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Börsen-Zeitung: Auf Tuchfühlung zum Rekord, Marktkommentar von Christopher Kalbhenn

Geschrieben am 21-02-2014

Frankfurt (ots) - Niemand hätte es dem Dax in der abgeschlossenen
Woche übelnehmen können, wenn er verschreckt auf Tauchfahrt gegangen
wäre. Doch das Gegenteil ist geschehen. Obwohl er von einer Reihe
verunsichernder Faktoren bedrängt wurde, hat sich der Index
bemerkenswert robust gezeigt. Am Donnerstag ging er mit seinem
Wochenhoch sogar auf Tuchfühlung zum Rekord vom 21. Januar. Nur noch
rund 100 Zähler oder etwas mehr als 1% fehlten bis zu einem neuen
Höchststand.

Dabei hatte sich die amerikanische Zentralbank Fed am Abend zuvor
an einer der Grundfesten der Optimisten für das laufende Jahr
vergriffen. Hatten sich die Marktteilnehmer nach dem Start des
Tapering damit getröstet, dass damit noch längst keine echte
geldpolitische Verhärtung einhergeht und eine Leitzinssenkung erst
irgendwann ab Mitte 2015 ansteht, traf die Fed mit dem Protokoll der
zurückliegenden zinspolitischen Tagung die rhetorische Vorbereitung
der ersten Zinsanhebung. Sie veröffentlichte eine Diskussion über den
Leitzins und teilte zudem mit, dass einige Mitglieder des für die
Geldpolitik zuständigen Gremiums sogar eine frühzeitige
Leitzinserhöhung für vorstellbar halten.

Die Erkenntnis, dass die Leitzinswende in den USA möglicherweise
früher kommt als bislang erwartet, konnte den Aktienmarkt jedoch
ebenso wenig nachhaltig beeinträchtigen wie etliche andere
Belastungen. Dazu zählen neben erneut beunruhigenden Daten aus China
die anhaltenden Schwellenländerturbulenzen, wobei der Fokus sich auf
die Unruhen in der Ukraine verschoben hat, die verstärkt auf den
Rubel und die mittelosteuropäischen Währungen ausstrahlt.
Insbesondere die Talfahrt des Rubel auf immer neue Rekordtiefen zum
Euro ist angesichts der stark gestiegenen Ausfuhren nach Russland
gerade für den deutschen Aktienmarkt nicht unerheblich. Nicht zuletzt
hat die Berichtssaison ein durchwachsenes Bild geboten und waren
einige Unternehmensausblicke eben wegen der Währungsproblematik eher
skeptisch angehaucht.

Dennoch lag der Dax am Freitag nur 137 Punkte unterhalb des
Rekordhochs. Ob allerdings diese kurze Strecke in nächster Zeit auch
noch geschafft oder sogar die Schwelle von 10.000 Zählern erreicht
wird, ist jedoch fraglich. Trüben sich die Aussichten für dieses Jahr
durch die Schwellenländerturbulenzen oder erneut enttäuschende
Konjunkturdaten weiter ein, dürfte der Durchbruch nach oben auf sich
warten lassen.

Die Commerzbank befürchtet, dass genau dies geschehen wird: "Wir
gehen davon aus, dass fallende Dax-Gewinnerwartungen und Sorgen um
die Emerging Markets die Aktienmärkte zunächst weiter bremsen
werden." So seien die Gewinnerwartungen für den Dax für das
Geschäftsjahr 2014 im vergangenen Quartal nochmals von 740 auf 723
Punkte nach unten revidiert worden.

Dabei hätten die Analysten für 105 der 160 Unternehmen im HDax und
SDax ihre Gewinnschätzungen gesenkt. In den Emerging Markets rücke
das Schattenbankensystem in China zunehmend in das Blickfeld der
Aktieninvestoren. Das Institut verweist auf die "Trust Loans". In
ihnen würden Kredite für einzelne Unternehmen von Trustbanken
arrangiert und durch den Verkauf von Anlageprodukten an vermögende
Privatkunden refinanziert.

Vor allem der Mai werde möglicherweise ein kritischer Monat, wenn
eine relativ große Zahl der "Trust Loans" fällig wird. "Negative
Trends in den Emerging Markets könnten daher neben fallenden
Dax-Gewinnerwartungen ein wichtiger Grund bleiben, warum sich der Dax
in den kommenden Monaten seitwärts bewegen sollte." Die WGZ Bank ist
zwar grundsätzlich optimistisch und sieht den Dax in zwölf Monaten
bei 10.300 Punkten. Zunächst erwartet aber auch sie eine eher
gehemmte Entwicklung. Die Aktienmärkte bewegten sich in zunehmend
volatilem Fahrwasser, die Marktteilnehmer seien ein wenig beunruhigt,
und möglicherweise werde die jüngste Schaukelbörse noch einige Zeit
anhalten.

Denn die Konjunkturdaten aus Amerika seien mittlerweile nicht mehr
ganz so positiv, und auch in China gebe es Schwächeanzeichen. Zudem
sei die Bilanzsaison kein Selbstläufer, obwohl die Finanzdaten
teilweise sehr ansprechend ausfielen. "Dennoch sorgen die oftmals
verhaltenen Unternehmensprognosen für Bruchlandungen, gleichzeitig
verdeutlichen die Umsatzzahlen den Einfluss der bisherigen
Wechselkursschwäche aus den Emerging Markets", so die Strategen, die
auf den mit Enttäuschung aufgenommenen Ausblick von Henkel verweisen.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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