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Schwäbische Zeitung: Leitartikel - EU braucht Feingefühl

Geschrieben am 19-02-2014

Ravensburg (ots) - Ein symbolträchtigeres Bild für die große
ukrainische Krise könnte es nicht geben: Der Platz der Unabhängigkeit
- vielen auch als Maidan bekannt - stand Tag und Nacht in Flammen.
Die große Sorge ist nun, dass der Brand von der Hauptstadt Kiew auf
den Rest des größten Flächenstaates Europas übergreift. Nein, ein
Bürgerkrieg in der Ukraine nach dem Vorbild Syriens oder Nordirlands
ist nicht vorstellbar. Doch es ist möglich, dass eine Gewaltwelle
mehr Todesopfer fordert und die ohnehin vorhandene kulturelle
Spaltung des Landes so weit verschärft, dass der Graben zwischen dem
pro-russischen Südosten und westlich orientiertem Nordwesten samt
Kiew politisch nicht mehr überbrückt werden kann. Es war schon immer
kompliziert in der Ukraine. Der strategisch wichtige Partner der EU
strebt hinaus aus der Einflusszone Moskaus, will aber keinen Bruch
oder gar eine völlige Loslösung vom mächtigen Nachbar-Bruderstaat.
Der permanente Kampf zwischen den rivalisierenden Machtgruppen lässt
dem zerrissenen Land keine Ruhe. Eine schwache und gespaltene Ukraine
ist jedoch dazu verdammt, ein politischer Außenseiter in Europa zu
bleiben. Die jetzige Eskalation kommt nicht überraschend. Präsident
Viktor Janukowitsch ist schwach und seinen Gegnern mangelt es an
Ansehen und Erfahrung, um die Rebellion zu kontrollieren. Letzteres
ist ein Unterschied zur "orangenen Revolution" 2004, die als
friedlicher Massenprotest eine Ausnahme blieb. Dabei haben Klitschko
& Co. das gleiche Problem wie einst der Oppositionschef Viktor
Juschtschenko: Sie haben keinen Rückhalt bei der russischen Führung,
die durch wirtschaftliche und politische Einflussnahme den
ukrainischen Konflikt mit lenkt. Europa kann helfen - jedoch weniger
durch Sanktionen, sondern vielmehr mit einfühlsamer Diplomatie, die
für den Kreml akzeptabel ist. Die Diplomaten der Europäischen Union
müssen letztlich als Vermittler die Interessen Russlands
berücksichtigen und ein Angebot machen, zu dem Putin und Janukowitsch
nicht "Nein" sagen können.



Pressekontakt:
Schwäbische Zeitung
Redaktion
Telefon: 0751/2955 1500
redaktion@schwaebische-zeitung.de


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