Mittelbayerische Zeitung: Recht und billig - Obamas Ankündigungen sind nur ein kleiner Schritt - und lenken von einem anderen Problem ab. Von Christian Kucznierz
Geschrieben am 17-01-2014 |
Regensburg (ots) - Die Vereinigten Staaten von Amerika ticken
anders. Wer das nicht akzeptiert, der kann nun enttäuscht sein von
dem, was Barack Obama in seiner mit Spannung erwarteten Rede zur
Arbeit der Geheimdienste gesagt hat. Er übersieht dabei dann aber
auch, dass der Aufschrei nach den Enthüllungen von Edward Snowden
nicht völlig am US-Präsidenten vorbeigegangen ist. Dennoch bleibt ein
großes Aber. Obama hat mehrere wichtige Dinge gesagt. Er will nicht,
dass unbescholtene Bürger ins Visier der Geheimdienste kommen - und
das ganz gleich, welcher Nationalität sie sind. Er hat untersagt,
dass Regierungschefs befreundeter Länder abgehört werden. Und er hat
die Debatte über Maß und Maßlosigkeit der NSA als richtig und
nützlich gewürdigt. Das ist vielleicht nicht viel, und vor allem
nicht viel Neues. Aber wenig ist besser als nichts. Freilich: Nachdem
die Öffentlichkeit erfuhr, dass das Handy von Bundeskanzlerin Angela
Merkel abgehört wurde, hatte Washington zugesichert, dies nicht mehr
zu tun - was offen ließ, ob die NSA in der Vergangenheit mithörte,
wenn Merkel telefonierte. Wenn Obama nun diese Zusicherung für alle
anderen ebenfalls gibt, ist das ein Einlenken vor der öffentlichen
Empörung. Wenn alle Bürger weltweit künftig von den US-Diensten
ebenso behandelt werden sollen, wie US-Bürger, und ihre Daten nur bei
berechtigtem Verdacht abgegriffen werden, ist das ebenfalls ein
Schritt, der nach dem weltweiten Aufschrei zu begrüßen ist. Der
Wermutstropfen dabei ist: Wer soll denn garantieren, dass das alles
auch so sein wird? Einen neuen Edward Snowden wird es vielleicht
nicht so schnell geben. Bislang sind zudem nur Teile dessen bekannt,
was die NSA kann und tat - was sie tun wird, weiß niemand außer den
Geheimdiensten selbst. Und die werden in Zukunft alles unternehmen,
damit das auch ja so bleibt. Geheimdienste werden geheime Dinge tun,
solange sie nicht wieder jemand öffentlich macht. Ja: Obama hat dem
Justizministerium und den Geheimdiensten den Auftrag erteilt, zu
handeln. Er hat sein Wort öffentlich gegeben, die Arbeit der Dienste
einzuschränken. Daran wird er gemessen werden. Es fehlen allerdings
die Kriterien, an denen er und seine Regierung gemessen werden
können. Das ist der Schaden, den die NSA-Enthüllungen verursacht
haben: Das Vertrauen ist weg. Und weil alles, was geschah, im
Geheimen passierte und weil es bis dahin geübte und geduldete Praxis
war, wird die US-Regierung lange Zeit misstrauisch beäugt werden,
wenn nicht von den befreundeten Regierungen, so doch von deren
Bürgern. Zumal Obama klarstellt, dass er die Notwendigkeit der Arbeit
der Geheimdienste in keinster Weise anzweifelt. Allerdings kann er
gar nicht anders. Die USA werden weiterhin alles versuchen, einen
Informationsvorsprung vor ihren Gegnern zu behalten. Wie
lebensnotwendig das für sie ist und wie wenig alle Spionage und
Aufklärung am Ende helfen kann, zeigt der Anschlag auf den
Boston-Marathon im April. Die USA werden nicht aufhören, alles zu
tun, was in ihrer Macht steht. Sie werden sich vielleicht an neue
Spielregeln halten. Aber auch das nur so lange, wie das ihnen
erlaubt, zu erfahren, was sie wissen wollen. Deswegen ist es bei
aller Richtigkeit der Empörung gerade in Deutschland grundverkehrt,
auf die vermeintlich bösen Amerikaner zu schimpfen. Die machen nur,
was ihren Interessen dient; was man nicht gutheißen muss. Das
Interesse der Bundesregierung muss sein, die Rechte ihrer Bürger zu
schützen. Diesem Auftrag ist sie nicht gerecht geworden. Mit dem
Finger auf die USA zu zeigen, ist leicht. Aber auch ziemlich billig.
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Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
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