Bain-Studie zum Markt für Energieeffizienz / Energierevolution schafft Wachstumspotenziale
Geschrieben am 07-03-2014 |
München/Zürich (ots) -
- Markt für Energieeffizienz wächst jährlich um 16 Prozent
- Im Ausrüstungsmarkt setzen sich energieeffiziente Produkte durch
- Schlanke Energiedienstleister am besten positioniert
- Dezentrale Erzeugung greift Geschäftsmodell der Energieversorger
an
Weltweit suchen Unternehmen und Verbraucher nach Möglichkeiten,
ihren Energieverbrauch zu reduzieren. Sie wollen Kosten senken, die
Umwelt entlasten oder müssen gesetzliche Auflagen erfüllen.
Energieeffizienz ist somit zu einem dynamischen Wachstumsmarkt
geworden, der 2012 weltweit schon Umsätze von rund 440 Milliarden
Euro erwirtschaftet hat. Mittelfristig wird dieser Markt mit
durchschnittlich 16 Prozent pro Jahr weiterwachsen. Dies ist das
Ergebnis der Studie "Helping Businesses become more energy efficient"
der internationalen Managementberatung Bain & Company.
Energieeffizienzprodukte wie Dämmungen, Software und verbrauchsarme
Geräte machen etwa zwei Drittel dieses Markts aus. Ein Drittel
entfällt auf Dienstleistungen wie Datenmanagement, Beratung oder
Contracting. Neben Herstellern für Elektrik und Elektronik,
Baumaterialien und anderen Energiesparprodukten profitieren vor allem
Energiedienstleister von diesem Trend.
Bei Energiesparprodukten denken viele beispielsweise an
LED-Lampen. Tatsächlich machen diese Produkte aber nur einen kleinen
Teil des Marktes aus. Deutlich umsatzstärker sind Dämmstoffe oder
energieeffiziente Antriebe und Geräte. Dabei ist der
Energieeffizienzmarkt nur zu rund 25 Prozent ein Verbrauchermarkt.
Drei Viertel der Ausgaben für energiesparende Produkte und Dienste
werden von Unternehmen nachgefragt. Die Gründe sind vielfältig:
Einerseits steigen die Energiepreise, so dass gerade energieintensive
Branchen ihre Kosten senken müssen. Andererseits gibt es weltweit
zahlreiche Gesetzesinitiativen, die Unternehmen drängen,
energieeffizienter zu werden. Dazu zählt zum Beispiel die Europäische
Energieeffizienz-Direktive. Hinzu kommt, dass immer mehr Unternehmen
sich die Minimierung ihres ökologischen Fußabdrucks zur Aufgabe
machen. Für sie stehen nicht nur Kosten oder Compliance im
Vordergrund, sondern die langfristige Nachhaltigkeit ihres
Geschäftsmodells.
"Die eigene Energieeffizienz wird zu einer immer wichtigeren Frage
für Unternehmen", sagt Dr. Kim Petrick, Partner bei Bain & Company
und Energieexperte. "Viele Firmen haben sich ambitionierte Ziele
gesteckt, und die meisten lassen sich dabei von Spezialisten helfen.
Professionelle Energieeffizienzdienste werden so zu einem der größten
Wachstumsfelder."
Gute Chancen für Hersteller, Dienstleister und Versorger
Typische Felder für Energiedienstleistungen sind: die energetische
Optimierung von Gebäuden, Produktion und IT, die Verbesserung von
Energieeinkauf und Logistik, ein intelligentes Energiemonitoring, mit
dessen Hilfe Verbrauchsspitzen gesteuert werden können, Konzepte zur
Restenergieverwertung sowie die Optimierung der eigenen
Energieerzeugung.
Bereits heute ist die Energieservicelandschaft vielschichtig.
Führende Industrieausrüster wie Alstom, ABB, Schneider oder Johnson
Controls kombinieren den Vertrieb ihrer energiesparenden Produkte mit
Dienstleistungen zur Prozessoptimierung. IT-Firmen wie Cisco, IBM,
Microsoft oder SAP bieten Software für die Sammlung und das
Management von Energiedaten an. Energiedienstleister wie Cofely,
Dalkia, Getec oder Wood Group offerieren integrierte
Energiedienstleistungen einschließlich Beratung und
Verbrauchssteuerung. Und viele Versorger - von vor Ort verankerten
Stadtwerken bis hin zu international tätigen Energiekonzernen - haben
Energieserviceunternehmen gegründet.
