neues deutschland: Russland und die Krim-Krise: Maßstäbe¶
Geschrieben am 03-03-2014 |
Berlin (ots) - Es heißt nun überall, es seien die Russen, die
einen Krieg entfachten. Das wollen die Russen gewiss nicht. Wer aber
wie die Regierung in Moskau erklärt, seine Streitkräfte
gegebenenfalls »zur Normalisierung« der Lage in einem anderen,
souveränen Land einzusetzen, muss sich fragen lassen, ob er alles
unternimmt, damit ein Krieg ausbleibt. Sicher: Die Lage ist
komplizierter, als es viele der drohend gen Kreml gerichteten Rufe
weismachen wollen. Wer von denen, die jetzt Putin an das Völkerrecht
erinnern, hat dieses auch bei anderen »Hilfseinsätzen« ernsthaft
hochgehalten? Wer von denen, die jetzt Russland vor einer Eskalation
auf der Krim und damit in der Ukraine warnen, hat gesehen, dass es
die EU war, die mit ihrer teils planlosen, teils interessengeleiteten
Unterstützung des von Gewalt getragenen Umsturzes in Kiew viel zur
Krim-Krise beisteuerte? Und ja, auch das stimmt: Es gibt eine
verbreitete Russlandfeindseligkeit, es gibt einen
geschichtsvergessenen Umgang mit Moskau, und Russland ist vom Westen
in der Vergangenheit mehr als einmal gedemütigt worden. Doch kann das
als Argument für ein Vorgehen taugen, das Maßstäbe wie den Vorrang
friedlicher Konfliktlösung, die Ablehnung militärischer Gewalt, die
Geltung des Völkerrechts usw. untergräbt? So richtig die Kritik am
Westen in der Ukraine-Frage bleibt, so falsch wäre es, schon deshalb
das Moskauer Vorgehen für unterstützenswert zu halten. Meint da wer,
die Russen wollten einen Krieg? Die Russen gewiss nicht. Doch ihre
Regierung trägt mit dazu bei, dass einer in der Luft liegt.
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