Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Turbo-Abi
Geschrieben am 07-04-2014 |
Bielefeld (ots) - »Nicht für die Schule, sondern für das Leben
lernen wir!« Aber was, wenn das Leben wegen des Lernens zu kurz
kommt, möchte man dem Urheber der Zeilen, dem römischen Philosophen
Seneca, zurufen. Der wusste noch nichts von G8. Das Turbo-Abi fordert
Kindern und Eltern eine Menge ab, jeden Tag. Und nicht immer ist
klar, wofür das alles. Die Einführung der verkürzten Gymnasialzeit im
Jahr 2005 war ein unüberlegter Schnellschuss. Das gestehen heute
sogar die Befürworter ein. Die schnellstmögliche Zurverfügungstellung
von »Humankapital« für die Wirtschaft sollte so gelingen. Welch ein
Trugschluss! Jetzt haben wir den Salat und in der Verwirrung des
16-stimmigen Bildungsföderalismus ebenso vieler Bundesländer ist der
Ruf nach der Rolle rückwärts nicht zu überhören. Auch in NRW. Denn
immer mehr Eltern sind der Ansicht - um bei Seneca zu bleiben -, dass
die Sache mit dem Lernen und Leben aus der Balance geraten ist. Wenn
Sportvereine, wie jetzt in Gütersloh geschehen, mit Geldprämien um
junge Mitglieder werben, da diese wegen Freizeitmangels fernbleiben,
sollte das zu denken geben. Wenn Musikschulen beklagen, dass immer
weniger Kinder ein Instrument erlernen, nicht minder. Also
Entschleunigung statt Turbo-Abi? Alles wieder auf Anfang? Das
Nachbarland Niedersachsen sucht darin sein Heil. Man muss kein
Prophet sein, um vorauszusehen, dass auch das wieder für Unruhe an
den Schulen sorgen wird. Neue Lehrpläne, neue Unterrichtsmaterialien,
neuer Personalbedarf. Dabei müsste ein Abitur nach acht Jahren
Gymnasialzeit eigentlich möglich sein. Ganz Europa macht es
Deutschland vor. Nirgends sonst gibt es diese Debatte. Und dass der
Rest des Kontinents klüger ist, kann man nun nicht behaupten. Der
Unterschied: Die Ganztagsschule, ohne die G 8 nicht funktioniert, ist
in den meisten Ländern seit jeher Standard. In Deutschland hat man
hingegen versucht, mit der typischen Gründlichkeit alles auf einmal
umzusetzen: Ganztag, G 8 und zuletzt noch die Inklusion obendrauf.
Damit werden alle Beteiligten überfordert. Überforderung ist ein
Stichwort, das für eine andere Entwicklung steht, die in der Debatte
zu kurz kommt. Das Abitur gilt in weiten Kreisen mittlerweile als ein
Muss. Immer mehr Eltern melden ihre Kinder am Gymnasium an in der
Sorge, ohne Hochschulreife und Studium sei ihr Nachwuchs zum
Scheitern verurteilt. Aber gerade das droht vielen, die mit dem
stetig wachsenden Gymnasiastenheer nicht mitkommen. Was ist also zu
tun? Wenn es beim G 8 bleiben sollte - und trotz »Runden Tisches« und
G 9-Modellversuchen sieht es danach aus - muss der vielfach
angekündigten Entrümpelung der Lehrpläne endlich die Tat folgen, muss
die Durchlässigkeit zur Realschule wieder hergestellt werden. Und
Eltern sollten daran denken, dass Bildung mehr ist als Schule. Das
wusste schon Seneca.
Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
521390
weitere Artikel:
- Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar
Armuts-Check bei neuen Gesetzen in NRW
Politisches Korrektiv
FLORIAN PFITZNER, DÜSSELDORF Bielefeld (ots) - Sollte in Zukunft jemand darüber nachdenken, die
Studiengebühren in NRW wieder einzuführen, stünde er bevor: der
Armuts-Check. Der entsprechende Gesetzentwurf müsste auf den sozialen
Prüfstand. Verabschiedet das Landesparlament in Düsseldorf Auflagen
zum Brandschutz, hat es sich die Frage zu stellen, ob sich im Zweifel
jeder einen Rauchmelder leisten kann. Wenn Schülern neue Lernmittel
vorgeschrieben werden, ist der Kostenfaktor ebenfalls einzubeziehen.
Sozialminister Guntram Schneider hat mit seinem Vorstoß, neue Gesetze mehr...
- Schwäbische Zeitung: Kommentar - Orbán ist nicht Putin Ravensburg (ots) - Zunächst einmal gilt: Die Ungarn haben in einer
demokratischen Wahl für klare Verhältnisse gesorgt. Der Sieger heißt
erwartungsgemäß Viktor Orbán. Der hat sich in Westeuropa den Ruf
eines Problempartners erworben. In der Tat ist er ein Mann mit stark
autokratischen Zügen. Er hat, ausgestattet mit einer
Zweidrittelmehrheit, Staat und Gesellschaft quasi immer mehr auf sich
zugeschnitten. Kritiker sprechen von gleichgeschalteten Medien, von
einem ausgehöhlten Rechtsstaat, von populistischen Parolen gegen die
EU, von mehr...
- Schwäbische Zeitung: Leitartikel - Nachbesserung dringend nötig Ravensburg (ots) - Julia Klöckner ist nicht gerade die
Rentenexpertin der CDU. Aber sie kommt, wie Andrea Nahles, aus
Rheinland-Pfalz, wo sie mit der SPD konkurriert - und vielleicht ist
das ihr Grund, aus Mainz publikumswirksam mit dem Bruch der Koalition
in Berlin zu drohen. Um es vorwegzunehmen: Diese Koalition wird nicht
an der Rente mit 63 zerbrechen. Schon alleine deshalb nicht, weil der
Wunsch der SPD nach der Frühverrentung gut verschnürt ist mit dem
viel teureren Versprechen der Union, die Mütterrente einzuführen.
Kommt das mehr...
- Stuttgarter Nachrichten: Kommentar zu Rente mit 63 Stuttgart (ots) - Eigentlich wäre aufgrund der demografischen
Entwicklung ein ganz anderer Vorstoß dringend angebracht: Nicht der
kürzere, sondern der längere Verbleib der Beschäftigten im Betrieb
müsste attraktiver gemacht werden, um Expertenwissen in den
Unternehmen zu halten. Natürlich nicht zwangsweise, aber doch als
Angebot. Etwa durch eine deutliche Lockerung bei den
Hinzuverdienst-Grenzen.
Pressekontakt:
Stuttgarter Nachrichten
Chef vom Dienst
Joachim Volk
Telefon: 0711 / 7205 - 7110
cvd@stn.zgs.de mehr...
- Badische Zeitung: Wenig Sparwillen in Paris / Frankreichs Affront
Kommentar von Roland Pichler Freiburg (ots) - Die EU-Kommission und der Rat der europäischen
Finanzminister sind der Regierung in Paris schon zwei Mal
entgegengekommen. Weitere Zugeständnisse darf es nicht geben, wenn
darunter nicht ein weiteres Mal die Glaubwürdigkeit des europäischen
Stabilitäts- und Wachstumspakts leiden soll. Sicherlich spricht es
für Frankreich, wenn Staatspräsident François Hollande heute eine
Reformagenda präsentiert. Dazu sollen auch Einsparungen in den
öffentlichen Haushalten gehören. Offenbar zweifelt die französische
Regierung mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|