Westfalen-Blatt: das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zu Lanz
Geschrieben am 23-01-2014 |
Bielefeld (ots) - Zuschauermitbestimmung im Fernsehen beschränkte
sich bislang darauf, das »Tor des Monats« zu wählen und seinen
Favoriten per Telefon zum Sieg in Castingshows zu verhelfen. Im
Zusammenhang mit dem Lieblingsprügelknaben der Fernsehnation, Markus
Lanz, hat der Versuch, Einfluss aufs Programm zu nehmen, jetzt eine
kuriose Blüte getrieben.
»Lanz muss weg!« Das findet jedenfalls das frühere Parteimitglied
der Linken, Maren Müller aus Leipzig, und fordert das ZDF in einer
Internetpetition auf, den Moderator zu entlassen. Etwa 100 000
Menschen haben sich dem Begehren angeschlossen. Auslöser der Proteste
war die Talkshow »Markus Lanz« am Donnerstag vergangener Woche.
Mehrfach fiel der Moderator der Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht
ins Wort, wollte hartnäckig wissen, ob die Partei allen Ernstes die
EU für eine neoliberale, militaristische und undemokratische Macht
hält. Die Frage war berechtigt, die Gesprächsführung verheerend.
»Miserabler Stil« sei das, heißt es in der Petition.
Dennoch mutet die Forderung, das ZDF müsse Lanz feuern, absurd an.
Wer sich die Sendung in der Mediathek ohne Schaum vorm Mund noch
einmal anschaut, kann keine »Entgleisungen« entdecken, wie in der
Petition behauptet wird, sondern höchstens Peinlichkeiten. Vor allem
der »Stern«-Journalist Hans-Ulrich Jörges war es, der auf Wagenknecht
eindrosch, ihr vorwarf, »verantwortungslosen Stuss« zu reden. Lanz
ließ ihn gewähren, was falsch war.
Ende November war Lanz' Kollegin Marietta Slomka heftig dafür
kritisiert worden, dass sie sich mit SPD-Chef Sigmar Gabriel im
»heute-journal« zoffte. Slomka, Lanz und viele andere Moderatoren
stecken in einem Dilemma: Lassen sie Politiker ihre Phrasen
absondern, werden sie gerügt, haken sie entschieden nach, wird ihnen
der Vorwurf der Unhöflichkeit gemacht. Und was Markus Lanz anbelangt:
Er kann sowieso machen, was er will, es ist immer falsch.
Seit er »Wetten, dass. . ?« übernahm, ist er die
Lieblingszielscheibe der Fernsehkritiker. Vor allem Sender aus der
RTL-Gruppe lassen kein gutes Haar an ihm - aus einem fadenscheinigen
Grund: Parallel zu »Wetten, dass. . ?« läuft meist »Deutschland sucht
den Superstar«. Und um das eigene Format aufzuwerten, wird die
Konkurrenz im ZDF schlecht gemacht.
Damit sollen Lanz' Fehlleistungen wie die Mallorca-Ausgabe nicht
schöngeredet werden, aber er kann sehr wohl auch gutes Fernsehen
machen. Sonst hätten die Leser der »Hörzu« 2013 »Wetten, dass. . ?«
nicht die Goldene Kamera zuerkannt.
Thomas Gottschalks peinliche Kniegrapscher bei attraktiven Frauen
und Kulenkampffs sexistische Bemerkungen über seine Assistentinnen,
wenn er von Bonbons faselte, die er gern auspacken würde, erzeugten
deshalb keinen so großen Wirbel, weil es Facebook und Internet noch
nicht gab. Wer sich heute danebenbenimmt, wird umso lauter an der
Wand langgezogen oder, wie gerade Lanz, zum Unmenschen eines Senders
hochstilisiert.
Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261
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TV-Gespräche selten. Und zuletzt hatte sich Markus Lanz offenbar
vorgenommen, die aparte Linke zu grillen. Der ZDF-Moderator bohrte
und unterbrach, zuweilen ziemlich charme-reduziert, und manövrierte
Frau Wagenknecht damit unerwartet in die Rolle des Talk-Opfers.
Der Erkenntnisgewinn war überschaubar, aber der Unterhaltungswert mehr...
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