Börsen-Zeitung: Im Zinstal, Marktkommentar von Kai Johannsen
Geschrieben am 09-05-2014 |
Frankfurt (ots) - Die Zinsen fallen und fallen und fallen. Die
Schuldner kann es freuen, finden sie dadurch am Markt doch recht
komfortable Refinanzierungskonditionen vor. So zum Beispiel der Bund.
Im zehnjährigen Laufzeitenbereich müssen die deutschen
Schuldenmanager derzeit nur noch knapp über 1,4% bezahlen, womit sie
nur noch rund 30 Basispunkte über dem im Sommer 2012 erreichten
Rekordtief sind. Auch bei 30-jährigen Fälligkeiten sind die Kosten
mit um die 2,3% nicht gerade exorbitant hoch. Bei den zweijährigen
Papieren ist der Bund mit 0,1% einen Steinwurf von der Nulllinie und
damit von negativen Sätzen entfernt. Der Bund-Future bewegt sich
damit wieder in astronomischen Höhen. Am Freitag erreichte der
Juni-Bund-Future mit knapp über 145% ein Kontrakthoch. Damit sind es
noch gut zwei Preispunkte bis zum historischen Hoch.
Neuerlichen Schub hat der Markt durch Mario Draghi, Chef der
Europäischen Zentralbank, bekommen. Das war am Donnerstag während der
Pressekonferenz ablesbar. Zur Mittagszeit, also vor der
Pressekonferenz, lag die zehnjährige Bundrendite noch bei 1,49%.
Draghi stellte in seinen Ausführungen sehr deutlich eine weitere
geldpolitische Lockerung bei der nächsten Sitzung der europäischen
Währungshüter im Juni in Aussicht. Der Markt reagierte ebenfalls
deutlich: Die Bundrendite fiel bis 1,44%. Denn mit weiteren
geldpolitischen Lockerungen rückt auch eine Leitzinsanhebung der EZB
weiter in die Ferne. Der Markt stellt sich auf anhaltend niedrige
Zinsen ein.
Und mit diesen anhaltend niedrigen Zinsen bzw. Renditen am
Rentenmarkt tauchen dann auch wieder die altbekannten
Begleiterscheinungen dieser Renditesätze auf. Der Bund wurde in
diesem Jahr - seit Jahresanfang geht es deutlich bergab mit den
Renditen - bereits dreimal mit Unterdeckungen bei Anleiheauktionen
konfrontiert. Die Fehlbeträge - Differenz zwischen Emissionsvolumen
und Gebotsvolumen der Banken für die Schuldtitel - sind zweifelsohne
überschaubar, und die Refinanzierung des deutschen Staates über den
Markt ist dadurch keinesfalls in Frage gestellt. Doch die Investoren
halten sich angesichts der niedrigen Renditen dann auch mal mit
Geboten zurück. In der abgelaufenen Woche war das zum Beispiel bei
den Bundesobligationen zu sehen. Es gab eine Unterdeckung von rund
800 Mill. Euro. Es war die erste Unterdeckung im fünfjährigen
Laufzeitenbereich seit September 2011. Die Investoren bekommen in
diesem Laufzeitensegment auch nicht mehr viel. Der Kupon der neuen
fünfjährigen Titel liegt gerade noch bei 0,5% ist damit halb so hoch
wie beim Vorgängerpapier.
Auffällig ist aber noch ein weiterer Aspekt. Nicht nur die
Renditen der Bundespapiere befinden sich im Rückwärtsgang, auch in
der Peripherie der Eurozone kennen die Sätze nur einen Weg, und zwar
den gen Süden. Der Renditepickup für die Anleger ist allerdings immer
noch attraktiv. Zehnjährige Papiere aus Italien oder Spanien bringen
in etwa das Doppelte der Bundesanleihen gleicher Laufzeit ein. Zur
Erinnerung: Eine Rendite von knapp unter 3% warfen zehnjährige
Bundesanleihen im Sommer 2011 ab, und seinerzeit stöhnten Versicherer
und Pensionsfonds wegen derartig niedriger Renditen.
Mehrjährige Tiefs
Dass die Renditen der Peripheriepapiere auf mehrjährigen Tiefs
liegen, hat zweifelsohne etwas mit der Jagd der Investoren nach
Rendite und damit auch etwas mit dem sogenannten Draghi-Put zu tun.
Denn die EZB will erklärtermaßen mit Bondkäufen reagieren, wenn
Staaten in Schwierigkeiten geraten sollten. Dann können die Anleger
ihre Papiere der EZB andienen. Dass aber zugleich auch die
Bundesanleihen auf so niedrigen Renditeniveaus liegen, dafür fand
Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der HSH Nordbank, eine Erklärung.
Weite Anlegerkreise beobachten bzw. befürchten womöglich in
bestimmten Märkten - so zum Beispiel bei den High-Yield-Emissionen -
eine Blasenbildung und fragen deshalb verstärkt sichere Assets wie
etwa Bundesanleihen nach, da sie sich mit diesen Papieren angesichts
der Entwicklung in anderen Marktsegmenten sicherer fühlen. Dann
dürfte der Renditeabstieg bei den Bundespapieren aber noch ein
Weilchen weitergehen, denn es deutet sich in so manchem Marktsegment
nicht gerade eine Umkehr an. So berichtete etwa Dealogic, dass in
diesem Jahr am europäischen Markt bislang High-Yielder im Umfang von
umgerechnet 75,5 Mrd. Dollar emittiert wurden. Das ist der höchste
Wert, seitdem Dealogic diese Statistiken führt. Und gegenüber dem
Vorjahreszeitraum ist es eine Steigerung von 71%. Zu verstehen sind
die Emittenten durchaus, denn High-Yield ist heute, was der Bund vor
drei Jahren war.
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