Bundesregierung täuscht Bundesrat - Absage an Kennzeichnung tierischer Inhaltsstoffe in Lebensmitteln - Veganer, Vegetarier oder Muslime müssen weiter mit versteckten Tierbestandteilen rechnen
Geschrieben am 22-01-2014 |
Berlin (ots) - Die Bundesregierung sieht "keine Veranlassung" für
eine klare Kennzeichnung tierischer Bestandteile in Lebensmitteln.
Das geht aus einer Stellungnahme des Bundesministeriums für Ernährung
und Landwirtschaft an den Bundesrat hervor (Bundesrats-Drucksache
5/14). Darin argumentiert die Bundesregierung jedoch mit
Falschaussagen gegenüber der Länderkammer, wie die
Verbraucherorganisation foodwatch heute kritisierte. Die
Bundesregierung schreibt, Verbraucher hätten "bereits nach geltendem
Recht die Möglichkeit, sich anhand von Verkehrsbezeichnung und
Zutatenverzeichnis über die Zutaten eines Lebensmittels und somit
auch über Inhaltsstoffe tierischer Herkunft zu informieren." Genau
dies ist falsch, denn auf der Zutatenliste muss in vielen Fällen
gerade nicht angegeben werden, ob Tierprodukte oder Tierbestandteile
enthalten sind:
- Aromastoffe, die z.B. Bestandteile von Schwein, Rind, Fisch oder
Geflügel enthalten können und beispielsweise in Kartoffelchips
eingesetzt werden
- Zusatzstoffe tierischen Ursprungs, z.B. Farbstoffe
- Trägerstoffe von Vitaminen, z.B. Gelatine
Auch der Einsatz von technischen Hilfsstoffen tierischen Ursprungs
in der Produktion - zum Beispiel Auszüge aus Schweineborsten als
Mehlbehandlungsmittel (L-Cystein) - muss nicht deklariert werden. Wer
Inhaltsstoffe tierischen Ursprungs meiden möchte, kann das, anders
als die Bundesregierung behauptet, weder anhand der
Verkehrsbezeichnung noch anhand der Zutatenliste tun. Eine
foodwatch-E-Mail-Aktion an die Bundesregierung für eine bessere
Kennzeichnung haben unter www.foodwatch.de/aktion-verstecktetiere
bislang rund 85.000 Bürger unterzeichnet.
"Das ist wirklich ein starkes Stück: Statt die von vielen
Verbrauchern gewünschte Transparenz zu schaffen, täuscht ein
Verfassungsorgan das andere und stellt die geltende Rechtslage falsch
dar. Wer so dreist das Problem der versteckten tierischen
Bestandteile leugnet, hat weder Respekt vor den Wünschen
abertausender Verbraucher noch vor dem Verfassungsorgan Bundesrat",
erklärte Oliver Huizinga, Experte für Lebensmittelkennzeichnung bei
foodwatch. Er forderte, nicht nur die Begriffe "vegan" und
"vegetarisch" endlich gesetzlich zu definieren, sondern auch eine
verpflichtende Kennzeichnung aller Inhalts- und Hilfsstoffe
tierischen Ursprungs einzuführen. "Begriffsdefinitionen sind
überfällig, aber sie allein schützen nicht vor Irreführung. Nur wenn
alle Zutaten, Zusätze und Hilfsstoffe tierischen Ursprungs angegeben
werden müssen, hat jeder Verbraucher die Hoheit über seine eigenen
Kaufentscheidungen."
Hintergrund: In einer Initiative hatte der Bundesrat die
Bundesregierung am 20. September 2013 aufgefordert, sich bei der
EU-Kommission für eine gesetzliche Definition der Begriffe
"vegetarisch" und "vegan" einzusetzen. Da allgemein erwartet wird,
dass sich die Kommission dieses Themas in den nächsten Monaten nicht
annehmen wird, forderte die Länderkammer die Bundesregierung auf,
Möglichkeiten für eine nationale Regelung zu prüfen und die
EU-Kommission zu einer zeitnahen EU-weiten Regelung zu drängen.
Beides lehnt das Bundesernährungsministerium in seiner Stellungnahme
ab.
LINK:
- E-Mail-Aktion für eine Kennzeichnung versteckter Tiere:
http://www.foodwatch.de/aktion-verstecktetiere
REDAKTIONELLER HINWEIS:
- Stellungnahme der Bundesregierung zu der Entschließung des
Bundesrates: http://bit.ly/1bfw6L6
- Bildmaterial: Minister Friedrich und die Vegetarier -
Fotomontage zum Download unter: http://bit.ly/1cQCOXU
Pressekontakt:
foodwatch e.V.
Martin Rücker
E-Mail: presse@foodwatch.de
Tel.: +49 (0)30 / 24 04 76 - 2 90
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