TROTZDEM KUNST! LEOPOLD MUSEUM ZEIGT ÖSTERREICHISCHE KUNST 1914-1918 - BILD
Geschrieben am 08-05-2014 |
Antikriegsausstellung widmet sich Künstlerschicksalen von
Schiele, Egger-Lienz und Kolig
Wien (ots) - Hundert Jahre nach den Schüssen von Sarajevo widmet
das Leopold Museum den Schicksalen österreichischer Künstler in den
Kriegsjahren 1914 bis 1918 eine packende Ausstellung, die heute,
Donnerstagabend, von Bundesminister Dr. Josef Ostermayer eröffnet
wird. Wie Leopold Museum Managing Director Peter Weinhäupl
zusammenfasst, entstand eine "interdisziplinäre Schau, die den
Bestand der Sammlung hinsichtlich der Bezüge zum Ersten Weltkrieg
aufarbeitete, die Werke des Leopold Museum in einen neuen
Zusammenhang stellt und den kritischen zeitgenössischen Blick auf das
Thema richtet."
Zwtl.: SCHIELE - EGGER LIENZ - KOLIG: DREI VON NEUN MILLIONEN Im
Mittelpunkt der rund 280 Objekte umfassenden Schau stehen die
Schicksale von Egon Schiele, Albin Egger-Lienz und Anton Kolig. Sie
bildeten unter den Millionen österreichischer Soldaten, die im Ersten
Weltkrieg kämpften, eine verschwindend kleine Minderheit. Gerade ihre
Werke spiegeln aber das leidvolle Verhängnis aller Soldaten wider,
das Spannungsfeld zwischen Anordnung von oben, etwa im Rahmen der
Tätigkeit für das Kriegspressequartier (KPQ) und dem aus ureigenem
künstlerischem Antrieb entstehenden Schaffen. Teils als Auftrag,
teils aus innerer Notwendigkeit entstanden Schlachtengemälde,
Soldatenporträts, spontane Skizzen des Frontalltags oder Bilder einer
scheinbar heilen, aber dem Untergang geweihten Welt.
Zwtl.: TROTZDEM KUNST! Die Idee zur Ausstellung hatte Leopold
Museum Direktor Peter Weinhäupl vor rund zwei Jahren. Er wandte sich
damals an den Literaturwissenschaftler Stefan Kutzenberger mit der
Bitte um Erstellung eines Konzeptes. Mit Elisabeth Leopold und dem
Kunsthistoriker Ivan Ristic formierte sich bald ein dreiköpfiges
KuratorInnenteam. Kutzenberger betont, dass er und Ristic in erster
Linie erzählerisch vorgehen wollten, während es ein Anliegen
Elisabeth Leopolds war die Leistungen der Kunst jener Zeit, die
ungebrochene Kraft des Kunstschaffens in jenen dunklen Jahren in den
Mittelpunkt zu stellen. Leopold wollte zeigen, dass in dieser Zeit
"trotzdem Kunst" entstand, worauf Ristic vorschlug dieses Motto zum
Titel der Ausstellung zu machen. "TROTZDEM KUNST!" verweist somit auf
die rege Tätigkeit der Kunstschaffenden im Ersten Weltkrieg, trotz
aller widriger Umstände. Die Schau lässt jedoch gleichzeitig
unterschiedliche Lesarten zu. Der Kunstbetrieb ging zwischen 1914 und
1918 beinahe ungebrochen weiter, von Stillstand war keine Spur: Man
organisierte umfangreiche Ausstellungen, vergab Aufträge, leitete
Bildverkäufe in die Wege.
Zwtl.: KUNST 1914-1918 IN DER SAMMLUNG LEOPOLD: "AUS DEM VOLLEN
SCHÖPFEN" Leopold Museum Direktor Franz Smola verweist auf die
Dynamik des Gedenkjahres. In diesem Taumel, in dem eine Ausstellung
auf die nächste folgt sei es "eine spannende aber auch große Aufgabe"
gewesen im Kontext all dieser Projekte einen eigenen Blickpunkt zu
entwickeln. Smola: "Wenige Museen sind so begünstigt, können zu
diesen Jahren so aus dem Vollen schöpfen, wie das Leopold Museum,
dank der immensen Sammlungstätigkeit des genialen Museumsgründers
Rudolf Leopold."
Zwtl.: SCHIELE 1914-1918 Ein eigener Raum zeigt in verdichteter
Form den Stilwandel bei Egon Schiele ab 1914 von der "Blinden Mutter"
(1914) über die geometrisierenden Formen der Gebäude im Krumauer
"Häuserbogen" bis zu den "Hockenden Frauen" (1918). Hier fand Schiele
laut Elisabeth Leopold zu einem gewissen Klassizismus, einer
malerischen Auffassung: "Es scheint als hätte er Melancholie und Tod,
Angst und Verzweiflung, die Fragwürdigkeit der Existenz nicht mehr
sehen wollen."
