Hilfen für Langzeitarbeitslose verbessern -
Hohes Engagement der Jobcenter allein kann Probleme nicht lösen
Geschrieben am 04-02-2014 |
Nürnberg (ots) - Bundesagentur für Arbeit (BA), Städtetag und
Landkreistag zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit
Die BA und die Kommunen halten es für nötig, dass die
Langzeitarbeitslosigkeit stärker bekämpft wird. Das machten die BA,
der Deutsche Städtetag und der Deutsche Landkreistag heute in einer
gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin deutlich. Während die Zahl der
Arbeitslosen insgesamt in den vergangenen Jahren unter die Marke von
drei Millionen gesunken ist, erweist sich die Zahl der Menschen im
Langzeitbezug von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende
(Hartz IV) als sehr statisch. Drei Millionen erwerbsfähige Menschen
erhalten seit zwei oder mehr Jahren Leistungen der Grundsicherung für
Arbeitsuchende. Rechnet man die Kinder hinzu, sind rund vier
Millionen Menschen langfristig auf diese Leistungen angewiesen.
Zwar gelingt es den Jobcentern mit hohem Engagement viele
Langzeitbezieher zu vermitteln und zu integrieren. Derzeit kommt aber
noch etwa die Hälfte von ihnen innerhalb eines Jahres wieder in die
Grundsicherung zurück, bekennt der Vorstand der BA, Heinrich Alt:
"Beratung ist unser wichtigstes und zentrales Instrument. Wenn die
Beratung mit den Kunden nicht funktioniert, kann man alle
Integrationsbemühungen vergessen. Deswegen arbeiten wir intensiv
daran, die Beratungsarbeit in den Jobcentern zu professionalisieren.
Die Integration der Menschen muss auch nachhaltiger und möglichst
ohne Drehtüreffekte gelingen. Deshalb werden wir uns stärker in der
Stabilisierung von Arbeitsverhältnissen engagieren. Auch wenn wir
dafür bislang keinen gesetzlichen Auftrag haben."
Von 2010 bis 2013 sank die Anzahl der Arbeitslosen in der
Grundsicherung für Arbeitsuchende um lediglich 8 Prozent. Im gleichen
Zeitraum wurden die Mittel für Fördermaßnahmen aber um etwa 40
Prozent reduziert, von 6,6 Milliarden Euro auf 3,9 Milliarden Euro,
so der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Dr. Stephan
Articus. Hier muss die neue Bundesregierung umsteuern, fordert er:
"Wir brauchen eine Offensive zur besseren Bekämpfung der
Langzeitarbeitslosigkeit. Die Jobcenter engagieren sich auf diesem
Feld stark, stoßen aber an Grenzen. Um den betroffenen Menschen zu
helfen, sollte für Langzeitarbeitslose innerhalb der Jobcenter ein
eigenständiges, passgenaues und leistungsstarkes Fördersystem
etabliert werden. Nötig sind flexiblere Strategien und Angebote zur
Arbeitsförderung, die langfristig angelegt und individuell abgestimmt
werden können. Alleinerziehende benötigen andere Hilfen als ältere
Menschen oder Menschen mit Migrationshintergrund oder junge
Erwachsene ohne Berufsausbildung."
Die Strategien für Menschen, die nur kurze Zeit arbeitslos sind,
lassen sich nicht einfach auf Langzeitarbeitslose übertragen. Aktuell
sind die arbeitsmarktpolitischen Instrumente der Jobcenter an viele
Auflagen seitens des Gesetzgebers und an eher kurze Zeiträume
gebunden. Schwer zu vermittelnden Langzeitarbeitslosen kann aus Sicht
der Kommunen damit zu wenig geholfen werden. Der Bund sollte den
Jobcentern deshalb die Entwicklung flexibler und längerfristiger
Strategien zugestehen, verlangt die Beigeordnete für Arbeit und
Soziales des Deutschen Landkreistages, Dr. Irene Vorholz: "Es gibt
keine Schablone für eine erfolgreiche Vermittlung von
Langzeitarbeitslosen. Jedes Jobcenter muss für sich und seine
unterschiedlichen Leistungsberechtigten individuelle Antworten
finden. Dazu müssen überjährige Finanzmittel in ausreichender Höhe
zur Verfügung gestellt werden. Gerade für Langzeitleistungsbezieher
ist es in vielen Fällen geboten, flexible Lösungen zu finden, um die
erforderlichen Fortschritte zu erzielen."
