Allg. Zeitung Mainz: Immer neu / Kommentar zu Snowden und Assange
Geschrieben am 12-06-2014 |
Mainz (ots) - Man nennt sie "Whistleblower" - Männer und Frauen,
die - wörtlich übersetzt - in eine Pfeife blasen, also auf etwas
aufmerksam machen. Julian Assange und Edward Snowden: Was sind sie?
Helden? Oder doch Nestbeschmutzer und Verbrecher? Fest steht: Jeder,
der versucht, sich ein Urteil über die populären Frontfiguren
modernen Aufklärertums zu bilden (und damit auch über ihre
Unterstützer), tut gut daran, den Verstand nicht auszuschalten.
Gesundes Misstrauen ist durchaus angebracht. Wie kann es sein, dass
Einzelne so viel wissen? Und dies scheibchenweise inszenieren können?
Information und Selbstvermarktung liegen hier ganz nahe beieinander.
Was wir aber auch wissen: Ohne die Arbeit der "Whistleblower" würden
sich Regierungen, Geheimdienste und Internetgiganten noch sicherer
fühlen als sie es ohnehin tun. Und da die Gesellschaft als Ganzes
noch keine Antwort auf den Totalverlust der Privatsphäre gefunden
hat, braucht sie die Snowdens dieser Welt, um die Diskussion darüber
überhaupt führen zu können. Am dankbarsten müssen eigentlich
Journalisten sein, hat die Debatte um Wikileaks und NSA doch gezeigt,
dass das Netz diese nicht zu Ende bringt. Die viel beschworene
Schwarmintelligenz ist oft nicht mehr als das unstrukturierte und
folgenlose Blöken einer Schafherde. Assange und Snowden wollen nicht,
dass sich Menschen wie Schafe verhalten. Deswegen sollten wir ihre
Informationen weiterhin kritisch sichten und einordnen. Ihr größtes
Verdienst liegt genau da: Dass sie eine matte Wohlstandsgesellschaft,
die sogar Wahlen zunehmend für überflüssig hält, daran erinnern, dass
Demokratie nicht vom Himmel fällt, sondern immer neu bewahrt werden
muss. Zuallererst durch individuelles Nachdenken.
Pressekontakt:
Allgemeine Zeitung Mainz
Florian Giezewski
Regionalmanager
Telefon: 06131/485817
desk-zentral@vrm.de
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