Zwtl.: DIE "ÖSTERREICHISCHE KUNSTAUSSTELLUNG" - STOCKHOLM 1917 Im
Jahr 1917 fand in Stockholm, im neutralen Ausland, mit der
"Österreichischen Kunstausstellung" eine riesige Leistungsschau
österreichischer Kunst statt. 600 Objekte wurden damals gezeigt,
darunter 240 Ölgemälde, Skulpturen und Grafiken von höchster
Qualität, welche einen beeindruckenden Querschnitt durch das
österreichische Kunstschaffen jener Zeit zeigten. Stefan
Kutzenberger: "Mitten in den schier endlosen Kämpfen, während an der
Südfront gerade die elfte Isonzoschlacht tobte, präsentierte sich
Österreich in "Liljevachs Konsthall" als friedliebende Kulturnation."
Anton Faistauer erntet als "der französischste unter den Malern"
Lorbeeren. Wenig Verständnis brachte das Publikum hingegen für Oskar
Kokoschkas eigenwillige Bildwelten auf. Immerhin weist seine
"Fortuna" bei näherem Hinsehen klare Kriegsbezüge auf, reitet doch im
Hintergrund ein Kavallerist, wohl der Künstler selbst, durch die
Szenerie. Auf den Verlauf des Krieges hatten diese und andere
Ausstellungen im Ausland letztlich keine Auswirkung.
Zwtl.: "HIMMEL DER BILDER" CONTRA "MORDGESCHREI DER HÖLLE"
Elisabeth Leopold beschreibt den Reigen der von ihr gezeigten Bilder
als Ausdruck einer tröstlichen künstlerischen Gegenwelt, als "Himmel
strahlender Bilder" wider das "Mordgeschrei der Hölle". Von Kolo
Mosers um 1914 entstandenem farbenprächtigem Liebespaar über Hans
Böhlers Erinnerungen an seine weiten Reisen vor dem Krieg bis zu den
unmittelbar nach dem Krieg entstandenen Gemälden Herbert Boeckls und
Oskar Kokoschkas reicht die Bandbreite. Kokoschka erlebte die
Schrecken des Krieges hautnah. Wiederholt schwer verwundet, kam er
tief verstört von den Schlachtfeldern zurück. In seinem epochalen
"Selbstbildnis, eine Hand ans Gesicht gelegt" (1918/19) "schwingt all
diese Bitternis und Unsicherheit mit", so Leopold. Das Werk stellt
einen absoluten Höhepunkt im malerischen Schaffen des Künstlers dar.
Zwtl.: EGGER LIENZ: "DER EISERNE SCHRITT DES SCHICKSALS" Albin
Egger-Lienz hatte sich 1915, noch vor dem Eintritt Italiens in den
Krieg freiwillig gemeldet, wurde jedoch schon bald wegen
Herzbeschwerden entlassen. Noch 1915 entstand die vierte Fassung des
"Totentanz". Kurator Ivan Ristic: "In Kasein auf Leinwand gemalt,
weist "Der Totentanz" eine matte Oberfläche auf, die nicht von
ungefähr an ein Fresko erinnert, eine Herausforderung, welcher sich
der Künstler erst Jahre später stellen durfte." Egger-Lienz sinnierte
an der italienischen Front über den "eisernen Schritt des ewigen
Schicksals". Als offizielles Mitglied der Kunstgruppe im k.u.k.
Kriegspressequartier malte Egger-Lienz 1916 an der Südfront, später
nur mehr im Atelier.
Zwtl.: EGON SCHIELE: "DIE SCHWERSTEN TAGE MEINES LEBENS" Egon
Schiele blieben Fronterlebnisse erspart. Und doch leidet er am
Soldatendasein: "Ich bin nun Soldat und habe die 14 schwersten Tage
meines Lebens hinter mir", schreibt Schiele 1915 während der
Ausbildung. Im Zuge seines Militärdienstes malte er Porträts
russischer Kriegsgefangener im Kriegsgefangenenlager im
niederösterreichischen Mühling bei Wieselburg ebenso wie Vorgesetzte.
