McKinsey-Studie benennt Schwächen im deutschen Ausbildungssystem
Geschrieben am 13-01-2014 |
Brüssel/Berlin (ots) - Umfrage: jeder vierte Arbeitgeber
unzufrieden mit Leistung und Fähigkeiten von Berufsanfängern - Nur
jeder dritte Azubi würde sich noch einmal für dieselbe Ausbildung
entscheiden - Schüler nicht ausreichend informiert - Überraschend:
Deutsche Arbeitsmarktprobleme ähneln denen in Europa
Das Ausbildungssystem in Deutschland hat trotz seines guten Rufs
zahlreiche Defizite: Jeder vierte Arbeitgeber (26%) klagt über die
mangelhafte berufliche Qualifikation des Nachwuchses. Geklagt wird
insbesondere über fehlende praktische Erfahrung sowie die Fähigkeit
der Auszubildenden, Probleme systematisch zu lösen. Ähnlich schlecht
bewerten Arbeitgeber die Arbeitsmoral der Berufsanfänger.
Unzufriedenheit hat sich auch bei den Azubis breit gemacht: Nur jeder
Dritte würde sich noch einmal für die von ihm gewählte Ausbildung
entscheiden. Dies sind zentrale Ergebnisse einer am Montag in Brüssel
vorgestellten Umfrage der Unternehmensberatung McKinsey & Company.
Für die Studie mit dem Titel "Education to Employment" wurden mehr
als 8.500 junge Menschen, Arbeitgeber und Vertreter von
Bildungseinrichtungen in acht europäischen Ländern befragt. "Unser
aktuelles System der Berufsinformation und -beratung garantiert
nicht, dass junge Menschen die Ausbildung wählen, die tatsächlich die
beste für sie ist", erläutert McKinsey-Beraterin Solveigh Hieronimus
die Umfrageergebnisse für Deutschland. Zwei Drittel (64%) aller
jungen Menschen gaben an, sich falsch oder nur unzureichend
informiert zu fühlen, was ihre spätere Berufswahl betrifft.
Die Einschätzungen von Arbeitgebern und Bildungseinrichtungen
darüber, wie gut vorbereitet die jungen Menschen ins Berufsleben
starten, klaffen in Deutschland der Studie zufolge weit auseinander.
Während sich 43% der befragten Arbeitgeber dazu skeptisch äußern,
sind die Bildungseinrichtungen mit 83% positiver Bewertung deutlich
optimistischer. "Eine Diskrepanz in der Wahrnehmung haben wir in
allen untersuchten Ländern festgestellt, aber in Deutschland ist sie
besonders groß", betont McKinsey-Berater Kai Holleben, der gemeinsam
mit Hieronimus die Untersuchung für den deutschen Arbeitsmarkt
geleitet hat. Sein Fazit: "Der Austausch zwischen Arbeitgebern und
Bildungseinrichtungen über die Anforderungen an Berufsanfänger
funktioniert nicht optimal."
Die Studie liefert auch Zahlen für einen Trend, der besonders für
kleinere und mittelständische Unternehmen in Deutschland
problematisch ist: Nur jeder zehnte der befragten Arbeitgeber (11%)
mit weniger als 50 Angestellten gab an, er habe problemlos
beruflichen Nachwuchs gefunden. Bei den Betrieben mit bis zu 250
Mitarbeitern klagte ein Drittel über erhebliche Schwierigkeiten,
qualifizierte Auszubildende zu finden.
Jugendarbeitslosigkeit in Europa ist auch ein Angebotsproblem
"International schneidet das deutsche Ausbildungssystem trotz
dieser Probleme immer noch vergleichsweise gut ab", stellt Solveigh
Hieronimus fest. Grundsätzlich hätten alle europäischen Länder
ähnliche Probleme. "Jugendarbeitslosigkeit ist nicht nur ein
Nachfrageproblem oder konjunkturbedingt, sondern auch ein
Angebotsproblem", fasst die McKinsey-Beraterin zusammen. "Die
Bildungssysteme in ganz Europa - auch das deutsche - bereiten jungen
Menschen nicht ausreichend auf den Arbeitsmarkt vor."
Um diese Situation zu verändern, hat McKinsey für die Studie über
100 Einrichtungen und Maßnahmen in 25 Ländern untersucht mit Fokus
auf deren Erfolg für den jeweiligen nationalen Ausbildungsmarkt. Als
entscheidend im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit in Europa
nennt die McKinsey-Studie u.a. Maßnahmen, die es mehr jungen Menschen
ermöglichen, ihre Ausbildung zu finanzieren, zeitlich flexibler zu
gestalten oder inhaltlich zu modularisieren. Verbessert werden sollte
auch der Austausch zwischen Schülern, Arbeitgebern und
Ausbildungsinstitutionen untereinander. Als Plattform für die
Zusammenarbeit hat sich z.B. der regionale Arbeitsmarktmonitor der
Bundesagentur für Arbeit bewährt, den die Studie als vorbildliches
Beispiel nennt. Er bietet institutionellen Nutzern Informationen über
Berufs- und Karrierechancen in verschiedenen Regionen und
Möglichkeiten der Onlinezusammenarbeit. Die McKinsey-Autoren
empfehlen außerdem, dass Schüler bereits ab zwölf Jahren und
grundsätzlich häufiger über Berufswege informiert werden sollten.
EU-weit empfiehlt McKinsey den Ausbau von Angeboten, um
europäische Arbeitsmarkttransparenz zu schaffen. Wichtig sei hier die
Kooperation zwischen den nationalen Arbeitsagenturen. Auch müsse eine
europaweite Vergleichbarkeit der beruflichen Ausbildungsabschlüsse
angestrebt werden, um so die Mobilität und den Austausch auf dem
europäischen Arbeitsmarkt zu fördern.
Die vollständige Studie finden Sie zum Download auf
http://ots.de/Q00wM
Methodik der Studie
McKinsey analysierte für die Studie neben Deutschland sieben
weitere europäische Länder: Frankreich, Griechenland, Großbritannien,
Italien, Portugal, Schweden und Spanien. In jedem dieser Länder, in
denen insgesamt 75% aller arbeitslosen Jugendlichen in Europa leben,
wurden repräsentativ Stichproben von jungen Menschen im Alter von 15
bis 29 Jahren, Arbeitgebern und Vertretern von Bildungseinrichtungen
dazu befragt, wie sie die Vorbereitung auf das Berufsleben
einschätzen, nach welchen Kriterien sie wichtige Entscheidungen am
Übergang vom Bildungssystem in den Arbeitsmarkt treffen und wie sie
Zukunftschancen sehen. Ziel der Untersuchung ist eine faktenbasierte
vergleichende europäische Arbeitsmarktanalyse zum Thema
Jugendarbeitslosigkeit, um Ansätze zur Überwindung dieses Problems zu
liefern.
McKinsey & Company
McKinsey & Company ist die in Deutschland und weltweit führende
Unternehmensberatung für das Topmanagement. 28 der 30 DAX-Konzerne
zählen aktuell zu den Klienten. In Deutschland und Österreich ist
McKinsey mit Büros an den Standorten Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am
Main, Hamburg, Köln, München, Stuttgart und Wien aktiv.
Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an:
Kirsten Best, Telefon: 0211 136-4688,
E-Mail: Kirsten_Best@mckinsey.com
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