DER STANDARD-Kommentar: "Von Monstern und Zeitgeistern" von Michael Völker
Geschrieben am 28-04-2014 |
Die Angst der ÖVP vor den Neos: Die Erstarrung steht der
Veränderung im Weg (Ausgabe ET 29.4.2014)
Wien (ots) - Ein fliegendes Spaghettimonster versetzt die ÖVP in
Angst und Schrecken: Niko Alm, ein Nationalratsabgeordneter der Neos,
will die "Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters" offiziell als
"religiöse Bekenntnisgemeinschaft" anerkennen lassen. Immerhin gebe
es in Österreich bereits 450 bekennende "Pastafaris". In der ÖVP
wittert man den Skandal und sieht endlich die Möglichkeit gekommen,
den Neos eins überbraten zu können. "Religionsfeindlich" sei das,
heißt es in offiziellen Aussendungen der Partei.
Die Religion des fliegenden Spaghettimonsters versteht sich als
ironische, kritische Bewegung gegen religiöse Inhalte im Unterricht.
Den Witz muss man nicht verstehen, und Ironie ist der ÖVP fremd.
Deren Generalsekretär postet jetzt Fotos, die Parteichef Michael
Spindelegger zeigen, wie er am Sonntag in Rom Papst Franziskus die
Hand schüttelt, auf der anderen Seite Niko Alm mit einem Nudelsieb,
der offiziellen, aber vielleicht nicht hundertprozentig ernst
gemeinten Kopfbedeckung der "Pastafaris". Das sei eben der
Unterschied zwischen ÖVP und Neos. Die Kommentare dazu: abstoßend,
denen ist nichts heilig...
Es ist schön für Spindelegger, dass er vor seiner Budgetrede noch
Zeit gefunden hat, beim Papst vorbeizuschauen, aber so wird die ÖVP
der Konkurrenz der Neos nicht beikommen. Das Spaghettimonster ist
nicht das Wappentier der Neos, Alms Kampf gegen Kirchenprivilegien
nicht Parteilinie. Tatsächlich sind die Neos inhaltlich sehr breit
aufgestellt, das ergibt sich auch aus den unterschiedlichen
Charakteren, die im bunt zusammengewürfelten Nationalratsklub
zusammengefunden haben.
Die Absicht der ÖVP ist klar: Dort einen Keil hineinzutreiben. Das
konservativ-bürgerliche Lager, das sich auch bei den Neos findet,
gegen diejenigen auszuspielen, die politisch gesehen aus der anderen
Richtung kommen und ungewöhnliche Ideen vertreten. Dass einem Alm auf
die Nerven gehen kann, werden auch seine Parteifreunde so erleben.
Aber noch sind die Neos selbstbewusst genug, um auch sehr
unterschiedliche Persönlichkeiten und Zugänge auszuhalten. Parteichef
Matthias Strolz war in seinem bürgerlichen Beruf Coach und Moderator,
das sollte er hinbekommen.
Anders als bei Stronach, dem sich politische Hasardeure mit dem
Ausblick auf finanzielle Beute angeschlossen hatten, gab es bei den
Neos einen geordneten Zulauf. Da standen für viele die Überzeugung
und die Absicht, etwas verändern zu wollen, im Vordergrund.
Tatsächlich sind die Neos auch für die meisten Wähler eine
Projektionsfläche der Unzufriedenheit mit den herrschenden Zuständen.
Dass Politik so läuft, wie sie läuft, ist für viele unfassbar. Die
Neos waren ein Auffangbecken für diese Fassungslosigkeit. Und sie
boten die Perspektive, dass man sich konstruktiv einbringen könne.
Dem hatten die Grünen wenig und die ÖVP gar nichts entgegenzusetzen.
Michael Spindelegger treibt die Volkspartei in eine ideologische
Verengung, aus der viele flüchteten - auch zu den Neos. Das
Spaghettimonster wird dort niemanden abschrecken. Um den Wählerabgang
zu stoppen, wird sich die ÖVP ändern müssen - nicht dem Zeitgeist
anpassen, aber der Zeit. Sie muss Inhalte und Positionen überdenken,
aber auch ihre Darstellung. Und vielleicht auch den
Koalitionspartner. Dann könnte sich auch die weiße Taube mit dem
Spaghettimonster versöhnen. Es beißt nicht.
Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom
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