwer genug, hat es Terium auch noch mit einer
Aktionärsstruktur zu tun, die von vorgestern ist. Die Beteiligung der
Kommunen von rund 25 Prozent stammt aus den Anfängen des 20.
Jahrhunderts. mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Arbeitsmarkt / Erwerbstätigenzahlen Osnabrück (ots) - Mit hohen Risiken
Man kann es nicht oft genug sagen: Die Unkenrufe, dass die prekäre
Beschäftigung in Deutschland fröhliche Urständ feiert, sind falsch.
Die Zahlen aus Wiesbaden belegen dies für 2013 ein weiteres Mal. Zwar
zeigen sie einen deutlichen Anteil an geringfügigen Jobs. Er ist aber
zum einen erneut spürbar gesunken und nicht etwa gestiegen. Zum
anderen geht ein Teil davon auf den Wunsch zurück, sich etwas
dazuzuverdienen, und ist daher Ausdruck einer größeren
gesellschaftlichen Flexibilität sowie höherer mehr...
- Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zu Billig-Textilien: "Wer näht am billigsten?" von Martin Anton Regensburg (ots) - Bei den aktuellen Streiks in Kambodscha stehen
vor allem die Fabrikbesitzer und auch die Sicherheitskräfte in der
Kritik. Doch auch die Auftraggeber haben Schuld an den Zuständen in
asiatischen Kleiderfabriken. Nachdem Fabrikunglück in Bangladesch
stand die Kleidungsproduktion in der öffentlichen Kritik. Einige
Textilunternehmen verabschiedeten daraufhin ein Abkommen für
Brandschutz und Gebäudesicherheit, versprachen, mehr auf die
Einhaltung internationaler Standards zu achten, und verwiesen auf die
bestehenden mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Wirtschaftsnews
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
DBV löst Berechtigungsscheine von knapp 344 Mio. EUR ein
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|