Frankfurter Neue Presse: zu Karlsruhe / EZB
"Die Angst der Verfassungsrichter vor dem Super-GAU"
Kommentar von Panagiotis Koutoumanos
Geschrieben am 07-02-2014 |
Frankfurt am Main (ots) - Der normativen Kraft des Faktischen
haben sich nun auch die Karlsruher Hüter des Rechts beugen müssen.
Und Fakt ist nun mal: Allein die Ankündigung der EZB, notfalls
unbegrenzt Anleihen von Euro-Krisenstaaten zu kaufen - wenn sich
diese den harten Auflagen des Rettungsfonds' ESM unterwerfen - hat
gereicht, um auf dem Höhepunkt der Euro-Schuldenkrise die
Währungsunion zu retten. Von dem Versprechen dieses "OMT"-Programms
zehrt die Eurozone heute noch: Die Anleihe-Zinsen der Krisenländer
bewegen sich seitdem auf erträglichem Niveau, und die Fragmentierung
der Finanzmarktes hat deutlich nachgelassen - Staatsbankrotte und
Euro-Austritte sind kein ernsthaftes Thema mehr.
Dass sich die EZB mit dem OMT-Programm in einer rechtlichen
Grauzone bewegt, wird niemand bestreiten; dass EZB-Präsident Mario
Draghi nicht demokratisch legitimiert ist, auch nicht; und dass es -
wenn denn die EZB gezwungen wäre, ihr Versprechen wahr zu machen-
auch um deutsches Geld ginge, ist ohnehin klar. Aber um die
vermeintliche Herrschaft des Rechts zu sichern, die - noch allzu
fragile - Stabilität der Eurozone zu gefährden und damit gleich die
weltweite Wirtschaft in Turbulenzen zu stoßen, kann nie und nimmer
eine Option sein. Zumal dann die EZB gezwungen wäre, andere höchst
unkonventionelle Maßnahmen zu ergreifen, die hierzulande nicht minder
umstritten wären.
Das hat nun auch das Bundesverfassungsgericht eingesehen. So
bezichtigen die Richter die Zentralbank zwar der
Kompetenz-Überschreitung und bekunden damit eindeutige Sympathie für
die Beschwerdeführer. Aber für einen globalen volkswirtschaftlichen
Super-GAU wollen auch sie nicht verantwortlich sein. Deshalb
verzichten sie auf das einzige ihnen zur Verfügung stehende
rechtliche Instrument, das möglicherweise dazu taugen könnte, die EZB
indirekt in die Schranken zu weisen: ein Feststellungsurteil, in dem
die Verfassungsrichter dem Bundestag Grenzen setzen, an die sich
dieser im Rahmen europäischer Beschlussverfahren zu halten hätte.
Schließlich hat der Bundestag über die Bindung des OMT-Programms an
den ESM ein Mitsprache-Recht - bevor dieser Gelder freigibt, muss der
deutsche Bundesfinanzminister die Zustimmung des Bundestages
einholen.
Dass die roten Roben die Entscheidung über das OMT-Programm nun
dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) überlassen, heißt aber nicht,
dass sie sich um eine Entscheidung drücken oder nun gar "Kompetenzen
nach Luxemburg verlagern", wie uns nun einige weißmachen wollen. Ganz
im Gegenteil: Damit akzeptiert das Bundesverfassungsgericht, dass es
als nationales Gericht gar nicht die Rechtsaufsicht über die EZB hat,
dass die EZB als europäisches Organ nicht dem deutschen Grundgesetz
unterworfen ist, sondern den europäischen Verträgen - und damit nur
der EuGH über OMT entscheiden kann. Den Vorwurf, das
Bundesverfassungsgericht sei nicht bereit, sich in die Riege
nationaler Verfassungsgerichte einzureihen, sondern mit dem EuGH auf
Augenhöhe agieren wolle, hat Karlsruhe so zunächst entkräftet.
Damit ist es nun sehr unwahrscheinlich geworden, dass die
Währungshüter ihr OMT-Programm werden einschränken oder gar ad acta
legen müssen. Zum einen hat der EuGH in der Vergangenheit immer
wieder große Europa-Freundlichkeit bewiesen. Zum anderen hat das
Bundesverfassungsgericht sich mit seiner sogenannten
"Honeywell"-Entscheidung aus dem Jahr 2010, wonach ein
Kompetenzverstoß "offensichtlich" sein muss, selbst Beschränkungen
auferlegt. Dass Karlsruhe dem EuGH die Gefolgschaft verweigern wird,
ist demnach nicht anzunehmen. Mario Draghi kann also aufatmen - und
mit ihm alle, die davon überzeugt sind, dass das OMT-Programm der
wichtigste Grund dafür ist, dass die Währungsunion nicht mehr in
großer Gefahr schwebt.