Aus Sicht der Kommunen sind mehr Finanzmittel des Bundes
erforderlich: Hatte der Bund zur Einführung der Grundsicherung für
Arbeitsuchende noch ein Budget von durchschnittlich 3.200 Euro pro
Leistungsempfänger für Aktivierung, Eingliederung und
Leistungsgewährung im Jahr veranschlagt, standen im Jahr 2012 nur
noch 1.700 Euro zur Verfügung. Diesen Abwärtstrend muss die neue
Regierung stoppen, verlangen die Kommunen.
Für etwa eine Million Menschen, die Leistungen der Grundsicherung
für Arbeitsuchende erhalten, ist eine Vermittlung in den Arbeitsmarkt
äußerst schwierig. Viele dieser Menschen sind in ihrer
Leistungsfähigkeit dauerhaft und aus objektiven Gründen
eingeschränkt. Sie könnten nach Einschätzung der BA in unserer
Arbeitsgesellschaft dennoch einen Platz finden, wenn sich Unternehmen
stärker auf Veränderungen einließen, zeigt sich Heinrich Alt
überzeugt: "Was wir brauchen sind neue Ideen über Zugangswege in
Arbeit, mehr Perspektiven in Betrieben. Dazu müssen wir mehr vom
Menschen und seinen Fähigkeiten her denken, weniger von einem
vorgegebenen Produktionsprozess. Prozesse und Arbeitsplätze sind
wesentlich gestaltbarer als Menschen. Man kann die Produktion
zerlegen und Einfacharbeitsplätze schaffen - wenn man das wirklich
möchte. Wir müssen Arbeitgeber stärker befähigen sich auf Menschen
einzulassen, die lange Zeit nicht mehr Teil der Arbeitsgesellschaft
waren."
Für die Kommunen sind die drohende Verfestigung der
Langzeitarbeitslosigkeit und damit verbundene soziale Folgen eine der
wichtigsten Herausforderungen. Viele Menschen, die sehr lange nicht
mehr in der Arbeitswelt waren, brauchen neben der Vermittlung in
Qualifizierungen oder in Arbeit eine intensive und individuell
passgenaue Unterstützung. Dazu betont Dr. Stephan Articus: "Um
Langzeitarbeitslosen mit sozialen und beruflichen
Integrationsproblemen Chancen auf Teilhabe in Arbeitsprozessen zu
ermöglichen, halten die Städte es für sinnvoll, auch die öffentlich
geförderte Beschäftigung weiterzuentwickeln. Solche Angebote können
dazu beitragen, sich dem ersten Arbeitsmarkt wieder anzunähern. Und
für Menschen, die dort nicht mehr Fuß fassen können, sind sie eine
Alternative zu Ausgrenzung und sozialer Isolation."
Aus Sicht der Kommunen muss zudem bilanziert werden, dass es eine
Gruppe schwer zu vermittelnder Langzeitarbeitsloser gibt, für die der
erste Arbeitsmarkt unabhängig von bestehenden Fördermitteln und
Instrumenten nicht erreichbar ist. Diese Menschen benötigen
längerfristige Angebote, so Dr. Irene Vorholz: "Die Jobcenter räumen
dem Abbau des Langzeitleistungsbezugs oberste Priorität ein. Der sich
seit Jahren verfestigende Leistungsbezug zeigt jedoch, dass viele
Menschen auf absehbare Zeit nur ein begrenztes Potenzial für den
ersten Arbeitsmarkt haben und dieses auch nur langfristig entwickeln
können. Dafür braucht es geeignete Rahmenbedingungen und ein
tragfähiges Konzept für öffentlich geförderte Beschäftigung. Denn auf
dem regulären Arbeitsmarkt werden viele Langzeitarbeitslose
realistischerweise keinen Job finden."
Informationen zum Hörfunkservice der Bundesagentur für Arbeit
finden Sie im Internet unter www.ba-audio.de.
Folgen Sie der Bundesagentur für Arbeit auf Twitter:
www.twitter.com/bundesagentur
Pressekontakt:
Bundesagentur für Arbeit
Presseteam
Regensburger Strasse 104
D-90478 Nürnberg
E-Mail: zentrale.presse@arbeitsagentur.de
Tel.: 0911/179-2218
Fax: 0911/179-1487
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