Seine Sympathie für das Fremde bekundete er in einem Brief, wie Sonja
Niederacher in ihrem Katalogbeitrag darlegt: "Jedenfalls aber neige
ich weit mehr auf die drübere Seite, also unsern Feinden - ihre
Länder sind viel interessanter als unsere - dort gibt es wirklich
Freiheit - und Denkende mehr als bei uns." Und er hegt pazifistische
Gedanken. 1917 schuf Schiele im Auftrag der in der Wiener Mariahilfer
Straße ansässigen "k.u.k. Konsumanstalt für die Gagisten der Armee im
Felde" Zeichnungen der Büros und Lagerhäuser der Konsumanstalt. Im
März 1918, gegen Ende des Krieges erlebt Schiele seinen bis dahin
größten Erfolg. In der 49. Ausstellung der Wiener Secession war
seinen Werken der große Mittelsaal des Ausstellungsgebäudes
vorbehalten. Im Herbst desselben Jahres verstirbt Schiele, am
Höhepunkt seiner Karriere, an den Folgen der Spanischen Grippe.
Zwtl.: ANTON KOLIG: "ICH MALE IN GROSSER NOT" "Ich male in großer
Not" berichtet Anton Kolig 1916 vom Kriegsschauplatz. Kolig malt in
jener Zeit vor allem Porträts, von Offizieren aber auch von
Gefangenen. Er erkennt, dass das Ergebnis seiner Arbeiten sich nicht
als Propagandakunst eignet. Es entstehen jedoch aus künstlerischer
Sicht bemerkenswerte Arbeiten wie seine Darstellung einer
"Feldoperation". Erst 1917 wird Kolig offiziell ins
Kriegspressequartier berufen und beauftragt Landschaften zu malen.
Kolig hält die Ruinenlandschaften der Front fest.
Zwtl.: KRIEGSKUNST: AN DER FRONT UND IM HINTERLAND Während einige
Maler im Auftrag der Propaganda Österreich-Ungarns die Schrecken des
Krieges im Detail schildern, entstehen auch abseits der Fronten
bedeutende Kunstwerke. Kolo Moser schafft Werke von intensiver
Farbigkeit, das "Liebespaar", die "Venus in der Grotte", den
"Wanderer". Gustav Klimt arbeitet in diesen Jahren an
Frauenbildnissen und Allegorien wie "Tod und Leben". Als Klimt im
Februar 1918 stirbt, zeichnet ihn Schiele am Totenbett.
Zwtl.: ZEITGENÖSSISCHE KÜNSTLERINNEN AUS EHEMALIGEN
KRIEGSGEGNERLÄNDERN Die k.u.k. Armee kämpfte im Ersten Weltkrieg vor
allem an den Fronten gegen Italien, Rumänien, Russland und Serbien,
weshalb das Leopold Museum nun, 100 Jahre später, Künstlerinnen und
Künstler aus diesen Ländern gemeinsam mit Künstlerinnen aus
Österreich eingeladen hat, ihre heutige Sicht auf den Ersten
Weltkrieg darzulegen. Ivan Ristic: "Die Ausstellung verzichtet auf
belehrende Schlussworte. Stattdessen wird der Versuch unternommen
einen diskursiven Konnex zur Gegenwart herzustellen." Die
Italienierin Paola De Pietri zeigt ihre eindringlichen,
großformatigen Fotografien der Berglandschaften rund um den Isonzo,
einst Schauplatz erbitterter Kämpfe. Stellungen, gesprengte Felsen
und wassergefüllte Krater fungieren als stumme Zeugen des einstigen
Schreckens. Raluca Popa (RO) erinnert, ausgehend von der Flucht in
den Krieg des Hans Castorp aus Thomas Manns Zauberberg an
individuelle Entscheidungen wie jene rumänischstämmiger Soldaten, die
aus der k.u.k. Armee desertierten und auf die Seite Rumäniens
wechselten. Dmitry Gutov aus Russland zitiert seinen "Lieblingsautor"
Lenin, der sich als Pazifist entpuppt: Auf einem Bildschirm flimmert
Lenins Kritik am "reaktionären Krieg". Der serbische Künstler Rasa
Todosijevic präsentiert gegenüber den revolutionären Gedanken Gutovs
einen semireligiösen Zugang zum Thema (Erster Welt-)Krieg. Seine
"Blutige Taufe" zeigt ein aus Badewannen gebildetes, mit Blutspuren
versehenes Kreuz. Darunter erinnert ein "Berg" aus Koffern an das
Golgotha der Serben, an Krieg und Vertreibung aber auch an die
Auferstehung der Nation nach dem Krieg. Veronika Dreier hat aus
unzähligen Spielzeugsoldaten einen Teppich gebildet, Franz Kapfer
konterkariert mit "Gott, Kaiser und Vaterland" - einer aus billigen
Materialien zusammengebastelten Installation, die Elemente aus
Denkmälern der Habsburger Zeit entlehnt - im Atrium des Museums den
"Hurra-Patriotismus" jener Zeiten. Marko Lulic regt mit seiner
Schriftinstallation "Sarajevo '84" an der Fassade des Museums an über
die Symbolik von Worten und Jahreszahlen nachzudenken, das
Spannungsfeld zwischen den Schüssen von Sarajevo 1914, den
olympischen Spielen 1984, der Belagerung der Stadt in den 1990er
Jahren bis zum Heute.
