Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Rentenpaket der Großen Koalition
Kurzatmig
Alexandra Jacobson, Berlin
Geschrieben am 16-01-2014 |
Bielefeld (ots) - Die Große Koalition ist dafür da, um Großes zu
bewegen. In der Rentenpolitik wäre es wichtig gewesen, gezielt die
Altersarmut zu bekämpfen. Denn immer mehr Menschen müssen ihren
Lebensabend mit Minirenten fristen. Eine steigende Zahl von Rentnern
ist von der Grundsicherung abhängig. Dieses Los trifft vor allem
Frauen. Doch Schwarz-Rot konzen-triert sich nicht auf die wirklich
Bedürftigen. Sofern sie vor 1992 Kinder bekommen haben, profitieren
die Frauen zwar von einer leicht erhöhten Mütterrente. Mit 28 Euro
mehr pro Kind im Monat wird sich aber die Lage derer, die jeden Cent
mehrfach umdrehen müssen, kaum verbessern. Und die Rente mit 63 nach
45 Beitragsjahren beglückt vor allem die Facharbeiter, deren
Rentenansprüche schon jetzt ganz ordentlich ausfallen. Für die
Menschen mit Minirenten sollte es ja noch die "solidarische
Lebensleistungsrente" geben, aber die ist an das Ende der Wahlperiode
gerutscht - also in eine Zeit, zu der klar sein wird, dass die
Überschüsse der Rentenkasse restlos verbraucht sind. Jedem sei mehr
Rente gegönnt, aber wer den Ruheständlern mehr Geld geben will, nimmt
es den heute Aktiven. Doch die brauchen Geld, um vorzusorgen, denn
die Überalterung der Gesellschaft bewirkt, dass die Beiträge
spätestens ab 2018 wieder steigen und das Rentenniveau weiter sinkt.
Neben der Bekämpfung der Altersarmut hätte es für eine Rentenreform
noch ein ganz anderes hehres Ziel gegeben: Die Bertelsmann-Stiftung
schlägt in einer Studie vor, das Rentensystem so zu reformieren, dass
Eltern mit Kindern stärker profitieren. Dafür braucht man mehr Geld
in der Rentenkasse. Damit es familienpolitisch gerechter zugeht und
gerade den Jüngeren mehr Mittel zur Familiengründung übrigbleiben,
sollten die zusätzlichen Beiträge vor allem von den Kinderlosen
stammen. Das mag auf den ersten Blick provokant klingen, aber ein
solcher Ansatz würde das Rentensystem zukunftsfester machen. Die
Bertelsmann-Stiftung denkt in ihrer Studie weit voraus - bis 2060 und
darüber hinaus. Die kurzatmige Politik denkt leider zu oft nur in
Vierjahresschritten. Den Horizont begrenzt die nächste Wahl.
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