Mittelbayerische Zeitung: Priester, die den Geruch ihrer Herde verströmen - Nur wenn die Kirche glaubhaft die Schwachen stärkt, kann sie gesellschaftlich wieder mehr Einfluss üben. Von Julius Müller-M
Geschrieben am 23-04-2014 |
Regensburg (ots) - Die katholische Kirche hat an Ostern die
Auferstehung Christi gefeiert. Papst Franziskus musste sich dieser
Tage aber auch über die Wiederkehr alter Laster ärgern. Der ehemalige
Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone, der zweite Mann im Vatikan
unter Benedikt XVI. und Protagonist verschiedener Kirchen-Skandale
jüngerer Zeit, will demnächst sein 700-Quadratmeter-Loft im Vatikan
beziehen, so musste der Papst entsetzt erfahren. Franziskus lebt
bekanntlich auf 40 Quadratmetern im spartanischen vatikanischen
Gästehaus Santa Marta, direkt gegenüber des neuen Luxus-Domizils von
Bertone. Der Papst hält Attitüden wie die des ehemaligen
Kardinalstaatssekretärs für das Ende der von ihm seit mehr als einem
Jahr geleiteten Institution. An Ostern war der 77 Jahre alte Priester
Jorge Mario Bergoglio aus Argentinien wieder auf allen
Nachrichtenkanälen zu sehen. Und mit ihm der Eindruck, dass da nun
einer an der Spitze der weltweit größten, 1,2 Milliarden Menschen
umfassenden Glaubensgemeinschaft steht, der Privilegien und
Selbstgefälligkeit des Klerus den Kampf angesagt hat. Um wieder
Autorität zu gewinnen, um die Heilsbotschaft des Evangeliums wieder
glaubwürdig verkünden zu können, muss die Institution Kirche sich auf
den Kern ihrer Existenz besinnen. Priester, Bischöfe und Kardinäle
müssen authentisch sein und "den Geruch ihrer Herde verströmen", wie
Franziskus sagt. Wer Nächstenliebe predigt, kann nicht wie ein
Renaissancefürst leben. Männer wie Bertone oder der geschasste
Limburger Bischof Tebartz-van-Elst, der Millionen für den neuen
Bischofssitz in seiner Diözese verpulverte, schaden der Kirche. Denn
sie muss an die Grenzen der menschlichen Existenz gehen, sich um die
Schwächsten der Gesellschaft kümmern, so fordert Franziskus. Vor
Ostern ließ er bis zu 50 Euro an mehr als hundert Obdachlose in Rom
verteilen, die auf Bahnhöfen übernachten. Man mag einwenden, es
handelte sich dabei um symbolische Unterstützung angesichts des Leids
überall in der Welt. Doch diese Gesten untermauern die Worte des
Papstes, der mit traumwandlerischer Sicherheit die Prinzipien der
Medienwelt beherrscht. Er ist greifbar, formuliert synthetisch und
teilweise mit Witz. Ist Franziskus deshalb oberflächlich, wie ihm vor
allem seine Gegner im Vatikan vorwerfen? Macht der Papst mit seinem
Vorsatz ernst, etwa auch die Vatikanbank von einem
Geldwäsche-Institut zu einer wahrhaft karitativen Organisation
umzuwandeln, kann er seine Kritiker Lügen strafen. Die Botschaft des
Papstes, die an den Kern christlicher Ideale rührt, ist auch für
Kirchenkritiker akzeptabel, die mit dem moralischen Zeigefinger aus
Rom schon lange nichts mehr anfangen können. Franziskus legt den von
zahlreichen Affären verdeckten Sinn christlicher Existenz wieder
frei, auch wenn er sich in wichtigen Fragen wie Abtreibung oder
Homo-Ehe nicht von den Hardlinern im Vatikan unterscheidet. Er hat
jedoch erkannt, dass die Kirche mit der Betonung von Verboten nicht
weiterkommt. Zuviel Kredit hat sie durch Skandale wie den des
Kindesmissbrauchs durch Kleriker, durch Geldwäsche in der Vatikanbank
und interne Streitigkeiten verspielt. Nur wenn die Kirche ihre
Identität als Verteidigerin der Schwächsten stärkt, kann sie
erwarten, auch gesellschaftlich wieder mehr Einfluss zu üben.
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Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
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