Besonders gute Zukunftschancen bescheinigt die Bain-Studie drei
Arten von Unternehmen:
1. Energiedienstleister sind am besten positioniert, um vom
wachsenden Dienstleistungsmarkt zu profitieren. Sie haben ihren
Ursprung im Installations- oder Baugewerbe und entwickeln sich in
Richtung Wartung und Betrieb. Viele dieser Unternehmen bieten bereits
Energieeffizienzservices an, sind jedoch oft zu klein, um mit der
erforderlichen Serviceorganisation zu skalieren. Bisher zogen
kleinere Energiedienstleister Ingenieurbüros hinzu, wenn die Aufgabe
zu komplex wurde. Einige, beispielsweise die GDF Suez-Tochter Cofely,
bauen eigene Kompetenz im Engineering, Contracting und
Facility-Management auf. Andere wie Dalkia vertrauen auf die
Kombination von internationaler Erfahrung und lokaler Expertise, um
ihren Kunden zunehmend effizient industrialisierte Services bieten zu
können.
2. Hersteller von Industriegütern und -ausrüstung profitieren vom
steigenden Bedarf ihrer Kunden, ältere und wenig effiziente Systeme
und Anlagen auszutauschen. Dabei konzentrieren sie sich meist auf den
Service für ihre eigenen Produkte, weniger auf generelle Dienste für
alle Anlagen und Energiebedarfe des Kunden. Für Hersteller ist es oft
schwierig, kontinuierliche Dienstleistungen für ihre räumlich meist
weit verteilte Kundschaft zu erbringen - speziell dann, wenn ein
unabhängiger Vertrieb oder Lieferant zwischen ihnen und dem Kunden
steht. Einige Hersteller haben dennoch interessante Teilmärkte
identifiziert und investieren intensiv in Systeme für
Energiedatenmanagement und -steuerung. Dazu gehören der
Aufzugshersteller Schindler oder die Energietechniksparte des
Industriekonzerns ABB.
3. Energieversorger sind derzeit vor allem lokal mit ihren
Dienstleistungen erfolgreich, wo sie eine enge Kundenbindung mit
eigener Infrastruktur verbinden können, zum Beispiel bei Fernwärme
oder lokalen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen. Regionalen und
überregionalen Versorgern fällt es häufig schwer, Energieservices
aufzubauen. Der politisch gewollte Umbau des Energiemarktes gerade in
Deutschland bedroht ihr Kerngeschäft, sprich: Erzeugung und
Verteilung von Strom, mit Umsatzverlusten von perspektivisch bis zu
40 Prozent. Energieservices wie ein dezentrales Energiemanagement
oder Verbraucherdienste können diese Verluste nur teilweise
ausgleichen. Dennoch haben die Versorger mit ihrer Expertise im
Management komplexer Energiesysteme für Zehntausende von Kunden einen
Wettbewerbsvorteil bei Datenmanagement und -steuerung. Ein gutes
Beispiel ist der britische Versorger Centrica, der sich derzeit zu
einem kundenorientierten Dienstleister wandelt. Interessant für große
Versorger ist die Zusammenarbeit mit lokalen Dienstleistern, die für
effiziente Installations- und Wartungsarbeiten besser aufgestellt
sind.
Erfolgsfaktoren für neue Geschäftsmodelle
Ein kritischer Punkt für Energieeffizienzservices ist die
Leistungserbringung selbst. Zum Teil müssen erst geeignete Partner
gefunden werden, um ein ganzheitliches Serviceportfolio anbieten zu
können. Noch kann kein Unternehmen alle Stufen der
Wertschöpfungskette abdecken, die von Diagnose und Beratung über
technische Planung und Produktauswahl bis zu Installation und
Inbetriebnahme sowie Steuerung reicht. Häufig ist entscheidend, auch
lokale Partner zur kosteneffizienten Erbringung von
Vor-Ort-Wartungsarbeiten einzubinden. Beim Contracting kommen noch
Finanzierung und Betrieb der Anlagen hinzu.
Die Wirtschaftlichkeit von Geschäftsmodellen rund um
Energieeffizienz wird oft von regulatorischen Gegebenheiten
beeinflusst. Deshalb müssen Unternehmen Gesetzesinitiativen und
Förderprogramme ebenso berücksichtigen, wie sie von den Möglichkeiten
Gebrauch machen, in technischen Gremien oder bei
Marktteilnehmeranhörungen mitzuwirken.