Zwtl.: ANTIKRIEGSAUSSTELLUNG Durch den rasanten kriegs- und
waffentechnischen Fortschritt der Zeit war dieser Konflikt
verheerender als alles bisher Dagewesene. Doch mitten im "Großen
Krieg", in all diesem Elend, in all dieser Verwirrung entstand
bedeutende Kunst. Unter das Motto "Nie wieder Krieg!" stellt
Elisabeth Leopold deshalb die gesamte Schau: "Es ist eine
Antikriegsausstellung, ein aufschreiender Apell gegen Krieg und
sinnloses Morden."
Zwtl.: DIE AUSSTELLUNG TROTZDEM KUNST! 9. MAI BIS 15. SEPTEMBER
Die Ausstellung zeigt insgesamt ca. 280 Objekte, davon rund 40 aus
der Sammlung des Leopold Museum, 30 aus der Sammlung Leopold II und
130 Werke von öffentlichen und privaten österreichischen und
internationalen Leihgebern. Gezeigt werden Gemälde, Arbeiten auf
Papier, wie Zeichnungen, Druckgrafik, Plakate, dazu historische
Photographien, Autographen, Dokumente und Filmmaterial. Die
Ausstellungsarchitektur stammt von "archiguards". Die Austellung ist
von 9. Mai bis 15. September im Leopold Museum zu sehen.
Öffnungszeiten: Mo und Mi-So, 10-18 Uhr, Do, 10-21 Uhr. Im Juni, Juli
und August ist das Museum auch am Dienstag geöffnet. Weitere Infos
unter www.leopoldmuseum.org
Zwtl.: "TROTZDEM KUNST!" - DER KATALOG ZUR AUSSTELLUNG Zur
Ausstellung ist ein umfangreicher Katalog in deutscher und englischer
Sprache erschienen. ISBN 978-3-85033-809-7, 256 Seiten, Preis: Euro
29,90, erhältlich im LM Shop, Hg.: Leopold Museum, Wien mit Beiträgen
von Elizabeth Clegg, Carl Kraus, Stefan Kutzenberger, Elisabeth
Leopold, Sonja Niederacher, Ivan Ristic, Uwe M. Schneede, Franz
Smola, Peter Weinhäupl.
Zwtl.: SYMPOSIUM ZUR AUSSTELLUNG "TROTZDEM KUNST! ÖSTERREICH
1914-1918" 15. UND 16. MAI 2014 IM LEOPOLD MUSEUM Hundert Jahre nach
dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs gedenken zahlreiche Ausstellungen
in Österreich der "Urkatastrophe" des 20. Jahrhunderts. Wie stellt
man jedoch einen Krieg aus? Kann man das überhaupt, soll man es, darf
man es? Ein hochkarätig besetztes Symposium im Leopold Museum geht
der Frage nach der Ausstellbarkeit des Krieges nach und beleuchtet
die unterschiedliche Wirkung verschiedenster "Kriegsbilder".
Programminfos: www.leopoldmuseum.org/de/termine/symposium
THEATERSOLO "FEUERSEELE" 15. MAI UND 12. JUNI 2014 IM LEOPOLD
MUSEUM Als pazifistische Intervention widmet sich Maxi Blahas
Theatersolo "feuerseele" dem Leben der unermüdlichen Kämpferin für
den Frieden Bertha von Suttner. Das Stück von Susanne F. Wolf zeigt,
wo sich Suttners Leben und die äußeren Lebensumstände ihrer Zeit
zusammenfügen beziehungsweise auseinanderdriften. Basierend auf
wissenschaftlicher Recherche, fokussiert "feuerseele" die wichtigen
politischen, psychologischen und emotionalen Facetten aus Suttners
Biographie. Im Gedenkjahr 2014 ist dieses Stück ein theatraler
Appell, die Ideen der großen Humanistin weiter zu tragen, weiter
leben zu lassen. Nähere Infos:
www.leopoldmuseum.org/de/termine/kalender
Bild(er) zu dieser Aussendung finden Sie im AOM /
Originalbild-Service sowie im OTS-Bildarchiv unter http://bild.ots.at
Rückfragehinweis:
Leopold Museum-Privatstiftung
Mag. Klaus Pokorny - Presse / Public Relations
Tel.: 0043 1 525 70 - 1507
mailto:presse@leopoldmuseum.org
www.leopoldmuseum.org
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/573/aom
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