WAZ: Erdogan, der schwierige Gast. Kommentar von Gerd Höhler
Geschrieben am 03-02-2014 |
Essen (ots) - Kein Politiker seit Staatsgründer Mustafa Kemal
Atatürk hat die Türkei so stark geprägt wie Ministerpräsident Tayyip
Erdogan. Seit seinem Amtsantritt vor elf Jahren erlebte das Land eine
beispiellose wirtschaftliche Blüte. Erdogan drängte den dominierenden
politischen Einfluss der Militärs zurück und ebnete mit Reformen den
Weg für Beitrittsverhandlungen mit der EU. Aber Erdogan, der heute
Berlin besucht, ist drauf und dran, sein politisches Lebenswerk zu
zerstören. Erdogan grenzt die muslimische Minderheit der Alewiten aus
und versucht, der Gesellschaft seine eigenen, religiös geprägten
Werte aufzuzwingen. Skeptiker warnen vor einer "geheimen Agenda" des
gewendeten Islamisten, der Ende der 90er-Jahre wegen religiöser Hetze
im Gefängnis gesessen hatte. Je länger er an der Macht ist, desto
autoritärer gibt sich Erdogan. Kritik duldet er nicht. In keinem Land
sitzen so viele Journalisten hinter Gittern wie in der Türkei. 2013
wurde das Land vom Europäischen Menschenrechtsgerichtshof 118-mal
wegen Menschenrechtsverstößen verurteilt. Die Türkei liegt damit nach
Russland auf einem unrühmlichen zweiten Platz. Der Zorn auf den
"Sultan", wie Erdogan wegen seines selbstherrlichen Regierungsstils
oft genannt wird, entlud sich bei den Demonstrationen im letzten
Sommer. Erdogan reagierte wie ein Despot, versuchte, die Proteste mit
brutalen Polizeieinsätzen zu ersticken, beschimpfte die Demonstranten
als "Gesindel" und "Nagetiere". Doch das System Erdogan gerät ins
Wanken. Gerade wurden Korruptionsvorwürfe bekannt, die bis in seine
eigene Familie hineinreichen. Gleichzeitig steht der Premier durch
den Absturz der türkischen Lira vor seiner bisher größten
Herausforderung. Die Gefahr, dass aus der Währungs- eine
Wirtschaftskrise wird, muss auch Deutschland als wichtigsten
Handelspartner der Türkei und größten ausländischen Investor
beunruhigen. Mit dem Instrumentarium der Geldpolitik allein wird die
Krise nicht zu bewältigen sein. Die Türkei muss vor allem Vertrauen
zurückgewinnen. Ob das mit Erdogan an der Spitze möglich sein wird,
mag man bezweifeln. Denn gerade er hat dieses Vertrauen verspielt.
Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 - 804 6519
zentralredaktion@waz.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
509853
weitere Artikel:
- Schwäbische Zeitung: Eine sehr gute Wahl - Kommentar Ravensburg (ots) - Nein, es ist nicht der bedeutendste
Diplomatenposten, den die Bundesregierung zu vergeben hat. Und in der
Vergangenheit wurden bisweilen ältere Herren als Botschafter zum
Heiligen Stuhl geschickt, die man einerseits mit einem netten
Altersposten versorgen wollte, die andererseits daheim aus diesen
oder jenen Gründen ins Zwielicht geraten waren. Auf den ersten Blick
- und wenn man es maliziös sehen möchte - passt Annette Schavan in
dieses Schema. Die unselige Geschichte um ihre Doktorarbeit hat den
Ruf beschädigt, mehr...
- Schwäbische Zeitung: Die Hybris der Alice Schwarzer - Leitartikel Ravensburg (ots) - Zunächst einmal liegt Alice Schwarzer richtig.
Die Bundesrepublik bietet Steuerhinterziehern die Möglichkeit, ihre
Steuerflucht mit einer Selbstanzeige in Ordnung zu bringen.
Offensichtlich hat Schwarzer dabei im Gegensatz zu Uli Hoeneß keine
Fehler begangen. Der Fiskus hat sich mit der prominenten Deutschen
geeinigt. Ihr droht keine Haft, sie musste lediglich Steuern und
Säumniszinsen nachzahlen. Dass plötzlich die Medien Wind von dem
offensichtlichen Millionen-Vermögen Schwarzers bekamen, ist für die
kampfeslustige mehr...
- Rheinische Post: Kommentar /
EU und Korruption
= Von Anja Ingenrieth Düsseldorf (ots) - Die Zahlen sind alarmierend: Mindestens 120
Milliarden Euro gehen der EU-Wirtschaft jährlich durch Korruption
verloren - vor allem im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe.
Doch Glaubwürdigkeit und Vertrauen kosten auch andere Formen der
Vorteilsnahme. Wenn Spitzenpolitiker ihre Kontakte und ihren Einfluss
in der Wirtschaft zu Geld machen wollen, muss es dafür Regeln geben.
Hier hat Deutschland Nachholbedarf. Das Problem des ersten
Korruptionsberichtes der EU ist aber ein anderes. Brüssel kann zwar
den Finger mehr...
- Rheinische Post: Kommentar /
Schwarzer in Opferrolle
= Von Antje Höning Düsseldorf (ots) - Mit Alice Schwarzer gesellt sich erstmals eine
Frau in die Reihe prominenter Steuerhinterzieher. Das kann man als
Zeichen von Emanzipation sehen: Frauen können ebenso Vermögen
erwerben wie Männer, unter ihnen gibt es leider ebenso schwarze
Schafe. Und wie bei Hoeneß, Zumwinkel und Co. fragt man sich: Wieso?
Wieso trickst ausgerechnet der, der genug hat? Offenbar steigen Gier
und kriminelle Energie - unabhängig vom Geschlecht - proportional mit
dem Vermögen an. Was den Fall Schwarzer anders macht, ist die Kluft
zwischen mehr...
- Rheinische Post: Kommentar /
Ministerin Nahles hebelt die Tarifautonomie aus
= Von Martin Kessler Düsseldorf (ots) - Wenn Historiker einmal das Auf und Ab am
deutschen Arbeitsmarkt beschreiben, werden sie das
Tarifvertragsgesetz von 1948, die Veränderung des Streikparagrafen
116, die Lohnentwicklung der späten 90er Jahre sowie die Hartz-Reform
von 2005 als wichtige Wegmarken einer beschäftigungsfreundlichen
Politik werten. Sie könnten aber auch dereinst das neue
Mindestlohngesetz von Arbeitsministerin Nahles als Wendepunkt eines
bis dahin dauernden Beschäftigungsbooms ansehen. Denn die
SPD-Politikerin plant eine massive Intervention mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|