Pressekontakt:
Frankfurter Neue Presse
Chef vom Dienst
Peter Schmitt
Telefon: 069-7501 4407
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
510840
weitere Artikel:
- Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar
Olympische Winterspiele in Sotschi
Absurde Wahl
JÜRGEN HÖPFLS Bielefeld (ots) - Die Winterspiele 2014 in Sotschi, die gestern
begonnen haben, kom-men zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Das sollten
und dürfen selbst die Herren der Ringe im Internationalen Olympischen
Komitee, dem für Zweitmeinungen ansonsten wenig empfänglichen IOC,
nicht bestreiten: Die olympische Idee steht mitsamt ihrer
historischen Ideale mehr denn je zur Debatte. Das Volk hinterfragt
generell den Sinn überbordender Veranstaltungen, die eine Stadt in
einen teuren und überdimensionalen Ausnahmezustand versetzen, ehe sie
in eine mehr...
- Thüringische Landeszeitung: VORABMELDUNG: FDP-Chef Lindner warnt: Deutschland darf nicht mit Militäreinsätzen pauschal kokettieren Weimar (ots) - FDP-Parteichef Christian Lindner hat vor einer
Ausweitung von Militäreinsätzen der Bundeswehr, beispielsweise in
Afrika, eindringlich gewarnt. "Deutschland gewinnt nicht an
weltpolitischer Reife, wenn wir jetzt mit Militäreinsätzen pauschal
kokettieren", sagte er in einem Interview mit der in Weimar
erscheinenden Thüringischen Landeszeitung (Samstagsausgabe). Jede
Krisensituation und jede Anforderung müsse individuell bewertet und
entschieden werden. Deutschland müsse aber diplomatische Mittel den
militärischen vorziehen. mehr...
- Thüringische Landeszeitung: VORABMELDUNG: FDP-Chef Lindner fordert von der Bundesregierung klarere Worte gegenüber Russland Weimar (ots) - FDP-Parteichef Christian Lindner hat von der
Bundesregierung klarere Worte gegenüber Russland verlangt.
"Putin-Russland darf unseren Sportlerinnen und Sportlern bei den
Olympischen Winterspielen in Sotschi keinen Maulkorb verhängen",
sagte er in einem Interview mit der in Weimar erscheinenden
Thüringischen Landeszeitung (Samstagsausgabe). Dafür brauche das Team
"mehr Rückendeckung seitens der deutschen Politik", sagte er. "Die
Bundesregierung ist mir zu schweigsam."
Pressekontakt:
Thüringische Landeszeitung
Chef mehr...
- Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Wowereit Bielefeld (ots) - Die SPD hat gute Gründe, Klaus Wowereit den
Rücken zu stärken. Wenngleich Steuervergehen und das Wissen davon in
diesen Tagen keine lässlichen Sünden sind, so will die Partei den
Regierenden Bürgermeister der Hauptstadt im Amt halten. Weil sie gar
nicht anders kann. Zu Wowereit gibt es in Berlin derzeit keine
Alternative. Meint die SPD, und auch der Koalitionspartner CDU hält
sich mit Kritik oder gar Rücktrittsforderungen zurück. Einen
Nachfolger hat der 60-Jährige bislang nicht aufgebaut. Der Berliner
SPD-Landesvorsitzende mehr...
- Mitteldeutsche Zeitung: zu Bundesverfassungsgericht Halle (ots) - Die deutschen Verfassungsrichter haben erstmals
einen Fall an den EuGH verwiesen. Er soll entscheiden, ob die
Europäische Zentralbank bei der Euro-Rettung ihre Kompetenzen
überdehnt hat. Doch hinter der scheinbaren Geste der Kooperation
verbirgt sich ein Affront. Im konkreten Fall ist Karlsruhe so
eindeutig unzuständig, dass sogar manche Verfassungsrichter Skrupel
hatten, sich einzumischen. Außerdem wird dem EuGH nicht wirklich die
Entscheidung überlassen. Die Karlsruher haben schon erklärt, dass
sie das Rettungsprogramm mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|