Insbesondere aber sollten Unternehmen beim Aufbau neuer
Serviceangebote den Hebel ihres etablierten Kerngeschäfts nutzen. Die
Produkteinheit eines Unternehmens kann beispielsweise ihr Angebot mit
Energieeffizienzdienstleistungen erweitern. Eine separate Einheit für
Energieeffizienzservices, die sich auf die Entwicklung geeigneter
Kompetenzen und Vertriebsansätze spezialisiert, sollte aus den
Kompetenzen und dem Kundenzugang des Kerngeschäfts Nutzen ziehen.
"Energieeffizienzservices sind schon heute mit vielfach überzeugenden
profitablen Geschäftsmodellen am Markt", resümiert Bain-Berater
Petrick. "Die großen Veränderungen auf den Energiemärkten eröffnen
den Marktteilnehmern zahlreiche Chancen für Innovationen und Wachstum
entlang der gesamten Wertschöpfungskette."
Infobox: Sechs Regeln für das Energieeffizienzgeschäft
1. Den gewerblichen Markt anstreben: Unternehmen bilden den
größten Kundenkreis im Energieeffizienzmarkt. Sie reagieren aktiver
auf Kostensenkungsmöglichkeiten als Verbraucher. Daher sind klare
Wertversprechen nötig, die eng auf die jeweilige Zielbranche
zugeschnitten sind. Denn ein Effizienzprogramm für ein Hotel
unterscheidet sich enorm von dem einer Brauerei.
2. Wachstumswellen nutzen: Der Bedarf nach
Energieeffizienzservices wächst nicht gleichmäßig in allen Regionen.
Er wird in hohem Maß durch Regulierungsmaßnahmen wie die Europäische
Energieeffizienz-Direktive und durch verfügbare Technologien wie
Gebäudeautomation bestimmt. Auch können niedrige Zinsen zu einer
höheren Ausgabefreudigkeit bei Hausbesitzern führen. Vorteilhaft sind
Vertragszahlungen und Honorare, die auf den für den Kunden erreichten
Einsparungen beruhen.
3. Auf dem bestehenden Geschäft aufsetzen: Erfolgreiche Anbieter
von Energieeffizienzdienstleistungen nutzen die Stärken, die ihre
Kunden bereits schätzen. Das können technisches Know-how oder intime
Kundenkenntnis sein oder der Platz in der Energiewertschöpfungskette.
Typische Ansatzpunkte sind Unterstützung bei der Steigerung der
Energieeffizienz der Kundenprodukte oder Hilfe bei
Energieeinsparmaßnahmen im Unternehmen oder an Gebäuden. Für
Versorger bieten sich Messdienste, Energieaudits oder Contracting bei
ihren Bestandskunden an.
4. Langzeitargumentation aufbauen: In einigen Bereichen, zum
Beispiel der Beleuchtung durch LEDs, können Kostensenkungen von bis
zu 50 Prozent pro Jahr erreicht werden. Doch die Amortisierung der
Anfangsinvestition dauert lange, bei Gebäuden bis zu 25 Jahre. Für
Unternehmen, die in Fünfjahreszyklen planen, ist das zu lang.
Contracting-Angebote sind hier eine gute Lösung.
5. Auf Wärme und Strom konzentrieren: Über alle Branchen hinweg
ist bei Gebäuden und Anlagen fast immer eine Optimierung von
Isolierung, Wärme- und Kältetechnik, Messtechnik und
Gebäudeautomation gefragt. Eine breite Palette technischer Optionen
in diesem Bereich ermöglicht das Angebot der besten Gesamtlösung.
6. Auf hohen lokalen Marktanteil achten: Wie in den meisten
Dienstleistungsfeldern sind auch im Energieeffizienzgeschäft
persönliche Kontakte, örtliche Nähe sowie eine gute Kenntnis der
geltenden gesetzlichen Bestimmungen, der Fördermöglichkeiten und
Steuereffekte nötig. Erfolgreiche Energiedienstleister zeigen, dass
es vorteilhaft ist, zunächst hohe Marktanteile in wenigen lokalen
Märkten aufzubauen, um dann von dieser Position aus zu expandieren.
Pressekontakt:
Leila Kunstmann-Seik, Bain & Company Germany, Inc., Karlspatz 1,
80335 München
E-Mail: leila.kunstmann-seik@bain.com, Tel.: +49 (0)89 5123 1246,
Mobil: +49 (0)151 5801 1246
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