Börsen-Zeitung: Noch nichts normal, Kommentar zu den Jahresabschlüssen der US-Großbanken, von Sebastian Schmid.
Geschrieben am 16-01-2014 |
Frankfurt (ots) - Binnen drei Tagen haben die größten US-Banken
Wells Fargo, J.P. Morgan, Bank of America und Citigroup ihr
Zahlenwerk präsentiert. Kurz zusammengefasst: Die ersten drei haben
überzeugt, während die Citigroup hinter den Erwartungen zurückblieb.
Letztlich sagt das Verfehlen oder Übertreffen der Markterwartungen
aber praktisch nichts über die tatsächliche Entwicklung der Institute
aus. Denn wie das Geschäft selbst schwanken auch die
Markteinschätzungen innerhalb eines Quartals oft wild hin und her, so
dass es oft nur am Stichtag hängt, ob es am Ende eben besser oder
schlechter lief.
Ein genereller Trend, der sich im jüngsten Quartal erneut gezeigt
hat, ist die Abschwächung bei Immobilienfinanzierungen für
Privatkunden. Das 2012 und Anfang 2013 noch viel umjubelte Comeback
des Häuserkreditgeschäfts in den USA war wesentlich
refinanzierungsgetrieben. Das Refinanzierungsinteresse steigt eben,
wenn die Zinsen auf ein Rekordtief fallen. Nun, da das Zinsniveau
etwas höher, aber historisch noch immer niedrig ist, zeigt sich, wie
fragil der Nachfrageanstieg war: Das Neugeschäft mit Häuserkrediten
an Konsumenten hat sich bei den großen US-Banken quasi halbiert. Der
Einbruch bei Refinanzierungen dürfte noch heftiger gewesen sein.
Ein anderer Faktor der Gewinnausweitung der vergangenen Quartale
dürfte künftig ebenfalls eine geringere Rolle spielen - das Auflösen
der Kreditrisikovorsorgeposten. Die rekordhohen Rückstellungen für
mögliche Kreditausfälle nach der Finanzkrise haben es den US-Banken
erlaubt, in der Konjunkturerholung Milliarden an Gewinn aus deren
Auflösung zu ziehen. Mittlerweile sind die Rückstellungen auf ein so
niedriges Niveau abgeschmolzen, dass der Gewinnbeitrag künftig nur
noch ein geringes Volumen ausmachen dürfte.
An anderer Stelle bestehen die Risiken indes weiterhin: vor
Gericht. Citigroup-Finanzchef John Gerspach geht auf absehbare Zeit
davon aus, dass die Rechtskosten ihr erhöhtes Niveau mindestens
halten werden. Auch bei J.P. Morgan bleibt abzuwarten, ob das Gros
der Aufwendungen mit den milliardenschweren Vergleichen der
vergangenen Monate abgearbeitet ist. Mit Blick nach vorn steht zudem
noch die Umsetzung der Volcker-Regel zur Beschränkung des
Eigenhandels auf dem Plan. Deren endgültige Auswirkungen müssen sich
in der Praxis erst noch zeigen. Fünf Jahre nach dem Höhepunkt der
Finanzkrise lässt sich für die US-Banken nur eines gesichert
festhalten: Noch ist nichts normal.
(Börsen-Zeitung, 17.1.2014)
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