Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel von Katia Meyer-Tien zu Lufthansa/Pilotenstreik
Geschrieben am 01-04-2014 |
Regensburg (ots) - Zum zweiten Mal innerhalb einer Woche geht
nichts mehr an den deutschen Flughäfen. Geschäftsleute versäumen
Konferenzen, Familien streichen ihre Urlaubspläne, Firmen warten auf
dringend benötigte Maschinenteile. Mit jedem Flugzeug, das nicht
abhebt, steigen die Kosten, nicht nur für die Luftfahrtunternehmen.
Die Bilder der menschenleeren Flughäfen gleichen sich, die
Hintergründe aber könnten unterschiedlicher kaum sein. In der
vergangenen Woche streikten die Angestellten im öffentlichen Dienst,
auch bei Flughafenbetreibern wie der Fraport AG. In der Mehrzahl
gehören sie zu den Gering- bis Mittelverdienern der Republik,
Jahresgehälter von 20 000 bis 50 000 Euro sind hier die Regel. Die
Gewerkschaft Ver.di fordert für sie - insgesamt 2,1 Millionen
Menschen - 100 Euro mehr pro Monat, dazu ein Lohnplus von 3,5
Prozent. In dieser Woche hingegen streiken die Piloten der Lufthansa,
Lufthansa Cargo und Germanwings, etwa 5400 Menschen mit einem
Jahresgehalt von 60 000 bis 250 000 Euro. Sie fordern zehn Prozent
mehr Lohn, außerdem wollen sie wie bisher die Möglichkeit haben, zu
günstigen Konditionen bereits mit 55 Jahren in den Ruhestand zu
gehen. Die Forderungen der Piloten klingen im Vergleich zu denen der
Beschäftigten im öffentlichen Dienst wie Wünsche aus einem anderen
Universum. Ihnen jedoch einfach Raffgier vorzuwerfen, greift zu kurz.
Ansehen, Selbstverständnis und finanzielle Wertschätzung der Piloten
sind über lange Jahre in der Sonderstellung des Luftverkehrs
gewachsen. Millionenschwere Maschinen mit Hunderten von Menschen
darin Tausende Meter über der Erde durch mehrere Zeitzonen zu
navigieren, das ist eine verantwortungsvolle Aufgabe. Und auch wenn
jeder Arzt, Schulbusfahrer oder Grundschullehrer ebenso Verantwortung
für das Leben anderer übernimmt: Der Respekt vor dem Ausnahmeberuf
des Piloten ist tief verwurzelt in vielen von uns. Darauf konnten die
Luftfahrtkapitäne lange zählen, doch das Bild wandelt sich. Fliegen
ist heute für viele Menschen Alltag. Die Lufthansa ist ein
Dienstleister, der sich im harten Konkurrenzkampf mit Billiganbietern
behaupten muss, und steckt seit 2012 in einem gewaltigen
Umbauprozess: Bis zum Jahr 2015 will der Konzern seine Fixkosten um
1,5 Milliarden Euro senken. Das geht nur mit drastischen Einschnitten
bei den Personalkosten. Mitarbeiter in anderen Unternehmensbereichen
haben das bereits zu spüren bekommen, 3500 Arbeitsplätze sollen
wegfallen, um im Wettbewerb mit Emirates, Ryanair oder Wizz bestehen
zu können. Dass die Piloten in dieser Situation mit
Maximalforderungen um ihre Pfründe kämpfen, ist verständlich. Bei
allem Neid: Wenn ein Pilot sich mit 55 Jahren nicht mehr in der Lage
sieht, ein Flugzeug sicher zu steuern, muss er die Möglichkeit haben,
ohne große Nachteile eine andere Tätigkeit ausüben zu können, bevor
er Menschenleben gefährdet - eine Regel, die nicht nur für Piloten
gelten sollte. Aber: Tatsächlich demonstriert die Lufthansa bereits
seit Wochen Entgegenkommen und Verhandlungsbereitschaft. Dass 5400
Menschen nun trotzdem für drei volle Tage den gesamten Flugverkehr
einer ganzen Volkswirtschaft behindern, liegt hauptsächlich daran,
dass sie es können. Cockpit spielt die geballte Macht einer
Spartengewerkschaft aus, die mit konkreten Forderungen und gezielten
Aktionen flexibel reagieren kann. Und so ihren Partikularinteressen
enormes Gewicht verleiht - auch Lokführer und Fluglotsen machen das
immer wieder vor. Ob das allerdings noch im Sinne eines demokratisch
orientierten Streikrechts ist, sei dahingestellt.
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Mittelbayerische Zeitung
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