Lausitzer Rundschau: Szenen einer Ehe
Noch fehlt der Großen Koalition das innere Gefüge
Geschrieben am 08-01-2014 |
Cottbus (ots) - Bei der Auftaktsitzung des Kabinetts am Mittwoch
soll es laut Regierungssprecher Steffen Seibert viel "Vorfreude" auf
die künftige Zusammenarbeit gegeben haben. Mag sein. Fakt ist jedoch,
die Große Koalition ist so in ihr erstes Jahr gestartet, wie eine Ehe
sonst eher endet: ohne Leidenschaft und voller Misstrauen.
Verwunderlich ist das aber nicht. Anders als 2005 ist die SPD diesmal
absolut widerwillig in das Bündnis mit der Union gegangen, und anders
als 2005 herrscht in der CDU weiterhin der Eindruck vor, dass der
Koalitionsvertrag zu sehr eine sozialdemokratische Handschrift trägt
- damit die des Wahlverlierers. Das macht in beiden Parteien Lust auf
Alleingänge und Konfrontation, wie die Konflikte um die
Vorratsdatenspeicherung oder um die vereinbarte Einführung des
flächendeckenden Mindestlohns von 8,50 Euro belegen. Als Dritte im
Bunde trägt auch die CSU einen erheblichen Anteil zum verkorksten
Auftakt bei - wenn nicht sogar den größten: Sie feilt derzeit
vehement an ihrem Image des großkoalitionären Querulanten - Stichwort
Armutszuwanderung -, um einerseits zwischen CDU und SPD auf Dauer
nicht zerrieben zu werden. Und um andererseits die Kommunalwahl Mitte
März in Bayern und die Europawahl Ende Mai zu gewinnen. Wenn die
vorüber sind, dürfte sich der christsoziale Populismus wieder
deutlich abschwächen. Dann werden sie sich im Freistaat auch mehr mit
sich selbst beschäftigen, da die Nachfolge des CSU-Parteichefs und
Ministerpräsidenten Horst Seehofer zunehmend in den politischen Fokus
rücken wird. Das dürfte zugleich befriedend auf das Berliner
Koalitionsklima wirken. Obendrein darf beim Blick auf den Zustand der
Koalition nicht übersehen werden, dass SPD-Chef Sigmar Gabriel noch
dabei ist, sich in die Rolle des Vizekanzlers und Energieministers
einzufinden. Eine Herkulesaufgabe, die ihm im Moment wenig Spielraum
lässt, lenkend auf die Sozialdemokraten Einfluss zu nehmen. Das wird
sich bald wieder ändern. Demgegenüber kann Angela Merkel wegen ihres
Skiunfalls nur sehr eingeschränkt das Regierungshandeln bestimmen.
Der Ausfall der Bundeskanzlerin wirbelt die Arbeitsplanung der Großen
Koalition stärker durcheinander, als die Bundesregierung zugeben
will. Auch das ist nicht von Dauer. Die Neulinge im Kabinett wie
Justizminister Heiko Maas, Gesundheitsminister Hermann Gröhe oder
Verkehrsminister Alexander Dobrindt sowie einige Parteifunktionäre
von Union und SPD nutzen dieses Führungsvakuum allerdings geschickt,
um inhaltliche Pflöcke einzuschlagen. Zulasten des koalitionären
Erscheinungsbildes. Das innere Gefüge dieser Koalition steht noch
nicht. Das ist das momentane schwarz-rote Problem. Angela Merkel ist
deshalb klug beraten gewesen, ihre neue Regierung Ende Januar zur
Klausurtagung nach Meseberg zu bitten. Dann ist die Einarbeitungszeit
vorbei. Dort muss der Grundstein gelegt werden für das, was auch eine
politische Zweckehe dringend benötigt: persönliches Vertrauen unter
den Ministern. Der Koalitionsvertrag steht auf dem Papier, aber das
Miteinander beeinflusst die Politik oft mehr als das, was man
schriftlich vereinbart hat. Somit muss der schlechte Auftakt nicht
zwangsläufig zum Alltagsprogramm werden. Noch besteht die Chance,
dass die schwarz-roten Ehepartner ein paar gute Jahre miteinander
haben werden, ehe es endgültig wieder gegeneinander geht.
Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau
Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
505314
weitere Artikel:
- Westfalenpost: Hochschulen haben das Misstrauen nicht verdient Hagen (ots) - Gibt es denn gar kein Lob für das neue
NRW-Hochschulgesetz? Doch. Von den Gewerkschaften. Aber was aus
Arbeitnehmersicht an der jetzigen Situation zu beklagen ist - die
Vielzahl befristeter Verträge, die jungen Wissenschaftlern die
Zukunftsplanung erschwert - ist nicht per Gesetz zu ändern. Denn die
hängt zusammen mit der gewachsenen Bedeutung von Forschungsprojekten.
Und die laufen eben meist über drei Jahre.
Ansonsten ist die Front geschlossen. Nach den Rektoren wehren sich
nun auch die Hochschulräte mit scharfen mehr...
- Weser-Kurier: Zu fehlenden Beamten schreibt der Bremer WESER-KURIER: Bremen (ots) - Das deutsche Beamtentum muss seit Jahrzehnten für
allerhand herhalten. Auf der einen Seite sind Beamte Prügelknaben und
Witzfiguren der Nation. Auf der anderen Seite müssen sie einem nicht
gleich ganz furchtbar leid tun: Sie genießen nach wie vor
Privilegien. Sie haben mit rund 1,8
Millionen Vertretern
bundesweit eine laute Stimme, die nicht ignoriert werden kann; zumal
etwa 150 Bundestagsabgeordnete aus dem öffentlichen Dienst kommen.
Wie jede andere Interessenvertretung malt der Beamtenbund natürlich
tiefschwarz, mehr...
- Stuttgarter Zeitung: Kommentar zu CSU/Aigner/Seehofer Stuttgart (ots) - Die CSU hat keinen zeitgemäßen Umgang
untereinander. Sie führt, wenn überhaupt, Scheindebatten. Sie pflegt
aber auch, schlimmer noch, aus Gründen der Machtmaximierung
(Kommunal- und Europawahlen stehen ins Haus) einen mitunter
schä(n)dlichen Umgang mit gesellschaftlichen Wirklichkeiten, über die
sachlich zu reden wäre. Und was, bitte, wäre noch profund christlich
an ihr? Die Interpretation der Parteiführung im Sinne falsch
verstandener Gottvatertätigkeit ist es sicherlich nicht. Bayern
scheint zunehmend im Begriff, mehr...
- Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Steinmeier fährt nach Athen
Weg von der Statistenrolle
ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN Bielefeld (ots) - Frank-Walter Steinmeier ist noch nicht einmal
ein Monat lang Außenminister und besucht schon Athen. Für die Leitung
der Europa-Abteilung in seinem Haus hat er zudem den bisherigen
Sprecher des Finanzministeriums, Martin Kotthaus, verpflichtet. Die
Signale sind eindeutig: Die SPD will sich in der Großen Koalition bei
der Europapolitik nicht mit einer Statistenrolle begnügen sondern
aktiv mitmischen. Es ist gut und hilfreich, wenn die Eurokrise nicht
allein von der Bundeskanzlerin und ihrem Finanzminister geschultert mehr...
- Weser-Kurier: Zum Thema Samtgemeinden schreibt der Bremer WESER-KURIER: Bremen (ots) - Die Samtgemeinde ist in ihrer heutigen Verfassung
konzipiert worden, um - wie es im Amtsdeutsch heißt - die
Verwaltungskraft der kleinen Gemeinden zu stärken. Das ist gelungen,
und zwar ohne dass die übermächtige Verwaltung den ehrenamtlichen
Feierabendpolitikern das Heft aus der Hand nehmen konnte. Genau darin
liegt der Erfolg der Samtgemeinde. Nirgendwo sonst liegen
Gemeindegebiet und Ratszuständigkeit so dicht beisammen wie hier.
Wenn der Gemeinderat der Einheitsgemeinde Weyhe tagt, ist noch sehr
die Frage, was mehr...
| |
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|