DER STANDARD-Kommentar: "Wie die SPÖ ein Thema verschläft" von András Szigetvari
Geschrieben am 06-02-2014 |
Schwarz verweigert den Kampf gegen Steuersünder, Rot schweigt
aus Feigheit (Ausgabe ET 7.2.2014)
Wien (ots) - tellen Sie sich vor: Ein Mann spaziert in ein
Elektrofachgeschäft und stiehlt einen Fernseher und ein paar iPhones.
Einen Monat später überkommt den Dieb schlechtes Gewissen, und er
bringt alles zurück. Als Wiedergutmachung kauft er ein paar
Staubsaugerbeutel im Laden, und das war's - Strafe muss er keine
fürchten.
Klingt verrückt? Ist es nicht. Im Steuerrecht gilt, dass sich
jeder Hinterzieher mit einer Selbstanzeige reinwaschen kann, sofern
er seine Steuerschuld inklusive Strafzinsen begleicht. Dabei ist es
ganz gleich, ob man so wie Alice Schwarzer hunderttausende Euro
unterschlägt oder nur ein paar Hunderter versteckt. Dass dieser
staatliche Ablasshandel jedem Gerechtigkeitsempfinden zuwiderläuft,
liegt auf der Hand. Warum sollten jene, die die Gemeinschaft im
großen Stil beklauen, besser behandelt werden als ein kleiner
Ladendieb?
Über die Notwendigkeit der Regeln ist in Deutschland und
Österreich nun ein Streit entbrannt, wobei die Vorzeichen der
Debatten unterschiedlich sind. In Deutschland drängt die SPD auf eine
Verschärfung der Regeln. Hinterzieher sollen deutlich mehr für den
Weg in die Legalität bezahlen.
In Österreich sind die Regeln schon bisher laxer als in
Deutschland - reumütige Steuersünder kommen viel billiger davon.
Dennoch reagiert Rot-Schwarz abweisend auf Änderungsvorschläge. Bei
der ÖVP ist die Linie wenigstens konsequent: Sie drückt bei
Steuerflucht ein Auge zu und verteidigte das Bankgeheimnis, solange
es ging, aus der Furcht, ausländisches Schwarzgeld würde von den
heimischen Banken abgezogen werden. Sie hat kein Interesse daran,
reiche Hinterzieher, die selten links wählen, zu vergrämen.
Die SPÖ dagegen agiert, wie schon bei der Debatte übers
Bankgeheimnis, mit einer Mischung aus Feigheit und Unvermögen.
SPÖ-Politiker erzählen unter der Hand, dass sie schärfere Gesetze
befürworten. Aber das Thema lasse sich öffentlich nicht verkaufen.
Es solle nicht der Eindruck entstehen, Kanzler Faymann sei hinter
Omas Sparbuch oder dem Arbeiter her, der einem Handwerker 200 Euro
schwarz bezahlt. Außerdem will man keine Schlagzeilen à la "Krach in
der Koalition" erzeugen. Dabei könnte die SPÖ mit dem Kampf gegen
Steuerbetrug punkten. In Zeiten straffer Sparkurse gibt es für höhere
Sozialleistungen kaum Spielraum, und die Steuerlast für Normalbürger
ist hoch genug. Wer Hinterzieher schärfer verfolgt, tut etwas für den
sozialen Frieden und die Gerechtigkeit. Dafür müsste man den Bürgern
aber wiederholt erklären, dass es eben nicht um 200 Euro für
Handwerker geht, sondern um Millionen auf Geheimkonten.
Das Thema ist politisch auch deshalb so lohnend, weil sich die
internationalen Vorzeichen gerade ändern. Hauptargument für das
System Selbstanzeige ist, dass der Staat Hinterziehern einen
einfachen Weg in die Legalität ermöglichen muss, um an unterschlagene
Gelder zu kommen. Bisher stimmte dieses Argument. Doch angestoßen von
den USA hat sich die Industriestaaten-Organisation OECD soeben auf
ein neues System der Steuerkooperation geeinigt. Das Bankgeheimnis
für Ausländer soll endlich fallen. Briefkastenfirmen werden für
Steuerbehörden weltweit durchsichtiger. Die USA und die EU, aber auch
China und Brasilien wollen die Regeln 2015 einführen. Jene, die wie
Österreichs Koalition auf der Bremse stehen, tun den Ehrlichen und
jenen, die gar keine Gelegenheit haben zu betrügen, nichts Gutes.
Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom
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